Das Jahr der Alternativen
27. Oktober 2018 Kommentare sind deaktiviert Leonie Dorn
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Challenge-Freitag: Abschluss und Ausblick

1_Schwarzwurzeln vorbereiten
2_angeschnittene Schwarzwurzeln
3_Essen ist fertig

Der Tag gestern lief völlig anders als geplant. Eigentlich wollte ich für Freunde oder Familie kochen. Aber mein Mann hat spontan eine Spätschicht übernommen, meine Tochter musste auch arbeiten. Und ich schleppe mich schon die ganze Challenge-Woche mit einer fetten Erkältung rum, sodass mir nach Gästen überhaupt nicht der Sinn stand. Aber da waren ja noch die Schwarzwurzeln, die ich am Mittwoch im Hofladen Hartmann gekauft hatte. Daher erzähle ich euch einfach, was ich damit gemacht habe. Zuerst musste ich sie vorbereiten.

Schwarzwurzeln vorbereiten
Beim Anschneiden von Schwarzwurzeln tritt ein milchiger Saft aus, der tierisch klebt. Du solltest dich also am besten mit einer Schürze und Küchenhandschuhen ausstatten, bevor du sie zubereitest. Außerdem solltest Du eine große Schüssel Wasser mit Zitronensaft bereitstellen, in die du die Schwarzwurzeln direkt nach dem Schälen geben kannst, sodass sie sich nicht verfärben. Da die Wurzeln meist voller Erde sind (so halten sie sich besser, das ist auch bei Kartoffeln etc. so), musst du diese erstmal ordentlich abschrubben. Dann die Schwarzwurzeln mit einem Sparschäler schälen, längst halbieren und in etwa zwei Zentimeter lange Stücke schneiden und sofort in die Schüssel mit Zitronenwasser geben.

Schwarzwurzel-Risotto zubereiten
Zuerst mal die Zutaten. Ich habe für sechs Personen gekocht, als wenn ich wirklich Gäste gehabt hätte. Auf gut Glück hatte ich ein Kilo Schwarzwurzeln gekauft, die ich jetzt in einem Schwung verarbeiten wollte, also passte das.

Für 6 Personen brauchst du:

  • 1 Zitrone bzw. etwas Zitronensaft
  • ein Stück Butter und evtl. etwas Rapsöl
  • 2 Zwiebeln
  • 1 kg Schwarzwurzeln
  • 375 g Risotto-Reis
  • 300 ml trockenen Weißwein
  • Gemüsebrühe (oder selbstgemachte Gemüsepaste, Rezept hier)
  • ein großes Stück Parmesan
  • 1 Bund Schnittlauch
  • Salz und Pfeffer

Und so geht’s:

Zwiebeln schälen und fein würfeln. Ein großes Stück Butter und evtl. ein wenig Rapsöl in einem großen Topf erhitzen und die Zwiebelwürfel zusammen mit dem Reis glasig dünsten. Vorbereitete Schwarzwurzeln in ein Sieb abschütten und in den Topf geben. Ebenfalls kurz andünsten lassen. Dann mit dem Weißwein ablöschen und köcheln lassen, bis der Wein fast verschwunden ist. Umrühren natürlich nicht vergessen.

Dann nach und nach die Gemüsebrühe zugeben und immer wieder umrühren. Ich habe bestimmt anderthalb Liter gebraucht. Aber nicht zu viel Flüssigkeit auf einmal zugeben. Denn wenn der Reis nach ungefähr einer halben Stunde gar ist, sollte ja alles schön cremig, aber nicht flüssig sein. Den Schnittlauch waschen, trocken schütteln und in Röllchen schneiden.

Am Schluss nach Belieben noch einen Stich Butter zum Risotto geben, ordentlich Parmesan in das Risotto reiben, Schnittlauchröllchen unterheben und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Fertig!

Ab auf die Couch – und Ende der Supermarkt Challenge

Ich gebe es zu, ich habe meine Portion in eine Decke gemummelt auf der Couch verspeist. Risotto ist für mich Soulfood und das war genau das Richtige. Emma (meine Tochter) ist gegen 21:00 Uhr noch mit ihrem Freund aufgetaucht und hat noch ein Schüsselchen probiert. „Schmeckt lecker, Mami!“, schallte aus der Küche Richtung Wohnzimmer. Den Wein habe ich zu gelassen, aber ich möchte euch noch kurz erzählen, wo ich ihn gekauft habe: In meiner Straße gibt es einen kleinen Weinladen, der von zwei jungen Frauen betrieben wird. Häufig hat er aber geschlossen, wenn ich dort vorbeikomme. Oder ich habe gerade woanders Wein gekauft, bin zu faul, dort anzuhalten oder was weiß ich. Jedenfalls bin ich am Donnerstag das erste Mal reingegangen und kam nach guter Beratung und netter Bedienung wieder raus. Außerdem mit der Info, dass die Öffnungszeiten bald ausgeweitet würden. Wie doof, dass ich das „Grün der Zeit“ so lange links liegen gelassen habe…

Aus der Supermarkt Challenge nehme ich auf jeden Fall mit, dass ich die kleinen Läden in Zukunft mehr im Fokus haben möchte. Meist ist es nur die Bequemlichkeit, wenn ich lieber alles in einem Rutsch im Supermarkt kaufe.

Was ich aber nicht verhehlen kann: Ein bisschen freue ich mich darauf, wieder in der einen bestimmten Filiale eines bekannten Supermarktes mitten in der Altstadt zu gehen. Denn dort trifft man fast immer Bekannte und die Kassiererinnen sind auch super. Ich werde aber bestimmt noch mehr darauf achten, hier nur das Nötigste zu kaufen und beim Großteil der Lebensmittel auf die Marktschwärmerei und auf den Altstadt-Bauernmarkt zu setzen.

So, und nun schicke ich den Mann um die Ecke zu „C‘est la vie“. Das ist eine Mischung aus Patisserie und englischem Sandwichladen, und dort gibt es das leckerste Baguette, selbst gebackene Croissants und Brioche, herzhafte Tartes und süße Törtchen. Dann wird erstmal gemeinsam gefrühstückt – heute sind ausnahmsweise alle drei Mechtels da, plus Emmas Freund Lovis.

