FAQ zu Gesprächen auf dem Hof

Im Folgenden haben wir einige Fragen oder Aussagen zusammengestellt, die uns bei Gesprächen mit Bäuerinnen und Bauern begegnet sind. Um nicht in Bedrängnis zu kommen und das Gespräch sachlich und konstruktiv zu halten gibt es hier aufbauende Antworten dazu. Quasi dein persönlicher Crash-Kurs für Bauerngespräche!

 

Wie finde ich denn überhaupt einen Bauern?

Möglichkeiten gibt es viele. Auf dem Wochenmarkt, im Hofladen, oder einfach beim Nachbarhof. Wer spontan keine Zeit hat ist bestimmt bereit einen Termin mit dir auszumachen. Manchmal ist es auch schlau, vorher anzurufen ;).

 

Wenn dir bei dir in der Umgebung nichts passendes einfällt hilft auch ein Blick ins Internet. Kleiner Geheimtipp ist “woofen” (World Wide Opportunities on Organic Farms). Im Verzeichnis des Vereins lassen sich unzählige Bio-Höfe finden. Wer etwas mehr Zeit hat könnte ja sogar mal für eine Weile mitarbeiten und ‘wwoofen’ gehen.

 

Eine gute Adresse sind auch die Marktschwärmer. Wenn du dort bereits aktiv bist ist das natürlich besonders praktisch. Ansonsten ist dies ja vielleicht die Gelegenheit das Ganze auszuprobieren.
Ähnlich verhält es sich mit Gemüseboxen. Fragt doch einfach mal bei eurem Anbieter nach, sofern ihr eine Abonniert habt, vielleicht könnt ihr ja einen der beliefernden Höfe besuchen.

 

Bio ist auch nicht das einzig Wahre. Stichwort Kupfer…

Stimmt! Bio verzichtet auf synthetische Pesizide, aber der Einsatz von Kupfer als Fungizid im Obst- und Weinbanau und auch in den Ökokartoffeln belastet die Regenwürmer stark (Allerdings spritzten früher konventionelle Betriebe bis zu 60 Kilo Kupfer pro Hektar, heute ist den Bios maximal 3 Kilo im Obst-, Wein- und Kartoffelanbau erlaubt, 4 Kilo beim Hopfen). Auch hier hilft der Einsatz gesunder Sorten weiter. Aber rosarotes Bauernhof-Bilderbuch ist Bio auch nicht. Dieses Bild passt eigentlich nie zu der tatsächlichen Landwirtschaft.

 

Ein eigenes Thema ist allerdings auch, dass Bio inzwischen wie der konventionelle Bereich unter hartem Preisdruck arbeitet. Das Preisniveau ist höher, aber gerade die großen Abnehmer (einmal mehr: Aldi, Lidl, Edeka und Rewe, aber auch Rossmann und dm etc.) zahlen so wenig es geht und tragen dazu bei, dass auch die Bioflächen immer größer werden. Für die Erhaltung der Artenvielfalt gelten leider inzwischen im Biosektor in mehreren Fragen die selben Probleme wie für die konventionellen Betriebe: Auch “die Bios” wirtschaften durchschnittlich auf immer größeren Schlägen. Auch “die Bios” sehen immer seltener Spielraum für Feldgehölze und Blühstreifen mitten in den Feldern. Dabei sind letztere zum Beispiel besonders wertvoll für bodenbrütende Vögel. Auch “die Bios” reinigen inzwischen ihr Saatgut so perfekt, dass kaum eine Chance bleibt für wertvolle pflanzliche “Trittbrettfahrer”. Auch “die Bios” zerschneiden mit ihren wachsenden Flächen Biotopverbünde…
Umso wichtiger ist es, Höfen Perspektiven jenseits der Billig-Konzerne zu geben: SoLaWi, Direktvermarktung usw.

 

Also sollen die Schädlinge dann einfach freie Bahn haben?

Nein. Das wäre für jeden einzelnen Bauernhof eine ökonomische Katastrophe und für die Weltgemeinschaft auch: Wir würden in großen Mengen Lebensmittel importieren, die anderswo unter wahrscheinlich nicht besseren Bedingungen produziert werden.

