Das Forum Moderne Landwirschaft

Welches grüne Mäntelchen hätten Sie denn gerne?

In diesem Sommer informierten großformatige Plakate in so mancher Stadt über technische Innovationen in der Landwirtschaft. Zumindest schien das auf den ersten Blick das Anliegen zu sein: Drohnen über den Äckern zum Auffinden von Rehkitzen, Roboter, die im Kuhstall Arbeit abnehmen. Freundliche Menschen sind auf den Anzeigen zu sehen: Menschen aus der Landwirtschaft, die sich bereit erklärt haben, hier Gesicht zu zeigen. Alle Plakate werben mit ihren Texten und Bildern vor allem um Vertrauen in die „moderne Landwirtschaft“. Der Slogan „Unser aller Wissen“ wirkt auf diejenigen etwas zynisch, die erlebt haben, wie erbittert gerade die großen Saatgutkonzerne um das Wissen kämpfen und mit Patenten und Lobbyarbeit für strengen Sortenschutz dafür sorgen, dass immer mehr Menschen in der Landwirtschaft davon ausgeschlossen bleiben. Denn Auftraggeber der Plakatserie ist das Forum moderne Landwirtschaft – eine Plattform der großen Agrarkonzerne.

Wer steht hinter dem Forum Moderne Landwirtschaft?
Auch im Internet zeigt sich nicht sofort, wer dahinter steht. Es gibt schöne Worte und Bilder über eine Landwirtschaft ohne Schattenseiten. Wer ein wenig sucht, findet aber auch die Liste der Forums-Mitglieder. Das sind unter anderem die Gentechnik- und Chemiekonzerne: BASF, BAYER, DOW, Dupont, KWS, Monsanto und Syngenta – und der höchst lobbyaktive Dachverband der Chemischen Industrie. Außerdem gehören dazu die Lebensmittelverarbeiter und -großhändler Agrarvis, Nordzucker, Südzucker und Raiffeisen e.G. Vertreten sind etliche Dachverbände der Tierproduktion, der Agrarwerbung (DLG), und Tiernahrungshersteller. Der Industrieverband Agrar gehört zu diesem illustren Kreis und der Deutsche Bauernverband.

Der Verein ist im Jahr 2000 aus einem Zusammenschluss der „Aktionsgemeinschaft Deutsches Fleisch“ (AGF) und der „Fördergemeinschaft Integrierter Pflanzenbau“ (FIP) entstanden.
Am 16. Oktober 2014 beschloss Mitgliederversammlung der „Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft“ die Umstrukturierung zum Forum Moderne Landwirtschaft. Der Vorsitzende ist der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied.
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied ist Dr. Christoph Amberger, seit 2000 Vorstandsmitglied der KWS SAAT AG und in verschiedenen internationalen Gremien der ESA und der International Seed Federation vertreten. (http://www.forum-moderne-landwirtschaft.de/struktur-und-organisation).
Das Forum Moderne Landwirtschaft bemüht sich nach eigenen Angaben um „Transparenz und die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild von Moderner Landwirtschaft zu machen“ als „wichtige Faktoren, um Vertrauen und Akzeptanz herzustellen. Das Angebot, Moderne Landwirtschaft zu erleben, bedeutet für das Forum Moderne Landwirtschaft immer die Einladung zum Dialog mit dem interessierten Bürger.“
Unter www.moderne-landwirtschaft.de werden monatliche Schwerpunkte zu landwirtschaftlichen Themenfeldern. Erzählt werden„authentische Geschichten, [die] überraschen, inspirieren und (…) die Marke „Unser aller Wissen. Die Moderne Landwirtschaft“ auf faszinierende Art und Weise erlebbar [machen]“, präsent auf Facebook, Twitter, Instagram und Pinterest.

Zusätzlich gibt es noch den „ErlebnisBauernhof“: Im Rahmen der Internationalen Grünen Woche in Berlin zeigen jedes Jahr rund 60 Partner aus der Agrarwirtschaft auf über 3.000 qm, wie „Moderne Landwirtschaft arbeitet“ und laden so zum Dialog mit den Besuchern ein. Für den Dialog sind auch das Schweine-Mobil und das Kuh-Mobil gedacht. Die „mit Unterstützung vieler Partner aus der Branche entwickelten Mobile, geben Einblick in die landwirtschaftliche Praxis und laden zum Dialog ein.“ http://www.forum-moderne-landwirtschaft.de/wir-ueber-uns

Medienpartner des Erlebnisbauernhofes ist agrarheute.com. Finanziell unterstützt wird die Sonderausstellung von der Landwirtschaftlichen Rentenbank. Im Verwaltungsrat sitzen mehrere Funktionäre des Bauernverbands. Begleitet wird der Erlebnisbauernhof vom information.medien.agrar (i.m.a.). Der Verein wird von der Landwirtschaftlichen Rentenbank gefördert, Vorsitzender des Vereins ist der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied. (http://www.ima-agrar.de/Wir-ueber-uns.wir-ueber-uns.0.html)

