Gastbeitrag
Dieser Beitrag ist von einem Gast, der seine Worte selbst verfasst.
Dieser Beitrag ist von einem Gast, der seine Worte selbst verfasst.
Das Corona-Krisenmanagement in der Landwirtschaft findet auf dem Rücken der Beschäftigten statt
Wie unter einem Brennglas macht die Coronakrise deutlich, welche Arbeiten für unsere Gesellschaft essentiell sind. Nicht nur muss alles getan werden, um die medizinische Versorgung aufrecht zu erhalten und auszubauen. Auch die stabile Versorgung mit Lebensmitteln wird in den nächsten Monaten entscheidend sein. Das betrifft die Landwirtschaft genauso wie die Verarbeitung, die Logistik und den Einzelhandel. Die Bundesregierung hat dies in ihrer Kabinettssitzung am Montag bestätigt. Sie hat die Land- und Ernährungswirtschaft grundsätzlich als „systemrelevante Infrastruktur“ anerkannt. Damit macht sie deutlich, dass diese Wirtschaftsbereiche prioritär aufrechterhalten werden sollen. Die Einschätzung der Bundesregierung ist vor allem deshalb spannend, weil Tätigkeiten in Land- und Ernährungswirtschaft in prä-Corona-Zeiten gesellschaftlich nicht besonders stark honoriert wurden: Dass die spargelstechenden Saisonarbeiter*innen aus Osteuropa für ein paar Monate in engen Sammelunterkünfte zusammengepfercht werden, nahmen wir bislang hin. Die Streiks in der Ernährungswirtschaft bei Cargill in Riesa oder bei der Bäckerei ARTiBack in Halle vor wenigen Wochen schafften es kaum in die Medien. Und dass eine Supermarktkette wie Alnatura die betriebliche Mitbestimmung boykottiert, macht sie in den Augen vieler Konsument*innen nicht weniger „nachhaltig“.
Systemrelevanz autoritär
Was wird die anerkannte Systemrelevanz nun bedeuten? Auch wenn zu allen Fragen rund im die Landwirtschaft meist „die Bauern und Bäuerinnen“ in Gestalt des Präsidenten des Bauernverbandes Joachim Ruckwied in den Abendnachrichten zu Wort kommen, so ist die Landwirtschaft in Deutschland im Grunde nur zur Hälfte bäuerlich. Ca. 200.000 Menschen arbeiten fest angestellt in Agrarbetrieben. Hinzukommen ca. 300.000 Menschen, die in den arbeitsintensiven Monaten überwiegend aus Osteuropa zur Aussaat und Ernte nach Deutschland kommen. Mehr als die Hälfte der arbeitenden Menschen in der Landwirtschaft sind also Lohnarbeiter*innen – und nicht Bauern und Bäuerinnen. Ein großer Teil von ihnen, die Saisonarbeiter*innen, drohen dieses Jahr aufgrund der Grenzschließungen und der gesundheitlichen Risiken in Deutschland auszubleiben. Die Arbeitgeberverbände einschließlich des Bauernverbands meldeten sich daher vor einer Woche zu Wort und forderten, den Mangel an Arbeitskräften im Kern durch zwei Maßnahmen zu beheben: Einerseits sollen Mindeststandards des bestehenden Arbeitsrechts ausgehebelt werden: Ruhezeiten sollen verkürzt, Höchstarbeitszeiten sollen verlängert werden. Andererseits sollen die Betriebe über die Ausweitung von Leiharbeit und Minijobs auf neue billige Arbeitskraft zugreifen können.
In die gleiche Kerbe haute vor wenigen Tagen Agrarministerin Klöckner, als sie Arbeitsminister Heil in einem Brief vorschlug, das Arbeitsverbot für Asylbewerber*innen für Aushilfstätigkeiten in der Landwirtschaft zeitlich befristet aufzuheben. Auch Arbeitskräfte deutscher Staatsbürgerschaft, die vorübergehend arbeitslos sind, könnten in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Am Montag beschloss das Kabinett nun ganz im Sinne der Forderungen der Arbeitgeber die „Flexibilisierung“ der Arbeitszeit, die Ausweitung von Leiharbeit und Minijobs, und die zeitliche Ausdehnung der Möglichkeit einer Beschäftigung ohne Sozialversicherung.