 

Andererseits ist das Artensterben eine echte Gefahr für unser aller Zukunft. Viele gesundheitliche Folgen der Pestizide werden aktuell noch erforscht (z.B. gibt es immer mehr Erkenntnisse darüber, dass einige Gifte auch in ganz kleiner Dosierung auf den menschlichen Organismus wirken, teilweise ähnlich wie Hormone.) Wir brauchen deshalb eine gesellschaftliche Auseinandersetzung über die Landwirtschaft der Zukunft. Und weniger Pestizide anstatt mehr. Es geht darum, anders an das Landwirtschaften heran zu gehen. Da ist die Natur die wichtigste Verbündete: Es gibt Nützlinge, die viel mehr können, als sie in den letzten Jahrzehnten durften. Die Sortenauswahl (und Züchtung) muss viel mehr nach Pflanzengesundheit und nicht in erster Linie nach Ertrag erfolgen. Den Böden gehört viel mehr Aufmerksamkeit! Gesunde Böden mit einer lebendigen Humusschicht bringen gesunde Pflanzen hervor, was viele Fungizide ebenso wie viele Insektizide überflüssig machen kann. Und es braucht einen gemeinsamen Streit für faire Preise.

 

Mir zahlt aber keiner, wenn ich mehr Zeit und Personal bei mechanischer Bekämpfung brauche, wenn die Erträge sinken oder mein Risiko steigt! Wie soll das denn gehen?

Die Gemeinsame Agrarpolitik GAP der Europäischen Union ist eine Chance, kleinere Betriebe stärker zu unterstützen und Naturschutzleistungen gebührend zu entlohnen. Jahr für Jahr fließen Milliarden in die Landwirtschaft. Der richtige Zeitpunkt ist gekommen, Lobbyist*innen in die Schranken zu weisen. Diverse Umfragen haben gezeigt, was die EU-Bürger*innen wirklich wollen: Die Unterstützung bäuerlicher Landwirtschaft und naturfreundlichem Handelns.

 

Natürlich sind auch Verbraucher*innen in der Pflicht. Sie müssen Direktvermarktung und Alternativen wie Solawis und Bauernmärkte unterstützen. Einkauf ohne Supermärkte ist möglich und gewinnt auch Anhänger*innen (siehe “Jahr der Alternativen” von Aktion Agrar).

 

Ebenfalls ist es wichtig, in den Austausch zu kommen. Nur so kann Verständnis und Zusammenhalt nachhaltig gefördert werden.Verstehen macht unterstützen und gemeinsamen Widerstand gegen Chemiekonzerne und höchst fragwürdige Politik möglich.

 

Chemische Bekämpfung ist aber sicherer als mechanische Bearbeitung und manchmal ist der Maschineneinsatz nicht möglich.

Das stimmt zum einen: So geht zum Beispiel die Fahrt mit der Spritze über den Acker geht schneller als wenn der Traktor die Hacke zieht. Und nach Aushacken von Wildkräutern darf es mehrere Stunden nicht regnen, sonst wachsen die unerwünschten Pflanzen wieder an.Allerdings stellen auch immer mehr Betriebe fest, dass Resistenzen z.B. beim Ackerfuchsschwanz die Vorteile der Spritze beenden.

 

Außerdem berichten Praktiker, dass die mechanische Bekämpfung z.B. des Maiszünslers sehr gut funktioniert, wenn die Maisstoppeln konsequent zerschlagen und untergezogen werden.Denn dem Vorteil der chemischen Behandlung stehen hohe ökologische Folgekosten entgegen. Um der Artenvielfalt willen müssen wir Handeln bevor es zu spät ist. Wir müssen Bäuerinnen und Bauern für die Mehrarbeit und die Entschleunigung bezahlen, sonst wird es nicht gehen.

 

Ihr habt doch gar keine Ahnung.

