Darum geht’s

Die weltgrößten Agrarchemie- und Gentechnikkonzerne sind im Hochzeitsfieber.
Bayer will Monsanto kaufen, Dow Chemical übernimmt Dupont, ChemChina geht voraussichtlich mit Syngenta zusammen. Ihnen geht es um Milliardenmärkte – uns allen um die Zukunft unserer Nahrung, um das Saatgut für die ganze Welt und die Frage, wer darüber entscheiden kann.

Sowohl Monsanto als auch Bayer gehören zu den zehn mächtigsten Saatgut und zu den zehn umsatzstärksten Agrarchemie-Herstellern der Welt. Bereits heute kontrollieren die großen Sechs – Monsanto, Syngenta, Bayer, DuPont, Dow, BASF – den globalen Markt für Pestizide und Saatgut. 75 Prozent des globalen Pestizidmarktes und 71 Prozent des Saatgutmarktes sind in ihrer Hand. Falls die Konzerne sich einigen und die Kartellbehörden den Fusionen zustimmen, wird die Macht der Riesen noch größer.
Bayer-Monsanto würde 24,6 Prozent des Pestizidmarktes und 30,1 Prozent des Saatgutmarktes kontrollieren, beim Verkauf von gentechnisch verändertem Saatgut dominiert das Konzernpaar deutlich den Markt – mehr als drei Viertel der Anbaufläche werden mit den manipulierten Pflanzen von Monsanto und Bayer bestellt.

Die Bedeutung der Fusionspläne

Dinosaurier-Konzerne kontrollieren unsere Nahrung

Die heutige Landwirtschaft ist auf extrem wenige Sorten konzentriert
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Die großen Agrochemie-Konzerne arbeiten täglich daran, die Landwirtschaft und die Ernährungsgrundlagen der Menschen nach ihren Vorstellungen umzukrempeln. Nicht nur, wer den Weltagrarbericht des global ausgewählten Weltagrarrates 2008 gelesen hat, weiß, dass ihre Strategie, einseitig auf Massen- und Billigproduktion zu setzen, sozial und ökologisch für uns unbezahlbar ist. Zudem nützt diese Art der Landwirtschaft gerade den hungernden Menschen auf dem Lande (sie stellen bis heute den größten Teil der Unter- und Mangelernährten) wenig.

Aktuell versuchen Bayer und Monsanto sich den Weizen, eine der wichtigsten Nahrungspflanzen der Erde zu eigen zu machen, indem sie einen Hybridweizen züchten. Wenn ihnen das gelingt, sind hohe Gewinne wahrscheinlich – und ein weiterer Schritt in die Abhängigkeit der Bäuerinnen und Bauern von den Saatgutkonzernen. Denn Hybride eignen sich nicht für eine Nachzucht auf dem Hof, das Saatgut muss jährlich neu gekauft werden.

Bayer und Monsanto kaufen strategisch ein

Auf dem Kassenband der letzten Jahre: Saatgutunternehmen, Gentechniklabore, Hybrid-Spezialisten

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Mehr lesen: Wem gehört der Weizen?

Bayer und Mosanto haben in den letzten Jahren schon des Öfteren kooperiert. Beide machen zudem beste Geschäfte mit einem sehr ähnlichen Paketangebot aus einem Totalherbizid, das nahezu alle Pflanzen abtötet, und einer gentechnisch veränderten Saat, die eine Toleranz gegen dieses Gift aufweist. Bei Bayer heißt das Gift Liberty (Totalherbizid auf der Basis von Glufosinat) und das Saatgut nennt der Konzern „Liberty link“. Monsantos „Round up“ und „Round up ready“-Saatgut ist in den Bereichen Soja, Mais, Baumwolle und Raps marktführend.

Wie wir die Fusion verhindern können

Wer kann jetzt diese Fusion stoppen?

Am 14. September meldeten die Konzerne, dass sie sich auf einen Kaufpreis geeinigt hätten: 66 Milliarden US-Dollar will Bayer zahlen – rund 128 Dollar pro Aktie. Nun müssen die Kartellbehörden die Fusion prüfen – also zunächst in Brüssel für die EU-Seite und die in den USA, ob diese Fusion erlaubt oder zumindest mit Auflagen versehen werden muss. Einmischen können sich auch andere Staaten, die stark betroffen sind, wie zum Beispiel Indien oder Mexiko.