Für Klöckner und den Bauernverband bedeutet die Systemrelevanz der Landwirtschaft also keineswegs, dass die Arbeit der Beschäftigten aufgewertet wird. Im Gegenteil: Im Kern geht es darum, in der gegenwärtigen Situation unter Aushebelung von Rechten und Standards auf billige Arbeit – primär von Migrant*innen zuzugreifen. Genauso sieht das auch der Grünen-Politiker Martin Häusling. Er fordert, dass die Bundesregierung unter allen Umständen die Einreise billiger osteuropäischer Arbeitskräfte sicherstellen muss. Die eigentlich naheliegende Lösung – den Lohn anzuheben und die Arbeitsbedingungen zu verbessern, wenn diese zu unattraktiv sind, als dass Beschäftigte sie sich antun wollen – scheinen den oben Genannten nicht in den Sinn zu kommen.
Dabei liegen Optionen für konkrete Maßnahmen auf der Hand, damit Aussaat, Pflege und Ernte in den nächsten Monaten geleistet werden und dabei die Systemrelevanz der Angestellten in der Landwirtschaft anerkannt wird:
Dieser Beitrag wurde von Benjamin Luig verfasst und am 24.3.2020 auf rosalux.de veröffentlicht. Benjamin Luig hat von 2016 bis 2019 das Dialogprogramm Ernährungssouveränität der Rosa-Luxemburg-Stiftung geleitet. Aktuell lebt er in Berlin und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Arbeitsrechten in der Landwirtschaft.
Pressemitteilung vom 23.04.2020: Bundesverband der Regionalbewegung e.V., Marktschwärmer Deutschland, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V., Netzwerk Solidarische Landwirtschaft e.V. und Ernährungsräte: Höchste Zeit für eine Regionalisierung in der Ernährungswirtschaft
„Ist unsere Ernährung in Krisenzeiten gesichert?“, fragen sich derzeit viele Verbraucherinnen und Verbraucher zu Recht. Wie anfällig globale Lieferstrukturen sind, wird gerade immer deutlicher und wirkt wie Wasser auf die Mühlen der Regionalbewegung in Deutschland. Die Corona-Pandemie zeigt, wie verletzlich die arbeitsteilige Weltwirtschaft ist. Die Schwächen der globalen Handelsstrukturen werden nicht nur im Medizinbereich schmerzlich sichtbar. Auch an den globalen Nahrungsmittelmärkten geht es turbulent zu: Einige Länder verhängen Exportstopps oder versuchen große Mengen Reis, Weizen und andere Grundnahrungsmittel aufzukaufen und einzulagern. Die Akteure der Regionalbewegung, der Ernährungswende und der bäuerlichen Landwirtschaft plädieren daher für konkrete Maßnahmen hin zu einer Regionalisierung in der Ernährungswirtschaft.
Wie extrem der deutsche Markt von Im- und Exporten abhängt, zeigen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes: Insgesamt hat sich der weltweite Warenexport in den letzten 40 Jahren verzehnfacht, etwa ein Viertel aller in Deutschland erzeugten landwirtschaftlichen Produkte gehen in den Export. Eine bemerkenswerte Situation ergibt sich hier vor allem in der Milchindustrie. Während der Absatz im Lebensmittelhandel enormen Zuwachs erfährt, verlieren die großen Molkereien und Milchviehbetriebe in der aktuellen Krise ihren internationalen Absatzmarkt und somit ihre Wirtschaftlichkeit, die auf diesen Großstrukturen basiert. Aus Sicht der Regionalbewegung sind jedoch dezentrale Strukturen in der Nahrungsmittelgrundversorgung und in der Lebensmittelverarbeitung elementare Stabilitätsfaktoren nicht nur in Krisenzeiten. Die politisch forcierte Exportorientierung und das Zerschlagen des regionalen Marktes mit dezentralen regionalen Wirtschaftskreisläufen zeigt hier deutlich das Marktversagen.
Dahingegen werden laut Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) rund zwei Drittel des in Deutschland verzehrten Gemüses importiert. Auch hier verlässt man sich auf den internationalen Markt ohne eine systematische Entwicklungsstrategie regionaler Strukturen mit regionaler Wertschöpfung vor Ort voranzutreiben. Die unabdingbare „Luftbrücke“ für osteuropäische Erntehelfer zeigt die fragilen Großstrukturen im Obst- und Gemüseanbau in Deutschland.
