Challenge-Mittwoch: Unverpackt einkaufen

Gestern hat das EU-Parlament ein Gesetz zum Verbot von Einwegpastik auf den Weg gebracht. Wie gut, dass es schon längst Läden gibt, die Waren ohne (Plastik-)Verpackungen verkaufen. Melanie war gestern dort.

Emma vor dem Hinterausgang
Käse-Trio
Lose Ware

Für den Challenge-Mittwoch, Tag 6 des Selbstversuchs „Einkaufen ohne Supermarkt“, habe ich den Besuch beim Unverpackt-Laden Freikost Deinet eingeplant. Dafür habe ich wieder einmal früher Feierabend gemacht und bin zusammen mit meiner 18-jährigen Tochter Emma mit dem Bus nach Duisdorf gefahren, einem Stadtteil am entgegengesetzten Ende des Bonner Stadtgebiets. Obwohl ich das Konzept ziemlich gut finde und auch schon jede Menge Artikel über den Laden gelesen habe, war ich erst ein Mal dort. Und das auch nur zum Mittagessen im beruflichen Zusammenhang. Damals hatte ich jedoch nicht so richtig Gelegenheit, mich genauer umzuschauen, und das wollte ich unbedingt nachholen. Emma ist ebenfalls interessiert an alternativen und nachhaltigen Konsummöglichkeiten – das hat wohl ein wenig abgefärbt – und ich war froh, dass ich mal nicht alleine auf Einkaufstour gehen musste. Noch froher, als sich vor Ort herausstellte, dass ich nicht fotografieren durfte. Alleine wäre ich mir in dieser Situation etwas verloren vorgekommen. Zusammen haben wir dann aber alle Ecken des 90 Quadratmeter kleinen Ladens unter die Lupe genommen.

Besonders die Ecke mit den Spendern zum Selbstabfüllen hat mich interessiert. Während ich in den letzten Tagen Gemüse, Milchprodukte und Co. gekauft hatte, wollte ich doch mal schauen, was es an „trockenen“ Lebensmitteln zu kaufen gäbe, Mehl, Salz und Gewürze zum Beispiel. Erst sah es gar nicht nach viel aus, aber es gab jede Menge Getreide und Pseudogetreide, Trockenfrüchte, Nüsse, und verschiedene Nudeln – sogar aus Hülsenfrüchten, aus Emmer oder Dinkel. Außerdem Naschzeug wie Fruchtgummis, bunte Schokolinsen und schokolierte Nüsse und Trockenfrüchte.

Was ich nicht kapiert hatte und wegen meiner Abfuhr in Sachen Fotos mich nicht getraut habe zu fragen, habe ich nun im Nachgang auf der Deinet-Website nachgelesen; „Gerne mahlen oder schroten wir Ihnen unsere Getreidesorten frisch in unserer Mühle.“ Da wäre es gewesen, das Mehl aus heimischen Getreidesorten, wahlweise aus Weizen, Dinkel, Emmer, Gerste, Hafer oder Roggen. Aber die Chance hatte ich verpasst. Ich bin noch nicht mal darauf gekommen, dass ich das Getreide auch zu Hause hätte mahlen können. Denn dort steht, von einem Kunden leihweise zur Verfügung gestellt, eine Turbo-Küchenmaschine, die (fast) alles kann. So war ich aber in meinem Trott und habe nicht an die naheliegendste Lösung gedacht. Dabei habe ich, für den gerade erwähnten Kunden, sogar in einen Text geschrieben, dass selbst gemahlenes oder geschrotetes Getreide aromatischer sei und sich länger hielte. Tja, so ist das mit der Theorie und der Praxis…

Salz und Gewürze konnte ich mir leider auch nicht – wie man sich das romantisch denken könnte – mit einem kleinen Schäufelchen selber abfüllen. Für diese und weitere Dinge des regelmäßigen Bedarfs gibt es bei Freikost Deinet ausgewählte Produkte von Bio-Herstellern. Es irritiert schon ein wenig, dass der Laden auf den ersten Blick nicht viel anders aussieht als jeder andere kleine Bioladen. Beim zweiten Hinsehen ist es aber mehr als pragmatisch. Denn wer würde zum Beispiel blasse getrocknete Kräuter ohne Aroma kaufen wollen? Da nehme ich doch lieber abgepackte vom Bio-Kräuterspezialisten meines Vertrauens, zum Beispiel aus dem österreichischen Waldviertel.
Auch wenn man es anders erwartet – es macht schon Sinn, dass manches verpackt ist. „Verpackungsfreiheit hat ihre Grenzen und ist nicht für alle Produkte umsetzbar. Weil wir aber alle Nahrungsmittel des täglichen Bedarfs abdecken wollen, führen wir auch eine verpackte Produktpalette.“, so ist auf www.freikost.de nachzulesen. Wie gut, dass viele Bio-Unternehmen sowieso überwiegend auf Plastik und unnötige Umverpackungen verzichten.

