Ein verbotener Umgang mit Tieren

Unübersichtlich verschachtelte Tochterfirmen, die sich gelegentlich gegenseitig übernehmen und das ganze Unternehmen extrem unübersichtlich machen? Ja, das kennen wir von großen Banken und Konzernen, die Gewinne an der Steuer vorbei rechnen oder verhindern wollen, dass ein starker Betriebsrat die Interessen der Beschäftigten zu nachdrücklich vertritt.
Aber rund um den Schweinestall?

Der Niederländer Adrianus Straathof ist ein Verschachtelungskünstler. Er verkauft allein in Deutschland pro Jahr über 1,5 Millionen Ferkel aus mehr als 20 Anlagen. Er betreibt auch in Belgien und den Niederlanden Megaställe, was ihn zu einem der größten Ferkelproduzenten Europas macht. Seine Unternehmens-Struktur wäre vielleicht keine große Nachricht, wenn nicht am 24. November vergangenen Jahres ein aufrechter Landrat versucht hätte, dem mächtigen Schweinebaron, Einhalt zu gebieten. Wegen fortlaufender schwerer Verletzungen des Tierschutzgesetzes verhängte der Landkreis Jerichwoer Land östlich von Magdeburg ein Tierhaltungsverbot gegen Straathof, bundesweit gültig.

Was bisher geschah…

Das Vorgehen des Landrates Steffen Burchardt war kein Schnellschuss. Seit Jahren sammelt der niederländische Schweinemillionär Bußgeldbescheide und Strafbefehle wie andere Menschen Briefmarken. Er betreibt insgesamt 25 Anlagen in Deutschland, kaum eine mit weniger als 10.000 Schweinen. Viele Anlagen entstanden in den letzten Jahren, als der Ruf des Investors in den Niederlanden schon arg angekratzt war. Sein Einstieg in die Ferkelproduktion und Schweinemast in Deutschland war kein Auftritt auf leisen Sohlen. Verstöße gegen das Tierschutzgesetz haben immer wieder für Schlagzeilen gesorgt, Genehmigungsbehörden rieben sich die Augen, weil Straathof Ställe vor der Freigabe in Betrieb nahm, Filter zwar installierte, aber nicht eingeschaltet ließ und gleichgültig Buß- und Strafgelder in sein Betriebsmodell einkalkulierte.

Irgendwann war es aber genug und das Veterinäramt ging zum Angriff über. Fast gleichzeitig erstattete ein Schlachthof in Baden-Würrtemberg Strafanzeige, weil ständig schwer kranke Tiere aus Straathof-Ställen angeliefert wurden. Der Agrarminister Sachsen-Anhalts, Hermann Onko Aeikens (CDU) stellte sich hinter den SPD-Landrat, und das Verwaltungsgericht in Magdeburg wies den ersten Einspruch des Schweinebarons gegen das Haltungsverbot zurück. Seitdem brach im Straathof-Imperium hektische Betriebsamkeit aus. In fast jedem Unternehmen des Schweinehalters ließ der Baron andere Personen für die Geschäftsführung eintragen.

Jetzt muss sich erstmal gar nichts ändern

Straathof klagt gegen das Schweinehaltungs-Verbot. Ein erster Prozesstermin platzte, weil wichtige Unterlagen plötzlich verschwunden waren. Eine seiner Anlagen, der Megastall in Gladau, wird tatsächlich stillgelegt. Mit dem ersten Anlauf, das Verbot zumindest vorläufig aussetzen zu lassen, hatte der Schweinebaron noch kein Glück. Am 17. April 2015 aber stoppte das Oberverwaltungsgericht Magdeburg das Tierhaltungsverbot vorläufig. Es will vor der Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht so weitgehende Fakten schaffen, weist aber darauf hin, dass es um ein „(zumindest) bundesweit geltendes Berufsverbot“ gehe. Deutlich macht es auch: die anderen Bundesländer haben nicht so harte Vorwürfe vorgelegt wie Sachsen-Anhalt. Dabei sind auch dort die Listen der Verstöße lang. Sind die Politiker*innen, die sich teilweise für den Investor aus dem Fenster gelehnt hatten blind auf dem Tierschutzauge? Was alles darf in den Tierfabriken denn noch passieren? Natürlich ist es ein weitgehender Eingriff, einem Tierhalter die Tierhaltung zu verbieten. Aber wenn ein solches Verbot gegen einen Tierquäler wie Straathof keinen Bestand hat, wofür gibt es dieses Instrument dann überhaupt?

Der Schweinekrimi geht weiter…

Straathofs unheimliches Schweineimperium ist ein Extrembeispiel. Aber leider nicht einmalig, weil die Konzentration in der Tierhaltung unaufhörlich fortschreitet. Seit dem Jahr 2000 haben vier Fünftel aller schweinehaltenden Betriebe in Deutschland aufgegeben. Immer mehr Schweine leben in Ställen mit über 1000 Artgenossen, immer mehr auch in Megaställen mit bis zu 60.000 Schweinen in einer Tierfabrik.
Adrianus Straathof muss das Handwerk dauerhaft gelegt werden. Die Tierhaltung im ganzen Land muss von der Tierfabrik weg kommen zu einer flächengebundenen Tierhaltung. Mit Sonne für die Sau und einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft.

[Foto: Flacingo.com]

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Jutta Sundermann

Wollte Aktion Agrar eigentlich „KuhRage“ nennen und wohnt in einem blauen Bauwagen auf dem Lande.

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