Eine Versorgung überwiegend aus regionalen Wirtschaftskreisläufen – und das weltweit könnte Regionen in Krisensituationen resilienter machen und durch lokale Wertschöpfung auch Kleinst-, kleine und mittlere Wirtschaftsbetriebe vor Ort stärken. Daher drängen der Bundesverband der Regionalbewegung e.V., die Marktschwärmer Deutschland, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V, das Netzwerk Solidarische Landwirtschaft e.V. und Ernährungsräte gemeinsam auf eine Regionalisierung und damit De-Globalisierung in der Ernährungswirtschaft. Bund und Länder sind hier gefragt, Regionalisierungsstrategien gemeinsam mit den relevanten Praxisakteuren der Land- und Ernährungswirtschaft zu entwickeln.
Die jetzt zu ergreifende Chance ist es, den Aufbau von regionalen Nahversorgerstrukturen systematisch zu unterstützen. Die Resilienz der Kommunen und Regionen wird nicht nur im Medizinbereich eine tragende Rolle spielen müssen. Der Erhalt und Aufbau regionaler Wirtschaftskreisläufe für eine hohe Wertschöpfung in den Regionen und eine weitgehende Unabhängigkeit von globalen Handelsstrukturen sind Voraussetzung für eine zukunftsträchtige und krisenfeste Daseinsvorsorge – eine Pflichtaufgabe für Kommunen, für deren Rahmenbedingungen Bund und Länder sorgen müssen.
Konkret bietet die Regionalbewegung mit ihrem Netzwerk der „Zukunftskommission Landwirtschaft“ der Bundesregierung und des Bundeslandwirtschaftsministeriums die
aktive Mitarbeit und Beratung zur Sicherung und dem innovativen Ausbau der Nahversorgerstrukturen im regionalen Wirtschaftskreislauf an. Die Bedeutung dieser Zukunftskommission sollte jetzt auch den höchsten Entscheidungsgremien bewusst geworden sein. Gleichzeitig empfiehlt die Regionalbewegung ein „Bundesprogramm Regionale Wertschöpfung“ aufzulegen, das nicht nur Lippenbekenntnis für die Kleinst-, kleinen und mittleren Betriebe der Ernährungs- und Landwirtschaft ist, sondern adäquat mit Finanzmitteln ausgestattet ist, um über eine Gießkannenförderung hinaus Teil eines zukünftigen, systemrelevanten und resilienten Ernährungssystems zu werden.
Lust auf alte Sorten wächst
Im Gegenteil: „Wir erleben einen nie dagewesenen Ansturm von Hobbygärtnern und kommen an unsere Grenzen“, erzählt Vern-Mitglied Katrin Rust, die für die fachliche Gärtnereiarbeit verantwortlich ist. Die Schaugärtnerei hat inzwischen ihre Vermarktung komplett auf ein Bestellsystem per Telefon oder E-Mail umgestellt und schafft es kaum, die Flut an Bestellungen abzuarbeiten. „Viele Leute sind jetzt zu Hause, haben mehr Zeit für den Garten und wollen nun auch mal versuchen, Kartoffeln und Gemüse selber anzubauen. Die Lust auf alte Sorten nimmt in der Bevölkerung erfreulicherweise immer mehr zu“, sagt Katrin Rust.
Die alten Kultursorten, von der Kartoffel, über Tomaten bis zu Kräutern und Zierpflanzen wieder populärer zu machen und durch Anbau vor dem Vergessen zu retten und sie zu erhalten, ist das ureigenste Interesse des gemeinnützigen Vereins, der seine Arbeit für Artenerhalt und Artenvielfalt nur aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und eben den Erlösen aus der Pflanzenabgabe finanziert. Doch so ein Ansturm ist für die fünf Mitarbeiter momentan kaum zu stemmen. Erschwerend kommt hinzu, dass durch die Corona-Krise zwei Mitarbeiter ausfallen. Eine junge Mutter muss ihr Kind zu Hause betreuen, weil die Kita geschlossen ist, eine ältere MAQT-Kraft wurde abgezogen. Doch gerade im Frühjahr fällt die meiste Arbeit in dem 4000 Quadratmeter großen Garten mit Freilandbeeten und Gewächshäusern an. „Wir haben ja Pflanzen ausgesät, bevor wir wussten, dass Corona kommt. Die Pflänzchen müssen nun pikiert, die Beete fürs Auspflanzen und Aussähen vorbereitet werden. Hinzu kommen die vielen Bestellungen, die sortiert und verpackt werden müssen. Wir haben viel mehr Bestellungen als in den Vorjahren, sind aber weniger Leute“, macht Katrin Rust das Problem deutlich. Die Mitarbeiter machen derzeit alle Überstunden.