Hier noch die Internetadressen der kleinen Läden:

www.gründerzeit-wein.de

www.cest-la-vie-cafe.de

Auf einer Pinterest-Pinnwand habe ich außerdem noch ein paar Infos und Rezepte zu Schwarzwurzeln gepinnt: www.pinterest.de/melakirkmechtel/schwarzwurzeln

Das Jahr der Alternativen
27. Oktober 2018 Kommentare sind deaktiviert Karen Schewina
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Supermarkt – Challenge: Ende

Hauptstraße Köln-Kalk

Hauptstraße Köln-Kalk

Eine ganze Woche bin ich unterwegs gewesen und habe mich am Einzelhandel hier in Köln-Kalk abgearbeitet. Das war lustig, manchmal verwirrend und mitunter auch ein bisschen anstrengend. Dass die Dinge meist nicht so laufen, wie man sich das vorher ausgedacht hat, ist Teil meines Berufs und einer der großen Reize des Journalismus.
Mein ursprünglicher Plan beinhaltete sieben Porträts von kleinen Geschäften und Verkaufsstellen, abseits der großen Supermärkte. Aber schon nach den ersten Anfragen strich ich die Anzahl auf vier zusammen und beschloss, nicht die Suche nach den Läden, sondern die Kommunikation mit ihren Inhabern (allesamt Männer, aber das ist eine andere Geschichte) und Mitarbeiter*innen in den Fokus zu nehmen. Die war mal schnell und problemlos, dann zäh und ergebnislos, mitunter musste ich mir das Vertrauen erarbeiten und einmal blieb das Verhältnis merkwürdig nebulös.
Alles in allem waren die Kontaktaufnahmen für mich persönlich mit einer überraschend hohen Hemmschwelle verbunden. Mit unbekannten Menschen zu sprechen, gehört ebenfalls zu meinem Beruf, aber irgendwie fiel es mir schwer, Notizbuch, Stift und Kamera zu packen und los zu ziehen. Vielleicht weil es mein eigenes Veedel ist und ich das erprobte Script beim Einkaufen, meine Comfort Zone als Kunde verlassen musste. Bei einem Interview, so kurz es auch sein mag, verlange ich nicht nur ein halbes Brot oder ein Pfund Bratwurst, sondern ich will ein Stück Privatheit, eine Geschichte, etwas persönliches, das weit über den regulären Einkauf hinaus geht.
Früher, vor dem Supermarkt, so vermute ich, war dieses Persönliche viel mehr, vielleicht sogar immer Teil des Verkaufsverhältnisses. Man kannte die Menschen vor und hinter der Theke, mitunter auch ihrer Sorgen und Nöte. Mit der Einführung der Selbstbedienung hat sich dieses Verhältnis dauerhaft verschoben. Zumindest im Supermarkt. Wir wollen gar keine persönliche Ansprache, wir wollen ein standardisiertes Produkt, möglichst das einer uns bekannten Marke. Und wir wollen möglichst schnell wieder draußen sein.
Immer wieder begegnete mir Misstrauen. Was will der von mir? Kostet das Geld? In einem Fall wurde ich sogar gefragt, ob ich mit dieser Aktion Geld verdiene. (Ja, tue ich. Ich bekomme für diese Beiträge ein kleines Honorar von der Initiatorin der Challenge.) Klar ist, der Bäcker, der Fleischer, der Röster und der Fischhändler gehen ihre Risiken selbst ein. Hinter ihnen steht keine geölte Marketingmaschine, die Fehler im Zweifelsfall ausbügelt oder abfedern kann. Er sei ernüchtert, so sagte mir einer meiner Gesprächspartner. Ich bin kein Lebensmittelhandwerker und kann das nur aus einer journalistischen Perspektive einschätzen. Aber ich glaube an gesellschaftliche Veränderung, und ich glaube daran, dass wir mit Spaß eine Menge erreichen können. Mit Lust, nicht mit Angst oder schlechtem Gewissen.
Also geht es mir nicht so sehr um die Kritik an den großen Konzernen, es geht mir um das, was jede*r, jeden Tag für sich selbst entscheiden kann.

Daher: Es gibt ihn noch, den geilen Scheiß. Geht hin, damit er nicht kaputt geht!

Das Jahr der Alternativen
26. Oktober 2018 Kommentare sind deaktiviert Leonie Dorn
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Supermarkt-Challenge: Streuobstwiese

P. Rieve & J. Bünnagel

Patrick Rieve & Julia Bünnagel, Mülheim Oktober 2018

Mülheim, Okt. 2018

Apfel-Hofverkauf, Mülheim, Oktober 2018

SupermarktChallenge Apfelverkauf 03

Goldparmäne, Mülheim, Oktober 2018

Meine Freunde Julia Bünnagel und Patrick Rieve machen nicht nur zeitgenössische Kunst, sondern zählen auch eine Streuobstwiese in der Eifel zu ihren Aufgabengebieten.

Erstmals (und zufällig während der Supermarkt-Challenge) haben sie zum Hofverkauf nach Mülheim geladen. Ein handgemaltes gelbes Schild auf dem Bürgersteig zeigt uns, wo es langgeht. Im Hof aufgebaut ein selbstgezimmerter Marktstand mit insgesamt 13 verschiedene Sorten Äpfel, Walnüsse, Apfelsaft und Quitten. Ich zähle 15 geduldig Wartende vor mir.

Wir bekommen ein Stückchen Blauacher Wädenswil gereicht. Ein älterer Herr verlangt einen Nussknacker um die Walnüsse probieren zu können und die Kundin neben mir packt ihre „gemischte Tüte“ zufrieden in den mitgebrachten Stoffbeutel.  Auf der Mauer am Rhein sitzen wir in der Sonne, blicken auf den niedrigen Wasserstand und essen hintereinander einen Gelben Edel, einen Blauen Kölner und eine Goldparmäne. Kleine, saftige und süße Äpfel, von denen jeder ein anderes Aussehen, eine andere Textur und ein ganz apartes Aroma hat.

 

26. Oktober 2018 Kommentare sind deaktiviert Karen Schewina
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Challenge-Donnerstag: Stadt-Land.Markt

Wie stellt man selbst einen Bauernmarkt auf die Beine? Das erfahren wir heute…

1 Eingang zum Stadt-Land.Markt

Eingang zum Stadt-Land.Markt

2 Stände Stadt-Land.Markt

3 Annika Kutschera - Simons Wild & Geflügel

Annika Kutschera – Simons Wild & Geflügel

Da ich selbst Mitglied in dem Verein bin, der seit August 2018 den Bauernmarkt „Stadt-Land.Markt“ in der Bonner Altstadt organisiert, war von Anfang an klar, dass ich ihn auch im Rahmen der Supermarkt Challenge besuche und vorstelle. Vielleicht animiert es ja den einen oder anderen von euch, etwas Ähnliches auf die Beine zu stellen. Vorwegnehmen kann ich schonmal, dass die ganze Geschichte natürlich mit einigem ehrenamtlichen Aufwand verbunden ist. Wenn man dann aber auf dem „Marktplatz“ herumsteht und ein schönes Gespräch nach dem nächsten hat, viele nette Leute trifft und ganz nebenbei noch tolle Lebensmittel aus der Region einkaufen kann, hat es sich doch schon gelohnt, finde ich.