Pragmatisch ist auch die Einstellung, dass es nicht darum geht, Supermärkte komplett zu ersetzen. Inhaber Tim Deinet sagte vor fünf Jahren in einem Interview auf Deutschlandfunk Nova „Hat ja niemand gesagt, dass der Supermarkt unverzichtbar ist. Was wir machen möchten ist, Hartplastikschalen für Tomaten vermeiden.“ Das ist jetzt, da ein willkürlich herausgepicktes Zitat, etwas zu kurz gegriffen, aber das macht die ganze Sache auch wieder glaubwürdig. Und wenn man sich ein wenig dafür interessiert, woher die Lebensmittel kommen, wird man hier auf jeden Fall den einen oder anderen Aha-Effekt erleben.

Viele der regionalen Lieferanten kenne ich zum Beispiel schon, weil ich in dieser Bonner Foodie-Szene unterwegs bin. So liegt hier Brot von Laib & Seele im Regal, das es auch – persönlich vom Bäcker oder seiner Frau – in meiner Marktschwärmerei gibt. Und über noch etwas freue ich mich sehr: In der Käsetheke mit wirklich tollem Angebot gibt es ein paar Spezialitäten von Haus Bollheim, einem Demeter-Hof in Zülpich. Den Käse habe ich bei verschiedenen Gelegenheiten probieren dürfen und fand ihn einfach toll, besonders den Bollheimer Pikantus, der ein wenig an Bergkäse erinnert – sehr lecker! Nur ist er nicht leicht zu bekommen. Nun kann ich ein großes Stück mit nach Hause nehmen. Dank der netten Beratung auch noch einen Comté und einen stark duftenden Brie, die ebenfalls sehr gut schmecken, wie wir zu Hause feststellen.

Mein Fazit
Eine gute Sache, der Freikost-Laden. Wegen der Entfernung aber für mich für den täglichen Einkauf nicht praktikabel. Wenn die Nudeln, die ich gekauft habe, lecker sind und ich regionales Getreide vermahlen wollte, würde ich wiederkommen. Für den Käse sowieso. Für den Rest schätze ich mich glücklich, dass mein Grüner Laden direkt um die Ecke ist. Das war einer der ältesten unabhängigen Bioläden in Bonn, der 2017 als Laden der DLS Mühlenbäckerei wiedereröffnet wurde. Das ist aber wieder eine andere Geschichte…

Mehr Informationen
Wer jetzt neugierig geworden ist, findet auf www.freikost.de weitere Informationen und zahlreiche Medienberichte über den Unverpacktladen Freikost Deinet. Unter www.freikost.de/freikost-partner-2/ werden die regionalen Lieferanten vorgestellt, außerdem die Transition-Town-Initiative Bonn im Wandel und die SoLaWi Bonn, die ich schon nach meiner Recherche am ersten Challenge-Tag genannt hatte.

Kleine Empfehlung zum Schluss:
Ich möchte allen, die sich für das Thema „Nachhaltiger Konsum“ in Bezug auf Lebensmittel interessieren, gerne noch das gleichnamige Themenportal auf der Website des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) ans Herz legen. Und das nicht nur, weil ich in diesem Bereich als freie Online-Redakteurin für das BZfE tätig bin. Sondern, weil es dort unabhängige und sachliche Informationen zum Beispiel zu alternativen Einkaufsorten, nachhaltigen Ernährungsinitiativen und zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen und Verpackungsmüll gibt. Ein Besuch auf www.bzfe.de/nachhaltiger-konsum lohnt sich auf jeden Fall!

 

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Leonie Dorn

Vergisst beim Anblick von Klatschmohn all ihre Sorgen und trauert Jon Stewart immer noch nach.

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