Aus dem Nachbarort hat ein Freiwilliger seine Hilfe angeboten und bekam nun allein ein Beet, das er bearbeitet. Doch freiwillige Helfer einzustellen, sei keine einfache Lösung. „Wir müssen ja erstens auch für die Einhaltung der Abstandsregeln sorgen. Ins Haus darf zurzeit kein Fremder. In unserem großen Garten wäre das jedoch durchaus möglich, fünf, sechs freiwillige Helfer zu beschäftigen. Allerdings haben wir derzeit keine Zeit, gutmeinende aber völlig unerfahrene Helfer erst einzuarbeiten, wie sie Pflanzen pikieren oder Saatgut sortieren müssen. Wer uns helfen möchte, sollte möglichst Vorkenntnisse mitbringen“, sagt Katrin Rust.
Nach den Kartoffeln kommen die Tomaten. Ab 27. April werden Pflanzen in über 60 Sorten angeboten.
Versandlösung für Berliner
Ein Problem ist auch die Logistik, um die vielen Bestellungen liefern zu können. Für Selbstabholer werden Termine vereinbart. Die Kunden klingeln, die Ware wird vor die Tür gestellt, um Kontakte zu vermeiden. „Wir sind aber gerade auch dabei, eine Versandlösung, auch für Sammelbestellungen, vor allem für die Berliner zu finden, damit sie nicht nach Greiffenberg kommen müssen.“ Auf der Homepage des Vern werde aktuell über Bestell- und Liefermodalitäten informiert. Außerdem könne man dort die Liste aller Sorten mit Beschreibung einsehen, die nun auch mit Fotos ergänzt werden soll. Auch auf Facebook ist der Vern inzwischen präsent. Beratung zu Sorten und Anbau bietet Katrin Rust per Telefon an.
Ziele und Aufgaben des Vern e.V.
Der Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen in Brandenburg e.V., kurz Vern e.V., wurde 1996 gegründet. Mitglieder sind Privatpersonen, Landwirte, Gärtner, Institutionen und Vereine.
Die Schaugärtnerei in Greiffenberg erhält über 2000 alte Nutzpflanzensorten und bietet sie Hobbygärtnern und Betrieben an. Er erhält zudem das Wissen über den Anbau, den Umgang und die Nutzung der Kulturpflanzen.
Neben der Erhaltungsarbeit betreibt der Vern auch Öffentlichkeits-, Bildungs-, Beratungs- und politische Arbeit zum Erhalt alter Nutzpflanzen und kooperiert mit vielen Schaugärten und Partnern, wie Bio Company, Parkgarten Criewen, Tabakmuseum Vierraden, Lehmann-Garten Templin, Forstbotanischer Garten Eberswalde, Haus der Naturpflege Bad Freienwalde, Förderverein Teltower Rübchen, Domäne Dahlem und vielen anderen.
Kontakt: www.vern.de, Beratung: Katrin Rust, Tel. 033334 85101
Liebe Gärtner*innen,
um diese Jahreszeit gibt es immer viele schöne Saatguttausch-Börsen in Gemeinschaftsgärten oder Nachbarschaftzentren, aber dieses Jahr ja leider nicht.
Und dass obwohl einige Menschen gerade jetzt mehr Zeit als sonst zum Gärtnern haben und vielen von uns das Buddeln jetzt wohl besonders gut täte.
Damit wir also trotzdem Saatgut tauschen habe ich mir überlegt, dass ich euch gerne etwas aus meiner Saatgut-Sammlung per Post zukommen lasse.
