HACK-THE-DIFFERENCE-Hackathon

Der Hackathon für Solawis: ein Beitragsrunden-Tool

Vom 31. Oktober bis 2. November 2025 fand der Hackathon „Hack the Difference“ in der Kommune Niederkaufungen bei Kassel statt!

Sie sind aus Nord- und Süddeutschland, aus Ost und West und sogar aus der Schweiz angereist: Unsere Teilnehmer:innen des Aktion Agrar Hackathon.

Unser gemeinsames Ziel: Eine Software entwickeln, die Menschen in der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) hilft, möglichst einfach Beitragsrunden für ihre Mitglieder zu organisieren. Denn häufig werden andere Tools genutzt, die aufwendig angepasst werden müssen und wenig Datenschutz bieten – oder eben auch nur Stift und Papier.

Komplizierter als gedacht

Am Anfang klang für uns der Auftrag an den Hackathon klar: Ein kleines, freundliches Programm zu basteln – eine Erleichterung für die Beitragsunden. Am Ende sind es ja eigentlich auch nur ein paar Klicks, mit denen Menschen ihren Beitrag für den Betrieb der gemeinsamen Gärtnerei oder des gemeinsam getragenen Hofes übermitteln.

INFOKASTEN:
BEITRAGSRUNDE

Die Beitragsrunde ist ein „Verfahren, um die Kosten einer Solawi zu decken und dabei zugleich die unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der Solawi-Mitglieder zu berücksichtigen. Nach der Ermittlung des notwendigen Jahresbudgets ergibt sich ein „Richtwert“ pro Anteil als Orientierung. Mit der Abgabe eines individuellen Gebotes sagt jedes Mitglied zu, sich in Höhe des angegebenen Betrages an der Solawi zu beteiligen. Idealerweise ergibt die Summe der Beiträge das Jahresbudget.“

Aus dem Handbuch des Netzwerks Solidarische Landwirtschaft

Es wurde jedoch schnell klar: Es ist gar nicht so einfach! Alleine vier verschiedene Typen von Beitragsrunden stellt das Netzwerk Solidarische Landwirtschaft in seinem Handbuch (PDF) vor. Da gibt es zum Beispiel welche, bei denen die Teilnehmenden einen Richtwert ans Herz gelegt bekommen oder zwischen mehreren Staffelpreisen auswählen. Manche führen eine zweite Runde durch, wenn das Ziel noch nicht erreicht ist. Andere bitten sofort um drei Gebote: in einer „Ampel“ tragen alle ihr „grünes“ Lieblingsgebot ein, ein etwas höheres und noch gut zu schulterndes „gelbes“ sowie ein „rotes“ Gebot, das ihre Schmerzgrenze zeigt. Bei diesem Verfahren ist dann meist kein zweiter Durchgang nötig. Es können die Gebote genommen werden, mit denen die Gruppe das Jahresbudget erfolgreich abdeckt.

Gute Vorbereitung ist die halbe Arbeit

Auf die Idee des Themas für den Hackathons kamen wir, weil wir in unseren Recherchen und in vielen Vorgesprächen immer wieder gemerkt haben: Es fehlt ein gutes digitales Werkzeug für Beitragsrunden, das Solawis unabhängig von dem Typ ihrer Beitragsrunde nutzen können. Denn: Viele Solawis nutzen Umfrage-Tools oder fragen die Gebote der Mitglieder einzeln per E-Mail ab, was je nach Größe der Solawi ziemlich viel Aufwand bedeutet. Zwar gibt es schon ein paar Software-Ansätze, aber die sind oft nicht frei nutzbar oder funktionieren nur für bestimmte Beitragsrundenverfahren.

Bereits im Vorfeld hatten wir schon etliche Programmierer:innen kontaktiert und erfreulicherweise stiegen etwa ein Dutzend in die Vorbereitungstreffen ein. Um am Hackathon-Wochenende direkt loslegen zu können, diskutierten wir vorab also schon darüber, was die Software können müsste und wie wir das Wochenende gestalten sollten. Dabei beeindruckte uns besonders, wie engagiert und selbstverständlich sich die Menschen ehrenamtlich in den Prozess einbrachten.