 

Einen Markt organisieren

Wie es dazu gekommen ist, dass wir einen Verein gegründet haben, um einen Bauernmarkt in der Bonner Altstadt zu organisieren, habe ich in einem Beitrag auf meinem Blog gepostet: https://melaniekirkmechtel.de/ernaehrung/unser-bauernmarkt-fuer-die-bonner-altstadt
Damit dieser Bericht nicht wieder so lang wird wie der von gestern über den Unverpacktladen Freikost Deinet, möchte ich diesen Part gerne aussparen. Neben meinem Blogbeitrag vermittelt auch ein Artikel vom General-Anzeiger Bonn einen guten Eindruck vom Markt, zumindest zum Status Quo im August. Mittlerweile haben sich einige Dinge geändert und einige Hürden werden zu überwinden sein. Aber im Großen und Ganzen entwickelt sich alles sehr positiv. Trotzdem sind wir froh, dass in der kommenden Woche Allerheiligen auf den Donnerstag fällt, an dem eigentlich Markttag wäre. Denn so haben wir eine kleine Verschnaufpause, die wir dazu nutzen können, um die nächsten erforderlichen Schritte zu planen.

 

Die nächsten Schritte

Noch mehr Werbung gehört zum Beispiel zu den Dingen, die wir uns vom Stadt.Land.Markt. e.V. vorgenommen haben. In unserem Viertel, der Bonner Altstadt, machen Neuigkeiten zwar schnell die Runde. Trotzdem merken wir alle immer wieder, dass viele Menschen immer noch nichts vom Bauernmarkt mitbekommen haben. Dadurch, dass er auf dem Vorplatz der Marienkirche stattfindet, der ein wenig zurückgesetzt zur Straße liegt, nimmt man ihn beim Vorbeifahren – trotz des Werbebanners am Gemeindezentrum – nicht unbedingt wahr. Daher war ich gestern auch in der Mission unterwegs, alle Stände zu fotografieren und die Erzeuger zu interviewen. Daraus möchten wir dann Erzeuger-Porträts erstellen, die wir unter anderem nach und nach auf Facebook posten wollen.

 


Hürden und Hindernisse

Momentan haben wir das Problem, dass unserem Bio-Bäcker die Backstube genommen wurde. Das tolle Brot von der Bäckerei Sonnenkorn aus Bonn-Lengsdorf, das wir Vereinsmitglieder in den ersten Wochen in Eigenregie verkauft haben, gibt es daher leider nicht mehr. Die Nachfrage ist aber hoch und so muss schnellstmöglich eine Lösung her. Einen Lichtstreifen am Horizont gibt es aber, denn heute hat sich ein Marktbesucher vorgestellt, der selbst Naturkost-Fachverkäufer ist und einen Demeter-Bäcker als Freund hat, der auch einige Ökomärkte beliefert. Wir sind gespannt, was sich daraus entwickelt!

Eine weitere Hürde wird sein, dass der Turm von Sankt Marien Anfang nächsten Jahres saniert wird. So wird der Vorplatz für den Markt nicht mehr zur Verfügung stehen. Zum Glück gibt es – nicht zuletzt, weil die Kirchengemeinde einige weitere Standorte in der Nähe hat – bereits Vorschläge für Alternativen, die wir in den nächsten Wochen prüfen müssen. Kleinere Dinge, wie zum Beispiel einen neuen Baustromverteiler zu organisieren, hören sich vielleicht banal an, sind aber auch Arbeit, die keiner bezahlt. Ein gehöriges Maß an Idealismus gehört daher dazu, wenn man so einen Markt organisiert.

 


Was ist so schön am Stadt-Land.Markt?

Da ich gestern sowieso die Interviews mit „unseren“ Erzeugern geführt habe und ich der Meinung bin, dass deren Antworten genau dafür stehen, was diesen Markt ausmacht, möchte ich ein paar O-Töne zur Frage „Was ist so schön am Stadt-Land.Markt?“ aufschreiben:

Es ist ein ganz besonderes Klima. Vor allem mit den Kollegen von den anderen Marktständen und so, so kollegial. Die Kunden sind freundlich und es ist so eine nette Mischung aus „bewusst kaufen“ und „Qualität und Demeter wollen“ aber doch auch kleine Mängel akzeptieren, weil es natürliche Ware ist. Es ist von den Kunden und den Kollegen her sehr angenehm.“, sagt Eva-Maria Weber vom Breuner Hof in Lindlar.

„Ich finde toll, dass es hier alles gibt. Eier, Fleisch, Obst, Gemüse. Theoretisch auch Brot – nur gerade ist das ja ein bisschen schwierig. Auch Kaffee, Wein und Pizza, wenn man was essen will, nicht nur einkaufen. Man kommt mit allen super klar. Mit Kollegen, aber auch mit den Kunden. Die sind total lieb und richtig happy. Die bedanken sich jede Woche dafür, dass wir kommen.“, sagt Andrea Palm vom BioBauerPalm in Bornheim.

„Ich finde es sehr familiär irgendwie. Es ist so ein kleiner, familiärer Markt. Und rege Kundschaft gibt es, auch junge Leute mit Familie – das findet man heute auf den Wochenmärkten sonst auch nicht mehr so. Und was mir auffällt: Es gibt immer wieder Leute, die sagen, sie sind das erste Mal hier. Und jetzt muss sich die feste Kundschaft herauskristallisieren, sodass das alles zum Tragen kommt. Aber ich habe hier den Eindruck, wir sind auf einem superguten Weg.“, so Lothar Seifen vom Bauernhof Seifen aus Schürdt im Westerwald.

„Beim Stadt-Land.Markt gefällt mir auf jeden Fall die Uhrzeit. Ich finde das ganz klasse mit dem Abendmarkt. Ich bin ja sonst vormittags unterwegs. Da merkt man ganz deutlich, dass es eine andere Kundschaft ist. Und vor allem: Die Leute hier kommen mit Zeit, im Vergleich zu morgens. Hier kommen die Paare gemeinsam und entscheiden, was es abends zu essen gibt. Ich finde es richtig schön, dass hier die Kinder rumtoben und -spielen und alles gemeinsam stattfindet. Das alles finde ich richtig schön. Ich komme hier unheimlich gerne hin.“ – Annika Kutschera von Wild & Geflügel Simons aus Euskirchen.

„Es gefällt uns ausnehmend gut hier. Diese ganze Atmosphäre. Und die Kinder können alle mitkommen, ohne dass sich die Eltern Gedanken machen müssen. Wir haben ja jetzt auch Enkel, da gucken wir ja auch wieder durch ne andere Röhre.“, sagt Christine Kupka vom Ziegenhof Rech in Schalkenbach (Ahrtal). Und ihr Mann Hans ergänzt „Diese ausgesprochen freundliche Kundschaft!“, bevor er lautstark von einer Stammkundin unterbrochen wird, die sich sichtlich freut, dass das Ehepaar Kupka diesmal wieder zusammen vor Ort ist.

Alle Erzeuger sind sich einig in dem Wunsch, dass sich der Markt langfristig etabliert. Und das sind wir vom Stadt.Land.Markt e.V. natürlich auch! Ein paar Eindrücke und Infos gibt es auch auf https://www.facebook.com/stadtlandmarkt/

Das Jahr der Alternativen
25. Oktober 2018 Kommentare sind deaktiviert Leonie Dorn
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Supermarkt-Challenge: Das Fisch Paradies

SupermarktChallenge Dorade

Ein letztes Mal laufe ich die Hauptstraße hinunter. Vorbei am Bäcker und an der Kaffeerösterei, vorbei am alten Warenhaus, hinter dessen nun teilweise schon wieder sichtbaren Erdgeschoss sich das Kaufland, eine Woolworth-Filiale und ein gigantischer Drogeriemarkt im hellen Scheinwerferlicht auf die Eröffnung vorbereiten.