Bei Interesse schickt mir einfach einen Brief mit einem kurzen groben Wunschzettel was ihr ungefähr gerne hätte samt einem frankierten Rückumschlag an folgende Adresse:
Severin Halder
Okerstrasse 12
12049 Berlin
Es ist ein Experiment also erwartet keine riesigen Mengen, vielleicht kommt etwas anderes als ihr bestellt habt und wahrscheinlich gehen nicht alle Samen auf
Im Allmende-Kontor war es von einigen Jahren unsere Idee einen „Saatgutspeicher“ anzulegen, der sollte aus Berliner Gemeinschaftgärten gespeist werden und durch Tausch wieder in die Gärten zurück fließen. Mit dieser Idee im Kopf habe ich die letzten Jahre bei verschiedensten Gartentreffen in Berlin sowie bei Treffen mit KleinbäuerInnen/Gärtnern anderstwo Saatgut gesammelt und getauscht. Das kunterbunte Ergebnis dessen lagert in einem Köfferchen und muss immer wieder ausgetauscht werden (damit es nicht zu alt wird, weil Sinn der Sache etc.).
Gerne könnt ihr mir auch welches schicken wenn ihr was abgeben wollt.
Falls ihr auch Saatgut sammelt und die Idee gut findet könnt ihr natürlich auch bei euch im Garten, in eurer Stadt, in eurer Region etc. was ähnliches starten, auch weil meine Kapazitäten und Saatgutauswahl leider beschränkt sind.
In Zeiten des Wandels sollten wir unsere Bausteine einer besseren Welt hegen und pflegen.
Also lasst uns den Frühling gemeinsam begrüßen, auf ein fruchtbares Gartenjahr!
Severin // Allmende-Kontor & kollektiv orangotango
Als systemrelevant gelten, spätestens seit Beginn der Corona-Krise: Gesundheitsversorgung, Apotheken, Altenpflege, Polizei, Energie- und Wasserversorgung, Müllabfuhr, Feuerwehr, Logistik, Lebensmittelgeschäfte, (seriöse) Medien … landwirtschaftliche Betriebe, Mühlen, Bäckereien, Molkereien, Metzgereien sowie weitere Lebensmittelproduzenten.
Dezentrale, regionale Strukturen erweisen sich als robust und verlässlich
Die Nachfrage bei den handwerklichen Mitgliedsbetrieben des Die Freien Bäcker e.V. hat ergeben:
Die Betriebsinhaber:innen berichten, dass sie auch jetzt, in Zeiten plötzlicher Nachfragespitzen, verlässlich mit Rohstoffen beliefert werden. Sie arbeiten alle langjährig mit regionalen Rohstofflieferanten zusammen, das heißt mit: landwirtschaftlichen Betrieben, Erzeugergemeinschaften, regionalen Mühlen und Händlern. So sind sie in der Lage, die in vielen Verkaufsstellen deutlich gestiegene Nachfrage von Brot und Backwaren zu decken.
Dies bedarf allerdings einiger Änderungen. Seit der 11./12. Kalenderwoche haben die Betriebe, wenn möglich, zwei komplett voneinander getrennte Produktions- und Verkaufsschichten eingeführt. Sollte es zur Erkrankung von Mitarbeiter*innen kommen, was bisher nicht der Fall ist, lassen sich so die Produktion und der Verkauf aufrechterhalten. Einige Betriebe haben Lieferdienste eingerichtet, um Menschen, die sich nicht auf den Weg in die Bäckerei machen können, zu versorgen. Der damit gestiegenen Arbeitsbelastung wird durch eine verringerte Sortimentsbreite begegnet. An dieser Stelle ist allen Mitarbeiter:innen in den Betrieben ein großer Dank auszusprechen, dass sie bei den Maßnahmen, die in dieser Ausnahmesituation notwendig sind, so entschlossen mitziehen!
Was die Nachfrage in den Bäckereien angeht, gibt es kein einheitliches Bild. An Standorten, die der Grundversorgung mit Brot und Kleingebäck dienen, ist – zurückliegend betrachtet – die Nachfrage spürbar gestiegen. Zum Teil wird von neuen Kunden und Kundinnen berichtet, die vorher noch nie in den Bäckerläden zu sehen waren. An Standorten in Bereichen von Innenstädten, mit einem großen Gastronomie- oder Café-Anteil, oder auf den Wochenmärkten ist der Umsatz deutlich eingebrochen. Lieferungen an Hotels, Gaststätten, Kantinen oder Schulen fallen aus.