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Adbusting-Anziegen: Anonym (CC)

Warum das Ganze?
Es ist ein beliebter Trick: Die Agrarindustrie vertritt ihre Interessen oft in einem Netzwerk, einem Dachverband, einem Forum oder einer Stiftung, am besten mit einem unverfänglichen Namen. Gerne auch ein wenig geschönt, so dass es nicht so einfach ist, zu erkennen, wer dahinter steht. Greenwashing und Schönfärberei helfen dabei, sich zu positionieren – intensive Lobbyarbeit, große Medienpräsenz und finanzielle Ressourcen für Werbekampagnen führen zu Erfolgen. Das bekannteste Beispiel kommt nicht aus der Landwirtschaft: Seit vielen Jahren macht die „Initiative neue soziale Marktwirtschaft“ als Sprachrohr der Arbeitgeberverbände Werbung für Einschnitte im sozialen Netz, für neoliberale Politikkonzepte und die weitestmögliche Beschneidung der staatlichen Kompetenzen. Es gelingt der „INSM“ regelmäßig, eigene Positionen in Talkshows zu platzieren und mit großformatigen Werbeplakaten auf sich aufmerksam zu machen.

Die illustre Schar der Mitglieder
Die größten Gentechnik-Konzerne Monsanto, Bayer und Syngenta sind vielen Menschen schon bekannt. Wir informieren an anderen Stellen über sie.

Der Chemiekonzern BASF beschreibt sich selbst als Wegbereiter für eine nachhaltige Zukunft. BASF ist für viele verschiedene Produkte bekannt, da runter unter anderem Kunststoffe, Pflanzenschutzmittel, Öl und Gas. Die BASF-Gentechnik-Tochter, BASF Plant Science, gehört zu den führenden Unternehmen im Bereich der Genomanalyse und in der Entdeckung und Nutzung von pflanzlichen Eigenschaften, sogenannten „traits“.
Erstes Produkt in Deutschland war die Entwicklung der gentechnisch veränderten Stärkekartoffel Amflora, deren Vermarktung 2012 eingestellt wurde. Im Anschluss sollte eine genmanipulierte Speisekartoffel auf den Markt gebracht werden, die resistent gegen Kraut- und Knollenfäule ist, Anfang 2013 wurden die Zulassungsprozesse für „Fortuna“ für die Verwendung als Lebens- und Futtermittel eingestellt.
BASF Plant Science hat sich mittlerweile aus Deutschland zurückgezogen und seinen Forschungsstandort in die USA verlegt. Mit Monsanto arbeitet BASF Plant Science seit 2007 in der branchengrößten Kooperation zusammen. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Genpflanzen aus Mais, Weizen, Soja, Raps und Baumwolle. Im Fokus liegen die Märkte in Nord- und Südamerika sowie der „Zukunftsmarkt“ in Asien. http://www.transgen.de/forschung/843.kraut-knollenfaeule-kartoffeln-cisgen.htm
http://www.umweltinstitut.org/archiv/archiv-gentechnik/abgeschlossene-aktionen/hintergrund-genkartoffeln-2012.html

DOW Chemicals ist derzeit der weltweit größte Produzent von Kunststoffen und von synthetischem Kautschuk und Grundchemikalien wie Chlor und Natronlauge. Auf dem deutschen Markt ist DOW vor allem für Styrofoam-Isolierplatten bekannt. DOW widmet sich ebenfalls der Herstellung von Pesti- und Herbidziden und vertreibt gentechnisches Saatgut z.B. für Mais, Baumwolle und Soja.

Der Chemiekonzern DuPont ist vor allem bekannt für die Produktion verschiedener Kunststoffe und Lacke. Bereits in der Vergangenheit stand der Konzern in der Kritik, da es sich um einen der Haupthersteller für FCKW Gase handelt. DuPont stellt außerdem Lebensmittelzusätze und künstliche Enzyme her und plant seit 2015 eine Fusion mit DOW.

Die KWS ist ein Pflanzenzüchtungs- und Biotechnologie Unternehmen aus Deutschland. Obwohl der ausgeschriebene Name so vertrauenserweckend klingt „Kleinwanzlebener Saatzucht“, gehört die KWS zu den 10 weltgrößten Saatgutkonzernen. Produziert wird vor allem Saatgut für Zuckerübe, Mais, Getreide und Raps. Im Sortiment sind außerdem Sonnenblumen, Sorgum und mit „Ackerfit“ eine eigene Zwischensaatmischung, die sich durch einen besonders großen Ertrag auszeichnet. KWS führte 1993 die ersten Freisetzungen von gentechnisch veränderten Futterrüben durch und steht für seine Aktivitäten im Bereich der „Grünen Gentechnik“ immer wieder in der Kritik. http://www.kws.de/aw/KWS/germany/Produkte/~ciue/
http://www.kws.de/go/id/fphe/