Solidarisch Coden – auf Schnick-Schnack verzichten

Los ging es am Freitag Nachmittag. Und schon die Willkommensrunde zeigte, dass viel positive Energie in dieser Gruppe und somit im Hackathon steckte. Viele Teilnehmende waren aufgrund ihres persönlichen Engagements für Solawis sehr motiviert, an der Erstellung der Software mitzuwirken. Ein besonderer Erfolg für uns: Entwickler aller vier bestehenden Solawi-Verwaltungsprogrammen Tapir, OpenOlitor, Juntagrico und CSA Admin waren mit dabei. Denn dies zeigte, dass wir mit dem gesetzten Ziel einen Nerv getroffen hatten. Einer der Entwickler drückte es so aus: „Wir nutzen in unserer Arbeit Open-Source-Software, die andere geschrieben haben. Freie Software lebt davon, dass alle einen Beitrag leisten. Mit diesem Projekt können wir was in die Community zurückgeben.“

Zum Auftakt tauschten wir uns am Freitag Abend über Hintergründe und aktuelle Entwicklungen aus und einigten uns auf ein gemeinsames Vorgehen für die nächsten Tage. Eine Gruppe legte auch schon direkt los und skizzierte noch bis spät am Abend ihre Ideen.

Am Samstag konnten wir dann richtig starten. Der Tag verlief im „Flow“, denn zur Steigerung der Kreativität und Nutzung produktiver Arbeitsphasen hatten sich die Teilnehmenden gewünscht, möglichst wenig feste Zeiten zu verabreden. In drei Räumen saßen Kleingruppen zusammen, feilten an Konzepten oder arbeiteten schon direkt am Code hinter ihrem Laptop. Immer wieder rückte eine kleine Gruppe enger zusammen, tauschte die gerade weiterentwickelten Ideen aus oder schaute im Nachbarraum vorbei, um zu hören, wie es dort voran ging. Jede Gruppe profitierte immer wieder von den Erkenntnissen der anderen oder bezog die Bedarfe der anderen Gruppen mit in ihre Arbeit ein. Unterbrechen ließen wir uns nur durch die leckere Pizza, die uns aus der Kommunarden-Küche gebracht wurde.

In Kleingruppen zum gemeinsames Ziel

Wir wollen eine Software schaffen, die auch Solawis nutzen können, die keine extra Verwaltungssoftware nutzen. Bereits vorhandene Datenbanken sollten aber verknüpft werden können, um den Datenimport und –export zu vereinfachen. Unsere „Backend“-Programmiergruppe schaffte hierfür die Voraussetzungen: Entweder kommen die Mitglieder-Daten aus einer vorhandenen Verwaltungssoftware oder durch den Datenimport aus einer hochzuladenden Tabelle. Auch mussten wir bedenken, dass viele Solawis inzwischen nicht nur eine Gemüsekiste für alle anbieten, sondern z.B. verschieden große Anteile oder auch verschiedene Produkte, wie z.B. extra Eier oder Obst. Auch solche Fälle wollten wir mit abdecken.

Eine wichtige Frage musste zu Beginn geklärt werden: In welcher Code-Sprache sollten wir auf dem Wochenende sprechen – oder besser: in welcher der vielen Code-Sprachen sollte das Programm gebaut werden. Die erfahrenen Programmierer einigten sich schnell auf „Django“.

Eine andere Kleingruppe beschäftigte sich mit dem, was Nutzer:innen auf ihren Bildschirmen sehen würden. Weil Solawis sich so sehr voneinander unterscheiden, muss eine Person am Anfang festlegen, ob hier eine oder mehrere Runden mit Geboten stattfinden sollen, ob verschiedene „Produkte“ auf dem Bildschirm erscheinen sollen oder nur „pro Ernteteil“ eine einzige Summe angegeben werden muss. Um all diese verschiedenen Fälle später abzubilden, wurde eine Übersicht mit den möglichen Optionen erarbeitet. Wichtig für unsere Gruppe war hierbei, dass wir eine langjährige Gärtnerin der Solawi Niederkaufungen dabei hatten, die immer wieder auch die Realität aus dem Solawi-Alltag mit einbrachte.

Das Design sollte trotz der verschiedenen Optionen möglichst benutzerfreundlich gestaltet sein. Diesem sogenannten „Frontend“ näherte sich die Gruppe zunächst noch konzeptionell mit Stift und Papier und designten dann mit einer Software die ersten Test-Oberflächen des zukünftigen Programms. Hier wurde das erste Mal ein Ergebnis für uns visuell sichtbar, das zuvor nur in den Code-Zeilen des Backend-Teams verborgen blieb.