Mühlenanlagen laufen rund um die Uhr
Die Müller:innen landauf landab sind durch die aktuell gestiegene Nachfrage nach Brot, Backwaren und Mehl so stark gefordert, dass einige sogar ihre Mühlenläden oder online-Shops schließen mussten. Mehr als rund um die Uhr arbeiten geht einfach nicht.
Beim Mehl gilt offensichtlich das Gleiche wie beim plötzlich so begehrten Toilettenpapier. Die Hamsterkäufe von Toilettenpapier, Nudeln, Mehl, Hefe und Kühltruhen sowie weiterer Waren lassen sich mit einem stark gestiegenen Sicherheitsbedürfnis, mit dem Wunsch, in der Krisensituation etwas aktiv tun zu können und mit Nachahmungseffekten erklären. Doch letztendlich kann der Warenverbrauch nicht höher sein, als in Vor-Corona-Zeiten. Deshalb lautet auch unser Appell, bei der Bevorratung Maß zu halten. Rohstoffengpässe gibt es nicht. Hingegen lässt sich die Arbeitskapazität von Lebensmittelproduzent*innen nicht unendlich steigern.
‚Too small to fail’
Vor gut 100 Jahren wurde das Motto „too big to fail“ (deutsch: zu groß zum Scheitern) als Synonym für den Begriff ‚Systemrelevanz‘ eingeführt. Damit wurden und werden große Unternehmen charakterisiert, die von so herausragender systemrelevanter Bedeutung sind, dass ihr Scheitern – wenn möglich – durch staatliche Maßnahmen verhindert werden soll.
Die Antwort auf die weltumspannende Krise – so die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte – muss endgültig anders lauten. Der Staat ist aufgefordert, robuste, widerstandsfähige (resiliente) Strukturen zur Sicherung der Existenz aller Bürger:innen zu fördern. Und dabei sind – wie bereits vor der Corona-Pandemie klar war – regionale Strukturen mit kleinsten, kleinen und mittleren Betriebe in funktionierenden, verlässlichen Wertschöpfungsketten von immenser Bedeutung.
Lasst uns unter dem Motto ‚too small to fail‘ gemeinsam und solidarisch, sozial-, umwelt- und klimagerechte Strukturen weiter entwickeln!
Autorin: Anke Kähler, Bäckermeisterin und Vorstand Die Freien Bäcker e.V.
Hamsterkäufe sorgen für leere Mehlregale, auf den Spargelfeldern fehlen die Erntehelfer*innen und manch eine*r fängt an, wieder regional einzukaufen. Doch welche Auswirkungen von Corona auf unsere Ernährung bleiben unsichtbar? Gibt es Weichen, die jetzt gestellt werden sollten?
Wir sprechen mit dem netten Café in der Innenstadt, dem Gemüsebaubetrieb am Stadtrand oder der Tafel, die sich neu organisieren muss – seid jeden Montag um 19:30 Uhr für ein knappes Stündchen dabei, hört zu, diskutiert mit und werdet aktiv für ein nachhaltiges Ernährungssystem!
Wir laden alle Folgen auch auf Youtube hoch: https://www.youtube.com/user/JANUNvideo
Veranstaltet im Rahmen des Projektes EcoNa von JANUN e.V. – wir sind gespannt und freuen uns auf euch!
Jeden Montag, 19.30 Uhr auf ZoomNeue Woche, neue Perspektive: Wie gehen Landwirtinnen, Cafébesitzer und Tafel-Mitarbeiterinnen mit Corona um?Hier könnt ihr teilnehmen: https://zoom.us/j/287926851Updates über Telegram: https://t.me/ErnaehrungistsystemrelevantMehr Infos unter https://www.janun.de/netzwerk-projekte/janun-landesbüro/econa/
Hallo Gärtner*innen!
Heute ist der 17. April, Tag des kleinbäuerlichen Widerstandes von La Vía Campesina, der globalen Organisation von Kleinbäuer*innen. Jedes Jahr wird an diesem Datum auf Ungerechtigkeiten und Konflikte im globalen Nahrungsmittelsystem aufmerksam gemacht, gleichzeitig die bestehende kleinbäuerliche Vielfalt gefeiert und auf deren Vorzüge gegenüber der industriellen Landwirtschaft hingewiesen.