„Man muss kämpfen“, sagt der Fischhändler, „ist alles nicht mehr so leicht.“ Der junge Mann trägt einen dicken blauen Pullover und sieht ein wenig müde aus. Mit einer großen Metallschaufel läuft er nach hinten und kommt mit einer Ladung Eis wieder, die er sorgfältig auf den Makrelen verteilt. Der Laden ist zweckmäßig eingerichtet. Ein strahlend blauer Fußboden Kacheln mit einem Delfin-Motiv und ein Nazar-Amulett an der Wand. Es riecht angenehm nach Fisch, frisch, nicht alt. Ich betrachte die Sardinen vor mir, den Wolfsbarsch und die Doraden. Ganze Fische, noch nicht ausgenommen.

Im Fenster ein bisschen Pangasius-Filet, Lachs und Meeresfrüchte, aber der Fokus liegt eindeutig auf den ganzen Tieren, die in weißen Styroporkisten auf den Verkauf warten. Meerbarben, Seehecht, Forellen. In der Theke liegen Zettel mit den Bezeichnungen auf Türkisch und auf Deutsch. Auf den Sardellen steht außerdem „Alice“. Vermutlich der italienischen Kundschaft wegen, der Metzgerladen ist ja gegenüber.

Eine kleine Frau mit Kopftuch und einem langen engen Mantel betritt den Laden. Der Inhaber schaut mich fragend an. „Mach nur“, sage ich, „ich habe Zeit.“ Nach einem kurzen Beratungsgespräch auf Türkisch entscheidet sich die Frau für drei Wolfsbarsche. Der Verkäufer schuppt die Fische, ein irgendwie sprödes Geräusch. Als die Kundin gegangen ist, setzen wir unser Gespräch fort.

Seit zehn Jahren gibt es den Laden nun. Manchmal helfen seine Eltern hier aus. Die kamen 1978 von Istanbul nach Köln, der Vater als Türkisch-Lehrer. Und auch seine Mutter sei eine studierte Frau. „Die haben sich hier gewöhnt“, sagt er und schaut ein wenig abwesend auf die gerade ruhige Straße, „aber ganz ehrlich, du vermisst dein Land.“ 20 Prozent seiner Kunden seien türkisch, sagt er, der Rest gemischt – Deutsche, Italiener, Araber …

„Wie heißt du?“, frage ich.

„Orhan.“

„Nachname?“

„Lieber nicht.“

Er verrät noch, dass er 30 Jahre alt ist, ein Foto möchte er nicht machen. Auch nicht von seinen Händen, die einen Fisch halten. „Die Leute sind nicht mehr schnell“, sagt er und lenkt vom Thema ab, „hat sich viel verändert. Ich mag schnelle Geschäfte.“

„Was siehst du in mir?“, fragt er mich unvermittelt und ich weiß nicht direkt, was ich darauf antworten soll.

„Du scheinst mir jemand zu sein, der mehr erreichen will“, sage ich schließlich diplomatisch.

Die Antwort scheint ihm zu gefallen.
„Ja“, sagt er, „man muss kämpfen.“

Fisch Paradies
Rolshover Straße 3 /Di-Sa 9-19

25. Oktober 2018 Kommentare sind deaktiviert Leonie Dorn
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Challenge-Mittwoch: Unverpackt einkaufen

Gestern hat das EU-Parlament ein Gesetz zum Verbot von Einwegpastik auf den Weg gebracht. Wie gut, dass es schon längst Läden gibt, die Waren ohne (Plastik-)Verpackungen verkaufen. Melanie war gestern dort.

Emma vor dem Hinterausgang
Käse-Trio
Lose Ware

Für den Challenge-Mittwoch, Tag 6 des Selbstversuchs „Einkaufen ohne Supermarkt“, habe ich den Besuch beim Unverpackt-Laden Freikost Deinet eingeplant. Dafür habe ich wieder einmal früher Feierabend gemacht und bin zusammen mit meiner 18-jährigen Tochter Emma mit dem Bus nach Duisdorf gefahren, einem Stadtteil am entgegengesetzten Ende des Bonner Stadtgebiets. Obwohl ich das Konzept ziemlich gut finde und auch schon jede Menge Artikel über den Laden gelesen habe, war ich erst ein Mal dort. Und das auch nur zum Mittagessen im beruflichen Zusammenhang. Damals hatte ich jedoch nicht so richtig Gelegenheit, mich genauer umzuschauen, und das wollte ich unbedingt nachholen. Emma ist ebenfalls interessiert an alternativen und nachhaltigen Konsummöglichkeiten – das hat wohl ein wenig abgefärbt – und ich war froh, dass ich mal nicht alleine auf Einkaufstour gehen musste. Noch froher, als sich vor Ort herausstellte, dass ich nicht fotografieren durfte. Alleine wäre ich mir in dieser Situation etwas verloren vorgekommen. Zusammen haben wir dann aber alle Ecken des 90 Quadratmeter kleinen Ladens unter die Lupe genommen.

Besonders die Ecke mit den Spendern zum Selbstabfüllen hat mich interessiert. Während ich in den letzten Tagen Gemüse, Milchprodukte und Co. gekauft hatte, wollte ich doch mal schauen, was es an „trockenen“ Lebensmitteln zu kaufen gäbe, Mehl, Salz und Gewürze zum Beispiel. Erst sah es gar nicht nach viel aus, aber es gab jede Menge Getreide und Pseudogetreide, Trockenfrüchte, Nüsse, und verschiedene Nudeln – sogar aus Hülsenfrüchten, aus Emmer oder Dinkel. Außerdem Naschzeug wie Fruchtgummis, bunte Schokolinsen und schokolierte Nüsse und Trockenfrüchte.

Was ich nicht kapiert hatte und wegen meiner Abfuhr in Sachen Fotos mich nicht getraut habe zu fragen, habe ich nun im Nachgang auf der Deinet-Website nachgelesen; „Gerne mahlen oder schroten wir Ihnen unsere Getreidesorten frisch in unserer Mühle.“ Da wäre es gewesen, das Mehl aus heimischen Getreidesorten, wahlweise aus Weizen, Dinkel, Emmer, Gerste, Hafer oder Roggen. Aber die Chance hatte ich verpasst. Ich bin noch nicht mal darauf gekommen, dass ich das Getreide auch zu Hause hätte mahlen können. Denn dort steht, von einem Kunden leihweise zur Verfügung gestellt, eine Turbo-Küchenmaschine, die (fast) alles kann. So war ich aber in meinem Trott und habe nicht an die naheliegendste Lösung gedacht. Dabei habe ich, für den gerade erwähnten Kunden, sogar in einen Text geschrieben, dass selbst gemahlenes oder geschrotetes Getreide aromatischer sei und sich länger hielte. Tja, so ist das mit der Theorie und der Praxis…

