
Challenge-Dienstag: Solidarische Landwirtschaft
Solidarische Landwirtschaft muss nicht gleich „Solawi“ sein. Wie wäre es erstmal mit einem Besuch auf dem Hof und im Hofladen?

Fahrrad vor Hoftor

Gemüseauslage

Conny vor dem Hofladen
Einkaufen ohne Supermarkt, Tag 5: Besuch im Hofladen
Für gestern hatte ich mir einen Besuch im Hofladen Hartmann vorgenommen. Das hatte ich am Montag mit Conny kurz besprochen. Wer meinen Bericht vom Challenge-Montag gelesen hat, kennt Conny schon. Zusammen mit Katja Flohe von der Spezialitätenbäckerei Laib & Seele ist sie dort auf dem mittleren Foto zu sehen (links). Sie ist jede Woche mit allerlei Gemüse in der Marktschwärmerei Bonn Altstadt anzutreffen. Das Gemüse baut nicht sie selbst an, sondern ihr Lebensgefährte Helmut Hartmann zusammen mit seinem Vater Severin.
Die Anreise
Da ich freiberufliche Texterin und Redakteurin bin, kann ich mir die Zeit eigentlich frei einteilen. Trotzdem wurde es knapp, weil ich noch einen Artikel abgeben musste und ein paar Dinge mit Kunden abstimmen. So bin ich erst um 16:00 Uhr Richtung Stadtbahn geradelt, die Bonn mit Köln verbindet. Mein Fahrrad nehme ich mit in die Bahn.
Sobald man die Bonner Stadtgrenze hinter sich gelassen hat – und das geht schnell – sieht man rechts und links Felder und viele Bauernhöfe. In Bornheim, nicht nur zwischen Köln und Bonn, sondern auch zwischen dem Rhein und dem Vorgebirge gelegen, ist der Boden besonders gut. Im Stadtteil Roisdorf liegt übrigens der alte Centralmarkt, an den früher fast alle Erzeuger lieferten. Hier wurden die Produkte versteigert, wie ich während meines Studiums der Ernährungs- und Haushaltswissenschaft (Oecotrophologie) noch live erleben konnte. Heute hat dort eine bekannte Erzeugergenossenschaft ihren Sitz und vermarktet die landwirtschaftlichen Erzeugnisse im großen Stil. Aber weiter Richtung Bornheim-Sechtem, denn dort befindet sich der Hofladen Hartmann.
Nachdem ich in Bornheim-Merten ausgestiegen bin, schwinge ich mich auf mein Hollandrad. Zum Glück gibt es einen schönen breiten, separaten Fahrradweg am Rand der Felder. Das ist hier draußen nicht immer so. Diese kurze Tour macht aber Spaß und entspannt mich. Nach ein paar Minuten bin ich auch schon da.
Der Hof und der Hofladen
Conny und Hund Mila begrüßen mich, als ich durch die Einfahrt komme. Es ist einer von diesen kleinen, hutzeligen Höfen mitten im Dorf. Ich mag das sehr. Auch die eher unperfekte Dekoration mit Kürbissen, altem Gerät aus der Landwirtschaft und Holzkisten. Ich entdecke auch eine vom Centralmarkt.
Klein ist auch der Hofladen, in dem ich gleich ein bisschen herumfotografiere, während Conny Kaffee macht. Aber es ist alles da. Natürlich das eigene Gemüse. Dann noch Milchprodukte von einem Partnerbetrieb, Eingelegtes und Eingemachtes (Himbeeren in Rotwein!), Wein und Schnaps, natürlich Eier. Ingwer und Südfrüchte wie Bananen und Pressorangen würde man hier nicht vermuten. Sie sind zugekauft und vervollständigen das Sortiment. Genau wie die Schwarzwurzeln, die ich jetzt endlich mal kaufe. Die selbst anzubauen hat Helmut noch nicht geschafft. Kein Wunder, denn wen man bedenkt, dass er im Prinzip alleine auf dem Feld steht, unterstützt durch seinen Vater, ist es schon bewundernswert, wie viele verschiedene Gemüsearten und -sorten er anbaut, auch alte und ungewöhnliche. Und alles mit viel Liebe und Geduld, wie Conny mir verrät.
Während wir reden, kommt Helmut mit einem kleinen Lastwagen in den Hof gefahren. Kurze Zeit später hören wir ihn und seinen Vater am Traktor herumwerkeln. Der ist nämlich ausgefallen. Das hat bereits zwei Stunden des langen Arbeitstages gekostet. Muss er in die Werkstatt, sind das wieder Kosten, die vom Gewinn abgehen. A propos Gewinn: Vom Hofladen alleine könnte hier niemand leben. Das sagt mir Conny. Ich vermute es aber auch schon, denn außer mir ist kein Kunde in Sicht. Später kommen noch zwei. Am Vormittag sei hier mehr los gewesen, sagt Conny. Andererseits ist es auch gar nicht schlecht, dass zwischendurch mal Zeit ist. Denn es müssen zum Beispiel Fotos von den Produkten gemacht und mit einer netten Beschreibung in den Erzeugerbereich der Marktschwärmer-Website eingepflegt werden. An den Marktschwärmer-Tagen selbst packt Conny die Tüten für die Kunden und versieht sie mit Bestellnummern. Und zwar nicht nur für meine Schwärmerei, sondern gleichzeitig für eine in Köln, in der Helmut die Ware ausgibt. Es kommen Köche von weiter her, um sich mit dem tollen Gemüse einzudecken. Manchmal kommen auch Besuchergruppen und lassen sich die Felder zeigen. Bei einer dieser Gelegenheiten hat Conny meinen Bloggerkollegen Johannes kennengelernt. Insgesamt ist jeder Tag pickepackevoll mit Arbeit, Freizeit gibt es eigentlich nicht. Natürlich besteht die Hoffnung, dass sich das irgendwann mal ändert. Dafür entwickeln sich Conny und Helmut ständig weiter und erschließen neue Vertriebswege.
Mein Resümee
Ich könnte stundenlang im Hofladen stehenbleiben, denn Conny kann zu jedem Produkt eine Geschichte erzählen. Es dämmert aber schon, und ich möchte trotz des schönen Fahrradwegs langsam los. Denn wenn es hier dunkel wird, ist es richtig dunkel. In meinem Fahrradkorb stecken neben den Schwarzwurzeln noch ein Butternusskürbis, Kartoffeln, eingelegter Ziegenkäse und eine Flasche Rotwein.
Zweieinhalb Stunden war ich weg. Ein schöner Ausflug wieder mal, aber im normalen Alltag kaum einzubauen. Das ist wahrscheinlich auch bei vielen anderen Menschen so. Außerdem gibt es am Hof weder einen großen Parkplatz noch Mittagstisch und Kinderbelustigung. Trotzdem hat es sich gelohnt, dort gewesen zu sein. Bei meiner nächsten Bestellung beim Garten und Land Hofladen Hartmann weiß ich die Lebensmittel noch mehr zu schätzen.
Der Internetauftritt des Hofladens wird gerade überarbeitet, aber ein paar Infos gibt es auf der Website der Gemeinde Sechtem: www.sechtem.de/hofladen-hartmann