Ein wichtiger Punkt bei einer kleinteiligen Landwirtschaft ist Saatgut, das der Idee der Saatgut-Souveränität entsprechen sollte. Konkret heißt das, es sollte eine lange Ernte-Periode haben, samenfest sein und selber reproduzierbar, regional angepasst und ohne künstlichen Dünger und chemischen Pflanzenschutz auskommend. Mit der konventionellen Landwirtschaft geht eine riesige Vielfalt an Sorten verloren, da es bei ihr eher darum geht, große Mengen möglichst universell verwendbarer, gleichförmiger Gemüse zu ernten für kurzfristigen Profit, anstatt eine langfristige Ernährungssicherheit und -souveränität im Blick zu haben.
Der Saatgut-Markt hat, ähnlich wie andere Wirtschaftszweige, in den letzten Jahren eine starke Konzentrierung erlebt und damit auch eine starken Rückgang der Agrar-Diversität.
Nun ist Frühling und viele stecken gerne die Finger in die Erde, haben eine Parzelle im Gemeinschaftsgarten um die Ecke, ein Beet bei Freund*innen, einen Vorgarten oder einen Balkon. Und es ist schade, wenn dort Hybrid-Saatgut ausgesät wird. Denn es gibt tolle Alternativen zu dem (oft spontan) im Supermarkt oder Baumarkt gekauften Hybrid-Saatgut großer Konzerne.
Hier eine kleine (unvollständige) Liste von Alternativen.
Nichtkommerzielle Pflanzen- und Saatguttauschbörsen, dieses Jahr leider wegen der Kontaktsperre kaum machbar – außer diesen hier.
> Kleinbäuer*innen-Aufstand mit Abstand für zwei Wochen (bis 30.4.)! Selbstorganisierte Pflanzen- und Saatguttauschbörse zum weltweiten Aktionstag von „La Vía Campesina“.
> Danach ab Donnerstag 30.4. 16:00 bis Montag 11. Mai könnt ihr weiter tauschen bei der kontaktlosen Pflanzentauschbörse am Gartenzaun des Gartens der Begegnung (Ludwig-Renn-Straße 33B, Marzahn).
Saatgut von kleinen Produzent*innen, in Berlin z.B. von Keimzelle, ist erhältlich in diversen Bioläden, z.B. Dr. Pogo Veganladenkollektiv, BioOase44 (Neukölln), Naturkost & Frauenkollektiv Kraut & Rüben(Kreuzberg) und Schnittstelle (nähe Hermannplatz); BioKraftKeller (Prenzlauerberg), Gemüsebutzke (Friedrichshain) wenn wieder offen auch im Prinzessinnengarten (Hermanstr) und an anderen Orten.
Biosaatgut im Biosupermarkt ist auch eine Option, aber doch besser kleine Läden unterstützen.
Online-Saatgut bestellen, z.B. bei Samenbau Nordost Kooperative Biosaatgut aus Meckpomm, Brandenburg und Sachsen; VEN – Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V. ; VERN e.V. – Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen; eine kleine Auswahl an Saatgut gibt es außerdem bei bantam-mais.de/mitmach-aktion. Und beim Dreschflegel Saatgutversand, sie nehmen zur Zeit allerdings keine Bestellungen mehr an [Update: jetzt wieder].
Saatgut von open-source-lizenzierten Sorten kaufen.
So könnt ihr Saatgut als Gemeingut schützen. Bei den jeweiligen Sorten stehen die Bezugsquellen.
Dazu kommen noch andere spannende Projekte wie das Saatgutrad oder die Saatgut-Bibliothek (wie aktuell sie sind, weiß ich nicht genau).
Auch beim Gemüse im Bioladen können mit dem Kauf von samenfesten Sorten Bäuer*innen und Gärtner*innen unterstützt werden, die das alte Prinzip vom Gemeineigentum unterstützen. Damit kommt das Saatgut wieder in die Hände kommt, in die es gehört: die der Menschen, die Anbauen, und nicht in die der Konzerne, die damit rein profitorientiert ihr Monopol stärken.