Salz und Gewürze konnte ich mir leider auch nicht – wie man sich das romantisch denken könnte – mit einem kleinen Schäufelchen selber abfüllen. Für diese und weitere Dinge des regelmäßigen Bedarfs gibt es bei Freikost Deinet ausgewählte Produkte von Bio-Herstellern. Es irritiert schon ein wenig, dass der Laden auf den ersten Blick nicht viel anders aussieht als jeder andere kleine Bioladen. Beim zweiten Hinsehen ist es aber mehr als pragmatisch. Denn wer würde zum Beispiel blasse getrocknete Kräuter ohne Aroma kaufen wollen? Da nehme ich doch lieber abgepackte vom Bio-Kräuterspezialisten meines Vertrauens, zum Beispiel aus dem österreichischen Waldviertel.
Auch wenn man es anders erwartet – es macht schon Sinn, dass manches verpackt ist. „Verpackungsfreiheit hat ihre Grenzen und ist nicht für alle Produkte umsetzbar. Weil wir aber alle Nahrungsmittel des täglichen Bedarfs abdecken wollen, führen wir auch eine verpackte Produktpalette.“, so ist auf www.freikost.de nachzulesen. Wie gut, dass viele Bio-Unternehmen sowieso überwiegend auf Plastik und unnötige Umverpackungen verzichten.

Pragmatisch ist auch die Einstellung, dass es nicht darum geht, Supermärkte komplett zu ersetzen. Inhaber Tim Deinet sagte vor fünf Jahren in einem Interview auf Deutschlandfunk Nova „Hat ja niemand gesagt, dass der Supermarkt unverzichtbar ist. Was wir machen möchten ist, Hartplastikschalen für Tomaten vermeiden.“ Das ist jetzt, da ein willkürlich herausgepicktes Zitat, etwas zu kurz gegriffen, aber das macht die ganze Sache auch wieder glaubwürdig. Und wenn man sich ein wenig dafür interessiert, woher die Lebensmittel kommen, wird man hier auf jeden Fall den einen oder anderen Aha-Effekt erleben.

Viele der regionalen Lieferanten kenne ich zum Beispiel schon, weil ich in dieser Bonner Foodie-Szene unterwegs bin. So liegt hier Brot von Laib & Seele im Regal, das es auch – persönlich vom Bäcker oder seiner Frau – in meiner Marktschwärmerei gibt. Und über noch etwas freue ich mich sehr: In der Käsetheke mit wirklich tollem Angebot gibt es ein paar Spezialitäten von Haus Bollheim, einem Demeter-Hof in Zülpich. Den Käse habe ich bei verschiedenen Gelegenheiten probieren dürfen und fand ihn einfach toll, besonders den Bollheimer Pikantus, der ein wenig an Bergkäse erinnert – sehr lecker! Nur ist er nicht leicht zu bekommen. Nun kann ich ein großes Stück mit nach Hause nehmen. Dank der netten Beratung auch noch einen Comté und einen stark duftenden Brie, die ebenfalls sehr gut schmecken, wie wir zu Hause feststellen.

Mein Fazit
Eine gute Sache, der Freikost-Laden. Wegen der Entfernung aber für mich für den täglichen Einkauf nicht praktikabel. Wenn die Nudeln, die ich gekauft habe, lecker sind und ich regionales Getreide vermahlen wollte, würde ich wiederkommen. Für den Käse sowieso. Für den Rest schätze ich mich glücklich, dass mein Grüner Laden direkt um die Ecke ist. Das war einer der ältesten unabhängigen Bioläden in Bonn, der 2017 als Laden der DLS Mühlenbäckerei wiedereröffnet wurde. Das ist aber wieder eine andere Geschichte…

Mehr Informationen
Wer jetzt neugierig geworden ist, findet auf www.freikost.de weitere Informationen und zahlreiche Medienberichte über den Unverpacktladen Freikost Deinet. Unter www.freikost.de/freikost-partner-2/ werden die regionalen Lieferanten vorgestellt, außerdem die Transition-Town-Initiative Bonn im Wandel und die SoLaWi Bonn, die ich schon nach meiner Recherche am ersten Challenge-Tag genannt hatte.

Kleine Empfehlung zum Schluss:
Ich möchte allen, die sich für das Thema „Nachhaltiger Konsum“ in Bezug auf Lebensmittel interessieren, gerne noch das gleichnamige Themenportal auf der Website des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) ans Herz legen. Und das nicht nur, weil ich in diesem Bereich als freie Online-Redakteurin für das BZfE tätig bin. Sondern, weil es dort unabhängige und sachliche Informationen zum Beispiel zu alternativen Einkaufsorten, nachhaltigen Ernährungsinitiativen und zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen und Verpackungsmüll gibt. Ein Besuch auf www.bzfe.de/nachhaltiger-konsum lohnt sich auf jeden Fall!

 

Das Jahr der Alternativen
24. Oktober 2018 Kommentare sind deaktiviert Karen Schewina
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Supermarkt – Challenge: Kaffeerösterei Hans Hogrebe

Herrenespresso im Schaufenster der Rösterei Hogrebe, Kalk, April 2018

Die Kaffeerösterei zählt zu den ersten Eindrücken hier in Kalk. 2012, als noch überhaupt nicht abzusehen war, dass ich hier einmal wohnen und arbeiten würde. Bei einem Sonntagsspaziergang wagen wir uns damals in den wilden Osten und ich erinnere mich, dass ich überrascht war von der Hauptstraße, vom Kaufhof, von einer Kneipe bei der man Konserven der Gulaschsuppe aus der Puszta-Hütte am Neumarkt kaufen kann und eben von der alten Kaffeerösterei mit der kuriosen Auslage. Jetzt, sechs Jahre und drei Städte danach wohne ich um die Ecke, kaufe hier meine Fair Trade-Bio-Mischung und kann, wenn der Wind günstig steht, sogar schon an der Haustüre riechen, wenn gebrannt wird.
Am Mittwochnachmittag gehe ich wieder aus dem Haus, vorbei an den beiden Gaststätten, vor denen die ersten Senioren schon mit einem Kölsch vor sich in die Herbstsonne blinzeln, vorbei am Bücherschrank vor der Bäckerei und der immer gut besuchten Eisdiele. In der Kaffeerösterei wird gerade das Fenster neu dekoriert.

Ein wenig kahl sieht es aus und wird vermutlich schon bald für den Herbst oder Halloween hergerichtet. Die Verkäuferin unterhält sich mit einer Kundin und ich beschließe, vorher noch schnell bei der Bank Geld abzuheben. Auch vor dem Palmengrill stehen junge Männer draußen vor der Tür, rauchen eine Zigarette und machen verstohlen hinter dem Briefkasten ein Selfie. Fast so, als wäre Frühling.