Deshalb fordern wir:
Der Kauf darf nicht durchgewunken werden, die europäische Wettbewerbskommissarin muss handeln – es geht um die Zukunft der bäuerlichen Landwirtschaft und um die landwirtschaftliche Artenvielfalt. Betroffen sind angesichts der Größe der Konzerne nicht nur um ökonomische, sondern auch demokratische Grundsätze.Das Wettbewerbskommissariat in Brüssel hat in der Vergangenheit meistens für Fusionen entschieden. Deshalb braucht es den öffentlichen Druck dagegen!

Da die Konzerne – fusioniert oder nicht – täglich große Probleme schaffen, sind außerdem weitere Maßnahmen zu fordern. Zum Beispiel, um den Weizen zu retten. Dafür können Sie bald auch mit Aktion Agrar kämpfen.

Was passiert bei großen Fusionen?

Wenn eine Firmenübernahme von internationaler Relevanz ist oder es sich um ein Volumen von mehr als 5 Milliarden Euro handelt, muss sie von der EU-Kommission, derzeit ist das die Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager, geprüft werden.
In solchen Fällen wird ein beratender Ausschuss gebildet, in dem auch das Bundeskartellamt beteiligt ist. Es hat aber nur beratende Funktion. Leider war es bisher selten, dass die EU-Kommission einen Antrag ablehnte. Häufiger aber gibt es Auflagen, die z.B. das Abstoßen einzelner Teile einer Firma beinhalten. Im Fall von Bayer und Monsanto wäre das keinesfalls ausreichend.

Die kartellrechtliche Prüfung
In einer ersten Stufe wird geprüft, welche Marktanteile für die wichtigsten Produkte und das Gesamtunternehmen vorliegen. Es gilt eine absolute Grenze von 40 Prozent, ab der ein „Nein“ zu erwarten ist oder zumindest eine genaue Auswertung und Auflagen.
In der zweiten Stufe, dem sogenannten SEC-Test geht es um die Analyse, ob signifikante Effekte auf den Wettbewerb (Competition) zu erwarten sind. Entwickelt werden Prognosen, ob der neue Akteur z.B. so viel Einfluss hat, dass er Preise erhöhen kann..
Im Fall von Monsanto und Bayer ist schon heute klar: Der Einfluss ist erschreckend groß. Die Preise für Soja-Saatgut stiegen in den USA von 2000 bis 2009 um 230 Prozent. Eine Prüfung, die zu einem anderen Ergebnis kommen will, muss mit Scheuklappen arbeiten und ignorieren, was an Beeinflussung von Politik und Landwirtschaft bereits heute auf das Konto der Konzerne geht.

Den Konzernen Macht entreißen

Die kapitalistische Logik des „Fressen und Gefressen-Werdens“ führt seit vielen Jahren dazu, dass die Zahl der Anbieter von Saatgut, von Ackergiften, von Düngemitteln ebenso drastisch sinkt, wie die der Handelsunternehmen und Einzelhandelsketten.
Wenige Konzerne üben enormen Druck auf Bäuerinnen und Bauern aus, bestimmen was und wie diese anbauen und welches Saatgut, Pflanzenschutzmittel oder Dünger sie kaufen sollen. Der Saatgutmarkt liegt in den Händen von Konzernen, die zugleich Ackergifte herstellen und liefern und die allermeisten kleineren Anbieter geschluckt oder ruiniert haben.

Diese Entwicklung ist aber kein Naturgesetz. Tatsächlich fördert die Agrarpolitik seit Jahrzehnten immer weiter die größten Akteure auf den Äckern, in den Laboren oder mit den Containern und Supermärkten. In Frage zu stellen ist dringend, wie die künftige Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) aussehen soll, welche Forschung eigentlich durch Steuergelder unterstützt werden soll (die „hochmoderne“ in den Laboren oder eine dezentrale, auf den Äckern weiter-entwickelte, ökologisch ausgerichtete?) und ob mit Freihandelsabkommen der Wettbewerbsdruck ins Unerträgliche gesteigert werden soll oder nicht.

Machen Sie sich mit Aktion Agrar stark für eine Agrarende – und helfen Sie mit, Agrarkonzerne zurück zu drängen!