Das Unternehmen agravis gehört zur Raiffeisen e.G. und bedient hauptsächlich klassische Agrarbereiche wie Getreide, Öl, Futtermittel und Düngemittel. Des Weiteren ist Agravis tätig im Saatgutbereich, Baustoffhandel und der Energiegewinnung: Biogas der Tochter Terravis. https://www.agravis.de/de/pflanzen/biogas_3/index.html

Nordzucker ist direkter Hersteller von Zucker und erhält jährlich Subventionen in Millionenhöhe. Neben der Zuckerproduktion und -vermarktung unter den Markennamen Sweet Family und Dansukker stellt das Unternehmen Saatgut, Futtermittel, Biogassubstrat und Carbokalk her und bietet das Bienenfutter Ambrosia an. http://www.nordzucker.de/verbraucher.html.

Die Südzucker AG ist der weltweit der größe Zuckerhersteller und direkter Konkurrent der Nordzucker AG. Sie produziert neben Zucker noch verschiedene Fruchtsaftkonzentrate, Bioethanol und funktionelle Inhaltsstoffe für Lebensmittel und Tiernahrung, Tiefkühl- und Kühlpizza , Portionspackungen und Stärke für Food- und Nonfoodanwendungen. http://www.suedzucker.de/de/Homepage/

Beide sind Mitglieder in der „Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie“(BVE), u.a. gemeinsam mit der Tönnies GmbH, Westfleisch eG, Nestlé Deutschland AG und die Unilever Deutschland Holding (Verweis auf Nachgeharkt zu Unilever). Die Südzucker AG ist zusätzlich noch im „Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde“ (BLL) vertreten, beides wichtige Interessenverbände. Und beide sind auch räumlich sehr nah am Deutschen Bauernverband, und haben ihren Sitz im selben Gebäude in Berlin wie der DBV. Werner Hilse, Vizepräsident des DBV, ist beispielsweise gleichzeitig Vizepräsident der BLL und hat darüber hinaus zahlreiche weitere Funktionen in anderen Spitzenverbänden der Ernährungsindustrie, in Spitzenunternehmen der Fleischindustrie, der Stärkeindustrie und anderen Unternehmen der Agrarwirtschaft. (Quelle: Kritischer Agrarbericht, 2015 Man kennt sich, man schätzt sich, man schützt sich … Einblicke in das Netzwerk aus Agrar- und Ernährungswirtschaft, Spitzenverbänden und Politik von Friedrich Ostendorff und Veikko Heintz S. 55ff)

Der Bauernverband ist tatsächlich auch eines der Mitglieder des Forums. Und das Forum moderne Landwirtschaft ist nicht der einzige Ort, an dem der größte Verband von Landwirtinnen und Landwirten in Deutschland am selben Tisch sitzt mit den Vertretern der Agrarindustrie. Aber auch dieses Mitwirken ist ein Grund, dem Verband mit Skepsis zu begegnen.

 Es gibt nicht nur das Forum für moderne Landwirtschaft
Unter klangvollen Namen agieren noch ein paar weitere Interessenverbände. Das „Forum grüne Vernunft“ tritt gerne in Erscheinung, wenn es um die Bewerbung des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen geht. Unter der gleichen Adresse firmiert der Verein „AGIL – Arbeitsgemeinschaft innovativer Landwirte im InnoPlanta e.V“ in Gatersleben. Hier befindet sich schon seit DDR-Zeiten eine der größten Saatgut-Datenbanken Europas. Das öffentlich-rechtliche Institut, das die Saatgutbank betreibt, das Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenvielfalt IPK, hat selbst eine wechselhafte Geschichte mit Versuchen mit gentechnisch verändertem Weizen. Und dann gibt es noch den „Biopark Gatersleben“ mit zahlreichen Firmen, die an Pflanzen forschen. Auch hier trifft man „alte Bekannte“. Dem Biopark Gatersleben ging es Ende 2011 ökonomisch dreckig. Die Bayer AG half und hat einen Mitarbeiter im Beirat von Innoplanta und einen im Forum grüne Vernunft. Zudem betreibt Bayer in Gatersleben sein „Europäisches Weizenzuchtzentrum“.

Es lohnt sich in jedem Fall etwas näher hinzusehen, wer sich hinter den genannten Verbänden und Vereinen verbirgt um zu verstehen, wessen Interessen im Vordergrund stehen – und was mit „moderner Landwirtschaft“ eigentlich gemeint ist.

Quellen:
Die Seiten der Akteure selbst:
http://www.forum-moderne-landwirtschaft.de/
Erlebnisbauernhof: http://www.moderne-landwirtschaft.de/moderne-landwirtschaft-entdecken
http://www.gruenevernunft.de/
http://www.innoplanta.de/de/landwirtschaft/agil.html
http://www.ima-agrar.de/
https://www.rentenbank.de/

 


Bild: Eigene Darstellung des Forums Moderne Landwirtschaft auf ihrer Webseite.