Also, Augen auf beim Saatgutkauf und viel Spaß beim Gärtnern.
Gruß, H.
Der Allmende-Kontor Gemeinschaftsgarten in Berlin ruft auf zu Kleinbäuer*innen-Aufstand mit Abstand
Jedes Jahr im Frühling erblühen die Gemeinschaftsgärten, kommen die Leute zusammen und werden oft Tauschbörsen veranstaltet. Das geht grad leider nicht so einfach. Schade, denn gerade jetzt haben einige Menschen mehr Zeit als sonst zum Gärtnern. Vielen von uns täte das Buddeln in der Erde jetzt wohl besonders gut – für den Körper und die Seele. Deshalb machen wir im Allmende-Kontor Gemeinschaftsgarten die diesjährige Jungpflanzen- und Saatguttauschbörse einmal anders – nämlich kontaktlos und mit Eurer Mitwirkung völlig selbstorganisiert. Auftakt der Tauschbörse ist der 17. April, Tag des kleinbäuerlichen Widerstandes von La Vía Campesina, der globalen Organisation von Kleinbäuer*innen. Jedes Jahr wird an diesem Datum auf Ungerechtigkeiten und Konflikte im globalen Nahrungsmittelsystem aufmerksam gemacht, gleichzeitig die bestehende kleinbäuerliche Vielfalt gefeiert und auf deren Vorzüge gegenüber der industriellen Landwirtschaft hingewiesen. Seid dabei!
Wie?
Wo und wann?
Ab Freitag, 17.4. um 16 Uhr bis Donnerstag, den 30.4.
Allmende-Kontor Gemeinschaftsgarten (Tempelhofer Feld) am Tausch-Bett beim „Dorfplatz“ (Berlin)
Initiiert von Allmende-Kontor, Freund*innen des 17. April, Netzwerk Urbane Gärten Berlin & Nyeleni.de
http://nyeleni.de/2020/04/kleinbaeuerinnen-aufstand-mit-abstand/
https://www.facebook.com/Gemeinschaftsgarten-Allmende-Kontor-226494657419269/
Ich bin derzeit noch in Ausbildung zur Staudengärtnerin und bin immer noch sehr froh über diese Entscheidung, weil gerade im Bereich Produktionsgartenbau (dazu zählt ja auch Gemüsebau etc.) immer mehr Fachkräfte fehlen. Das wird uns auch immer wieder deutlich gemacht während der Ausbildung. Auch wenn es teilweise anstrengende Arbeit ist, gerade jetzt im Frühjahr, ist es auch eine sehr schöne Tätigkeit, weil man tausende verschiedene Pflanzen hegt und pflegt, packt und putzt mit dem Wissen, dass sie auf irgendeiner Fläche oder irgendeinem Garten ihren Beitrag zur Artenvielfalt leisten.
In den letzten Wochen waren wir auch zum Teil von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen; erst hieß es, Gartencenter sollen nicht schließen, dann doch, dann einige Mitarbeiter in Kurzarbeit, und jetzt wieder die Öffnung aller Gartencenter! Und das während im Staudenbereich, aber in vielen anderen Gartenbau-Bereichen auch gerade im Frühjahr der Hauptumsatz gemacht wird. Wir beliefern u.a. einen Online-Pflanzenversandhandel und die Menge an Pflanzen hat sich in den letzten Wochen mehr als verdoppelt. Eindeutig ein Zeichen, dass die Menschen, die gerade Zeit haben gärtnern wollen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben!
Auch wenn wir mit den Stauden vielleicht nicht als „systemrelevant“ gelten, so finde ich aber dennoch, dass wir mit unserer Arbeit einen wichtigen Beitrag für die Artenvielfalt und sinnvolle Beschäftigung leisten und Pflanzen gerade sehr nachgefragt sind. Wenn wir also nicht weiterarbeiten könnten/dürften, dann würde ein wichtiger Bereich im Gartenbau fehlen. Außerdem handelt es sich ja um „lebendige“ Produkte, die man nicht einfach ohne Menschen lassen kann, die für sie sorgen; das gilt natürlich für alle Bereiche der Landwirtschaft. Insofern ja vielleicht doch auf eine Weise „systemrelevant“?