Als ich zurückkomme, ist die Kundin immer noch da und ich bekomme noch den Schluss des Gesprächs mit, bei dem es um Gemüse geht. „Hier auf der Kalker Hauptstraße“, sagt die Verkäuferin, „da gibt es doch so viele Gemüsehändler mit solchen Auslagen.“ Ihre Hände zeigen die Breite des Angebots. „Da frage ich mich immer, wieviel da eigentlich weggeworfen wird.“ Das klingt ja schon nach Supermarkt-Challenge, denke ich mir und warte bis die Kundin ihren Stoffbeutel gepackt und den Laden verlassen hat.“

„Ich wollte mal fragen, ob Sie schon mit dem Chef sprechen konnten“, sage ich.
Die Verkäuferin guckt mich fragend an und es dauert einen Moment, bis sie mich zuordnen kann.
„Tja“, sagt sie, „er sagt, dass er so was grundsätzlich nicht macht.“
Irgendwie hatte ich diese Antwort schon erwartet.
„Schade“, sage ich.
„Ja“, sagt die Verkäuferin, „ich hätte mich gefreut.“
Wir verabschieden uns und ich verspreche, demnächst wieder als Kunde vorbei zu schauen.
Als ich später am Tag wieder vorbeilaufe, sehe ich den bärtigen Kaffeeröster bei der Arbeit und überlege für einen Moment, ob ich ihn ansprechen soll.
„Na“, denke ich, „wenn er nicht will, dann will er nicht. Es reicht, wenn die Leute da einkaufen gehen.“

Kaffeerösterei Hans Hogrebe
Kalker Hauptstraße 166 / Mo-Fr 9-16.30, Sa 9-16

24. Oktober 2018 Kommentare sind deaktiviert Karen Schewina
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Challenge-Dienstag: Solidarische Landwirtschaft

Solidarische Landwirtschaft muss nicht gleich „Solawi“ sein. Wie wäre es erstmal mit einem Besuch auf dem Hof und im Hofladen?

Fahrrad vor Hoftor

Fahrrad vor Hoftor

Gemüseauslage

Gemüseauslage

Conny vor dem Hofladen

Conny vor dem Hofladen

Einkaufen ohne Supermarkt, Tag 5: Besuch im Hofladen
Für gestern hatte ich mir einen Besuch im Hofladen Hartmann vorgenommen. Das hatte ich am Montag mit Conny kurz besprochen. Wer meinen Bericht vom Challenge-Montag gelesen hat, kennt Conny schon. Zusammen mit Katja Flohe von der Spezialitätenbäckerei Laib & Seele ist sie dort auf dem mittleren Foto zu sehen (links). Sie ist jede Woche mit allerlei Gemüse in der Marktschwärmerei Bonn Altstadt anzutreffen. Das Gemüse baut nicht sie selbst an, sondern ihr Lebensgefährte Helmut Hartmann zusammen mit seinem Vater Severin.

Die Anreise
Da ich freiberufliche Texterin und Redakteurin bin, kann ich mir die Zeit eigentlich frei einteilen. Trotzdem wurde es knapp, weil ich noch einen Artikel abgeben musste und ein paar Dinge mit Kunden abstimmen. So bin ich erst um 16:00 Uhr Richtung Stadtbahn geradelt, die Bonn mit Köln verbindet. Mein Fahrrad nehme ich mit in die Bahn.

Sobald man die Bonner Stadtgrenze hinter sich gelassen hat – und das geht schnell – sieht man rechts und links Felder und viele Bauernhöfe. In Bornheim, nicht nur zwischen Köln und Bonn, sondern auch zwischen dem Rhein und dem Vorgebirge gelegen, ist der Boden besonders gut. Im Stadtteil Roisdorf liegt übrigens der alte Centralmarkt, an den früher fast alle Erzeuger lieferten. Hier wurden die Produkte versteigert, wie ich während meines Studiums der Ernährungs- und Haushaltswissenschaft (Oecotrophologie) noch live erleben konnte. Heute hat dort eine bekannte Erzeugergenossenschaft ihren Sitz und vermarktet die landwirtschaftlichen Erzeugnisse im großen Stil. Aber weiter Richtung Bornheim-Sechtem, denn dort befindet sich der Hofladen Hartmann.

Nachdem ich in Bornheim-Merten ausgestiegen bin, schwinge ich mich auf mein Hollandrad. Zum Glück gibt es einen schönen breiten, separaten Fahrradweg am Rand der Felder. Das ist hier draußen nicht immer so. Diese kurze Tour macht aber Spaß und entspannt mich. Nach ein paar Minuten bin ich auch schon da.

Der Hof und der Hofladen
Conny und Hund Mila begrüßen mich, als ich durch die Einfahrt komme. Es ist einer von diesen kleinen, hutzeligen Höfen mitten im Dorf. Ich mag das sehr. Auch die eher unperfekte Dekoration mit Kürbissen, altem Gerät aus der Landwirtschaft und Holzkisten. Ich entdecke auch eine vom Centralmarkt.

Klein ist auch der Hofladen, in dem ich gleich ein bisschen herumfotografiere, während Conny Kaffee macht. Aber es ist alles da. Natürlich das eigene Gemüse. Dann noch Milchprodukte von einem Partnerbetrieb, Eingelegtes und Eingemachtes (Himbeeren in Rotwein!), Wein und Schnaps, natürlich Eier. Ingwer und Südfrüchte wie Bananen und Pressorangen würde man hier nicht vermuten. Sie sind zugekauft und vervollständigen das Sortiment. Genau wie die Schwarzwurzeln, die ich jetzt endlich mal kaufe. Die selbst anzubauen hat Helmut noch nicht geschafft. Kein Wunder, denn wen man bedenkt, dass er im Prinzip alleine auf dem Feld steht, unterstützt durch seinen Vater, ist es schon bewundernswert, wie viele verschiedene Gemüsearten und -sorten er anbaut, auch alte und ungewöhnliche. Und alles mit viel Liebe und Geduld, wie Conny mir verrät.

Während wir reden, kommt Helmut mit einem kleinen Lastwagen in den Hof gefahren. Kurze Zeit später hören wir ihn und seinen Vater am Traktor herumwerkeln. Der ist nämlich ausgefallen. Das hat bereits zwei Stunden des langen Arbeitstages gekostet. Muss er in die Werkstatt, sind das wieder Kosten, die vom Gewinn abgehen. A propos Gewinn: Vom Hofladen alleine könnte hier niemand leben. Das sagt mir Conny. Ich vermute es aber auch schon, denn außer mir ist kein Kunde in Sicht. Später kommen noch zwei. Am Vormittag sei hier mehr los gewesen, sagt Conny. Andererseits ist es auch gar nicht schlecht, dass zwischendurch mal Zeit ist. Denn es müssen zum Beispiel Fotos von den Produkten gemacht und mit einer netten Beschreibung in den Erzeugerbereich der Marktschwärmer-Website eingepflegt werden. An den Marktschwärmer-Tagen selbst packt Conny die Tüten für die Kunden und versieht sie mit Bestellnummern. Und zwar nicht nur für meine Schwärmerei, sondern gleichzeitig für eine in Köln, in der Helmut die Ware ausgibt. Es kommen Köche von weiter her, um sich mit dem tollen Gemüse einzudecken. Manchmal kommen auch Besuchergruppen und lassen sich die Felder zeigen. Bei einer dieser Gelegenheiten hat Conny meinen Bloggerkollegen Johannes kennengelernt. Insgesamt ist jeder Tag pickepackevoll mit Arbeit, Freizeit gibt es eigentlich nicht. Natürlich besteht die Hoffnung, dass sich das irgendwann mal ändert. Dafür entwickeln sich Conny und Helmut ständig weiter und erschließen neue Vertriebswege.