Tolle Momente am Rande

Das Wochenende brachte auch viele schöne „Nebeneffekte“. So trafen sich zwei Schweizer Software-Initiativen, die je eine umfangreichere Plattform für die verschiedenen Bedürfnisse ihrer Solawis entwickelt hatten, zum ersten Mal bei unserem Hackathon.

Es waren junge und ältere Menschen dabei – viele davon beruflich mit dem Programmieren befasst. Gemeinsam fanden sie, dass uns ein sehr schönes Wochenende gelungen ist, in dem „Digitalisierung von unten“ richtig konkret wurde.

Obwohl viele der Anwesenden im Alltag wenig mit Landwirtschaft oder gar Agrarpolitik zu tun haben, hatten sie viele Nachfragen zu unser Digitalisierungskampagne „Digi-Hack“. Sie konnten sehr gut nachvollziehen, dass wir die extreme Marktkonzentration kritisieren. Auch aus ihren jeweiligen Erfahrungswelten kannten sie das Wachsen weniger großer Unternehmen und die Einschränkungen, die damit schnell für „die Kleinen“ einher gehen. Große Unternehmen diktieren oft Preise oder Spielregeln – „von unten“ empfand die Hackathon-Gruppe deshalb als wirklich zeitgemäß und zukunftsweisend.

Das Ergebnis: Es muss weitergehen

Das Ende des Wochenendes ist nicht das Ende der Arbeit. Wir haben in einer sehr kurzen Zeit gemeinsam die Voraussetzungen geschaffen, dass ein praktisches und unabhängig nutzbares Online-Tool für Beitragsrunden entstehen kann. Das Konzept steht, Details wurden diskutiert und Lösungsvorschläge gesammelt. Wir haben also so etwas wie den Rohbau der Software errichtet und der Code ist öffentlich dokumentiert. Trotzdem werden noch viele Stunden Arbeitszeit nötig sein, damit das Tool genutzt werden kann. Deshalb bewerben wir uns mit dem Projekt um eine weitere Förderung und drücken die Daumen, dass es klappt!

Jetzt anschauen: Der Film zum Hackathon

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Mehr Informationen

Link zum Repository: https://codeberg.org/beitragsrunde

Fotos: Aktion Agrar und Melina Groß

Wer bei der Weiterentwicklung dabei sein möchte, kann sich gerne bei uns melden!

Let’s hack the Difference – gemeinsam für eine gerechte und digitale Agrarwende!

Antworten auf häufige Fragen

Was ist eigentlich ein Hackathon?

Ein Hackathon ist ein kreatives, kollaboratives Arbeitstreffen, bei dem innerhalb kurzer Zeit Ideen gesponnen, Konzepte entwickelt und erste Prototypen gebaut werden. Unser Fokus: Open Source Softwarelösungen für die bäuerliche Landwirtschaft – egal ob App, Schnittstelle oder digitales Werkzeug.

Du musst kein:e Programmierer:in sein, um dabei zu sein. Wir suchen auch Landwirt:innen, Solawi-Mitglieder, Verbraucher:innen mit Ideen, Fragen oder Erfahrungen. Alles, was der Agrarwende digital auf die Sprünge hilft, ist willkommen.

Wann und wo fand der Hackathon statt?

Der Hackathon fand vom 31. Oktober bis 2. November 2025 in der Kommune Niederkaufungen bei Kassel statt!

Warum ein Tool für Beitragsrunden

In unseren Gesprächen im zur Planung des Hackathon fiel von vielerlei Seiten, dass bei den verschiedenen Open Source Tools, die für Solawis bereits bestehen, noch die Möglichkeit der einfacheren Gestaltung von Beitragsrunden fehlt. Während es individuelle Lösungen einzelner Solawis gibt, fehlt vor allem ein Tool, das die unterschiedlichen Formen von Beitragsrunden beinhaltet.

Weiterführende Informationen zur Beitragsrunde findet ihr auch in diesem Handout des Netzwerk Solidarische Landwirtschaft, in einem Video zur Beitragsrunde der Solawi Gemüsesyndikat oder im Video von Heike Pourian zur Beitragsrunde als Modell für eine andere, gemeinschaftliche Art des Wirtschaftens.

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