Mein Resümee
Ich könnte stundenlang im Hofladen stehenbleiben, denn Conny kann zu jedem Produkt eine Geschichte erzählen. Es dämmert aber schon, und ich möchte trotz des schönen Fahrradwegs langsam los. Denn wenn es hier dunkel wird, ist es richtig dunkel. In meinem Fahrradkorb stecken neben den Schwarzwurzeln noch ein Butternusskürbis, Kartoffeln, eingelegter Ziegenkäse und eine Flasche Rotwein.

Zweieinhalb Stunden war ich weg. Ein schöner Ausflug wieder mal, aber im normalen Alltag kaum einzubauen. Das ist wahrscheinlich auch bei vielen anderen Menschen so. Außerdem gibt es am Hof weder einen großen Parkplatz noch Mittagstisch und Kinderbelustigung. Trotzdem hat es sich gelohnt, dort gewesen zu sein. Bei meiner nächsten Bestellung beim Garten und Land Hofladen Hartmann weiß ich die Lebensmittel noch mehr zu schätzen.

Der Internetauftritt des Hofladens wird gerade überarbeitet, aber ein paar Infos gibt es auf der Website der Gemeinde Sechtem: www.sechtem.de/hofladen-hartmann

Das Jahr der Alternativen
23. Oktober 2018 Kommentare sind deaktiviert Leonie Dorn
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Supermarkt-Challenge: Metzgerei Guiseppe Iaia

SupermarktChallenge Metzgerei

Am Montagmittag mache ich mich wieder auf in die Rolshover Straße. Ab Ecke Hauptstraße versuche ich die Lage zu erkunden. Von hier sieht es immer so aus, als habe der Laden geschlossen. Ein paar junge Männer stehen vor der italienischen Bar auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Vor mir betritt ein Mann die Metzgerei. Ich folge ihm durch den vorderen Teil des Geschäfts, in dem man Pasta und Konserven kaufen kann. Die Kasse, die mich aufgrund ihrer geringen Höhe immer an einen Kaufmannsladen für Kinder erinnert, ist nicht besetzt. Aber hinter der Theke steht, in einem makellosen weißen Kittel, die mittelalte Dame, bei der ich sonst meine Wurst kaufe. Dann sehe ich den Chef. Er ist frisch rasiert und schaut mich fröhlich an.

„Da bin ich wieder“, sage ich und bemerke erst dann wieder den Mann neben mir.

„Entschuldigung, Sie waren zuerst dran.“

„Ich würde gerne …“, sagt der Mann.

Der Chef winkt ihn rüber zu seiner Mitarbeiterin. „Er will mich etwas fragen“, sagt er und zeigt auf mich.

„Da bin ich wieder“, sage ich noch einmal.
Ich bekomme erklärt, dass er seinen Bruder gefragt habe, dass das aber leider nicht gehe, wegen zu viel Stress und überhaupt zu viel.

„Zu viele Kunden?“, frage ich.

„Neinein“, sagt der Chef, „die Gesundheit.“

Obwohl ich innerlich schon auf eine Absage eingestellt bin, frage ich trotzdem.
„Aber ein bisschen schreiben, darf ich trotzdem?“

„Aber nicht, dass wir besser als andere …“
„Komm“, sagt er und ich folge ihm hinter die Theke, vorbei an der schmalen Wurstküche in ein winziges Büro. Der jüngere Mann von den letzten Besuchen wischt sich die Hand an der Schürze ab und begrüßt mich.
Ich setze mich auf einem hellbraunen Hocker neben dem überfüllten Schreibtisch. Überall Aktenordner, Papiere und ein bisschen Nippes. Ich fasse neuen Mut.

„Ich zeige Ihnen das mal auf dem Computer“, sage ich, klappe mein Notebook auf, vertippe mich erst einmal mit dem Passwort und öffne den aktuellen Beitrag mit Bäcker Schlechtrimen.

„Gut“, sagt Giuseppe Iaia, „das ist gut. Ein bisschen Werbung ist immer gut. Aber nicht sagen, dass wir besser sind als die anderen.“

„Nein, mache ich nicht“, verspreche ich ihm.

„Ich habe auch …“, sagt er, greift über mich hinweg in einen Schrank, in dem weitere weißen Schürzen liegen, und reicht mir eine Visitenkarte.
Ein grün umrandetes Foto zeigt ihn vor seiner Theke, ein Messer in der Hand, beim Schneiden von Rindfleisch.  67 Jahre ist er alt und seit 40 Jahren hier. „Immer hier“, sagt er und beschreibt mit einer Handbewegung vage Kalk und die nähere Umgebung. Aus Apulien stammt er, im Südosten Italiens. In Köln ist er gelandet, weil sein Vater hier in der Fabrik gearbeitet hat. Wieder die Handbewegung.

„Habe ich besucht, habe ein bisschen geguckt und dann bin ich geblieben und habe ein Geschäft aufgemacht.“

Ob der jüngere Mann sein Sohn sei, will ich wissen.

„Nein, das ist der andere. Diese hier ist … ein Freund.“
Aber auch sein Sohn arbeitet hier und der Bruder natürlich. Ein Familienunternehmen eben.

„Und ein Foto geht aber nicht?“, frage ich sicherheitshalber noch einmal, wo ich jetzt schon so weit gekommen bin.

„Ja, ja, doch, warum nicht?“

Und dann wird mir klar, dass es die ganze Zeit nur darum geht, dass sein Bruder nicht mit aufs Foto möchte oder kann.

„Haben Sie auch eine Internetadresse“, frage ich, „dann kann ich Ihnen den Beitrag schicken, wenn er fertig ist.“

„Nein, nein, habe ich nicht. Wenn die jungen Leute das wollen – warum nicht. Aber ich, nein.“

„Grazie“, sage ich und reiche ihm die Hand, „alla prossima.“

Ein Lächeln geht über sein Gesicht. „Alla prossima. Ciao.“

Metzgerei Guiseppe Iaia. Johann-Mayer-Straße 18 / Mo-Sa 8-18

23. Oktober 2018 Kommentare sind deaktiviert Leonie Dorn
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Challenge-Montag: Marktschwärmer

Online bestellen – auf dem Marktabholen. Melanie hat am Montag den Marktschärmern in Bonn einen Besuch abgestattet.

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Gestern war Marktschwärmer-Tag. Zumindest in „meiner“ Marktschwärmerei Bonn Altstadt. Die Abholtage legen die GastgeberInnen selbst fest. Dabei sind ideale Abholzeiten, wenn die meisten Menschen Feierabend haben. Bei mir ist das zwischen 17:30 und 19:00 Uhr. Für alle, die nicht wissen, wie so eine Marktschwärmerei funktioniert, schreibe ich das Wichtigste heute kurz zusammen.

Vorab noch kürzer ausgedrückt: Als Mitglied einer Marktschwärmerei kannst du regionale Produkte im Internet bestellen und zu einer festen Zeit an einem festen Ort abholen. Dabei triffst du deren Erzeuger persönlich, außerdem deine Gastgeberin oder deinen Gastgeber, die das Ganze organisieren und dir bei Fragen und Problemen weiterhelfen.

Auch wichtig: Es gibt weder einen Bestellzwang noch einen Mindestbestellwert. Was, wann, wie oft und wie viel du bestellst, bestimmst du selbst.

 

Das Prinzip Marktschwärmer

Da wir der Meinung sind, dass Lebensmittel viel zu schade sind, um durch Politik und Supermärkte verramscht zu werden, wollen wir unsere Produkte viel lieber direkt an die Kunden abgeben.“, so steht im Flyer von „Spicher’s Hof“ geschrieben. Und diese Einstellung dürften auch die anderen Erzeuger meiner Marktschwärmerei teilen. Um Landwirten und Lebensmittelhandwerkern eine Plattform für die Vermarktung ihrer Produkte zu geben und Verbrauchern einen direkten Weg zu guten Lebensmitteln aus der Region zu ermöglichen, wurde 2010 in Frankreich La Ruche qui dit Oui! („Der Bienenkorb, der Ja sagt“) gegründet und ab 2014 durch nationale Netzwerke in anderen europäischen Ländern erweitert.

Marktschwärmer ist ein selbständiger Teil dieses europäischen Netzwerks in Deutschland und wird von Berlin aus betreut. Anfang 2018 gab es 45 aktive Schwärmereien in zehn Bundesländern, die von ca. 750 Erzeugern beliefert werden. 60 weitere Schwärmereien sind im derzeit im Aufbau. In Frankreich sind es übrigens ungefähr 500(!) Gruppen. Die Gastgeber/innen der Marktschwärmereien nutzen die digitale Plattform mit dem Bestell- und Bezahlsystem und werden bei der Werbung unterstützt. Dafür geben sie 10 Prozent ihres Umsatzes an Marktschwärmer ab. Die Gastgeber/innen selbst erhalten 8,35 Prozent des Umsatzes für ihren Einsatz. Der Rest geht an die Erzeuger.

 

Zahlen und Fakten zur Schwärmerei Bonn Altstadt

Aktuell sind 1.128 Mitglieder in der Schwärmerei Bonn Altstadt registriert. Jede Woche gibt es im Schnitt ca. 60 Kunden. Darunter sind zwar viele Stammkunden, aber zum Teil wechselt die Kundschaft auch von Woche zu Woche, wie mir meine Gastgeberin Zoe verraten hat. Erzeuger sind zurzeit um die 20 dabei. Nicht alle können aber jedes Mal vor Ort sein. Wird eine bestimmte Mindestbestellsumme nicht erreicht, können sich die Erzeuger außerdem von Woche zu Woche selbst entscheiden, ob sich der Verkauf für sie lohnt.

Heute habe ich diese Anbieter im Quartiersbüro meines Wohnviertels getroffen:

– Den Obsthof Rönn mit leckerem Apfelsaft im 5-Liter-Schlauch und vielen tollen Apfelsorten sowie Birnen und Kürbissen.

– Malte Hövel vom Breuner Hof mit seinem Demeter-Gemüse und Eiern.

– Thomas Kremer mit selbst gebrautem Craft Bier namens „Toms Hütte“ in zwei Sorten.

– Katja Flohe von der Spezialitätenbäckerei Laib & Seele

– Cornelia Schröder (Conny) mit allerlei wunderbaren Produkten vom Garten und Land Hofladen Hartmann.

Außerdem gibt es in der Marktschwärmerei Bonn Altstadt Käse aus Kuh- und Ziegenmilch, Fleisch und Wurst vom Rind, Schwein, Lamm und Kaninchen, Kaffee aus einer kleinen Rösterei, Kräuter und Gewürze, Backmischungen für Brot und vieles andere mehr. Handgemachte Köstlichkeiten wie Müsli, Schokolade, Dattelkonfekt, süße und herzhafte Brotaufstriche, sensationelle Walnusstörtchen, Senf und Wein ergänzen das Sortiment. Die Aufzählung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, zeigt aber eines ganz gut: Mit den Produkten aus der Marktschwärmerei kann ich eigentlich schon ganz gut durch die Woche kommen. Und das alles von Erzeugern, denen ich vertraue, ohne (Einweg-)Verpackungen und wegen der Vorbestellung frisch vom Feld.

So begeistert wie ich sind aber nicht alle Menschen.

 

Kritik an den Marktschwärmereien

Ein Kritikpunkt ist zum Beispiel das enge Zeitfenster für die Abholung. Man will doch spontan und flexibel sein beim Einkauf. Manchmal ist es die Internetplattform generell, häufiger jedoch die Online-Bezahlung, die abschreckt. Dabei sind mehrere Methoden möglich, darunter auch Paypal.

Kritik gab es in Frankreich vor allem vonseiten der SoLaWi-Anhänger, die das Konzept mit seiner Gewinnorientierung als direkte Konkurrenz zur eigenen, gemeinnützigen Wirtschaftsweise sehen. Tatsache ist aber auch, dass viele Verbraucher zwar saisonale Produkte aus der Region schätzen, jedoch meist weder Zeit noch Lust haben, sich in einer Solidarischen Landwirtschaft oder in anderen Ernährungsprojekten zu engagieren. Zoe weiß, dass es diese Kritik auch bei uns gibt. Mittlerweile wird aber eher das Ergänzende als das Trennende gesehen: „Ich habe KundInnen, die ihr Gemüse über die SoLaWi beziehen und andere Lebensmittel wie Brot, Eier, Fleisch und Wein bei mir. Ist doch toll, dass sich das ergänzt und diese Leute damit schon zum größten Teil regional einkaufen.“, so Zoe.

Das kann ich auf jeden Fall unterstreichen. Daher möchte ich jedem, der eine Schwärmerei in der Nachbarschaft hat, nur empfehlen, es einfach mal auszuprobieren. Null Risiko. Und nette Kontakte gibt es gratis dazu – versprochen!

 


 

Infos zur Marktschwärmerei Bonn Altstadt mit vielen lebendigen Einblicken gibt es auf der Facebook-Seite.

 

Auf der Marktschwärmer-Website könnt Ihr außerdem noch einmal genau nachschauen, wer gestern alles mit welchen Produkten bei meiner Schwärmerei dabei war: https://marktschwaermer.de/de/assemblies/9473

 

Wenn ihr noch mehr Infos braucht und wissen wollt, ob es schon eine Marktschwärmerei in eurer Nähe gibt, geht einfach über die Startseite www.marktschwaermer.de. Vielleicht möchtet ihr sogar selber eine gründen?