Wir haben weder Landwirtschaft noch Chemie studiert. Aber wir sind neugierig und sicher, dass wir wichtige Fragen haben.
Wir suchen das Gespräch, um zusätzliche Eindrücke zu gewinnen und Zusammenhänge besser zu verstehen. Das tut gut. Und wir glauben, dass es auch für Bäuerinnen und Bauern wichtig ist, nach den Hintergründen für ihre bisherige Pflanzenschutz-Strategie gefragt zu werden. Und danach, was sie bräuchten, um künftig wirklich der Artenvielfalt Vorrang zu gewähren und ihre Böden sowie das Grundwasser explizit zu schützen.Letztlich haben wir nur gemeinsam eine Chance! Wie es einst der Zukunftsforscher Robert Jungk so schön ausdrückte: Wir müssen viel Geduld haben und zugleich große Ungeduld, weil die Zeit abläuft, weil die Folgen unser aller Zukunft bedrohen.

 

Schuld sind die Kundinnen und Kunden: Sie kaufen doch in Supermärkten und Discountern die billigsten Produkte.

Ja, das kann wirklich frustrieren. Unsere Strategie: Wir müssen gemeinsam für Wertschätzung von Nahrungsmitteln kämpfen. Und gegen den Billig-Einkauf.Wir engagieren uns, um Alternativen bekannter zu machen und zu stärken.Dabei ist uns klar, dass es mit dem privaten Einkauf nicht getan ist. Die Supermärkte investieren Millionen, um Werbung für ihre Billigangebote zu machen. Sie erziehen damit die Verbraucher*innen auf “Geiz ist geil”. Und die Politik fördert nicht nur ungerührt weiter eine Agrarpolitik (auch die der EU), die auf billige Massenware setzt. Sie macht auch bei ihrer Sozialpolitik zu billige Lebensmittel zur Grundlage für den “Einkaufskorb” der Hartz IV-Empfänger*innen.

 

Oh ja, es gibt viel zu tun. Die Erfahrung zeigt allerdings auch, dass Verbote z.B. bestimmter Proudktionsverfahren helfen, die Chancen von allen Erzeuger*innen vergleichbarer zu machen.

 

Wir verlieren jedes Jahr wichtige Pestizide….

Ja. Die Zulassungsverfahren werden strenger und etliche Mittel verlieren bei Anträgen auf verlängerte Zulassung ihren Status. Für die Umwelt sind die strengeren Regeln eine gute Nachricht.Das macht es umso wichtiger, die Alternativen jetzt schon zu praktizieren und perfektionieren. Neben neuen Praktiken auf dem Feld ist es auch wichtig/sinnvoll, sich bereits jetzt durch den Aufbau oder die Beteiligung an einem Direktvermarktungsnetz oder sogar einer Solawi abzusichern. Wenn man treue Stammkunden hat, lassen sich Preisdrücker wie Lidl und Aldi vermeiden.Auch die Beratung der Landwirtschaftskammern nimmt immer mehr Alternativen in den Fokus.

 

Eure Verbote und Gesetze zerstören vor allem die kleinen Bauernhöfe!

Leider ist das oftmals der Fall. Das ist natürlich nicht das Ziel ‘unserer Gesetzte’. Wir wünschen uns eine bäuerliche Landwirtschaft die mit und für die Umwelt arbeitet. Da sind kleine Höfe ein zentrales Element. Somit ist es umso wichtiger, gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern daran zu arbeiten, die nötige Umstellung zu finanzieren. Siehe auch die EU-Agrarpolitik GAP: das Geld ist da, es muss aber vorrangig mehr Umweltschutz fördern und es muss zuerst um die kleineren Betriebe gehen.

 

Die Pestizide sind überhaupt nicht Schuld an dem Artensterben, noch nicht einmal die Landwirtschaft!

Doch, die Landwirtschaft trägt einen relevanten Teil der Verantwortung. Der Pestizideinsatz trifft immer auch sogenannte Nichtzielorganismen. Herbizide nehmen wichtige Nahrungspflanzen aus der Nahrungskette, Insektizide töten Nahrungsinsekten für Vögel – oder machen aus ihnen eine riskante Speise voller Schadstoffe. Außerdem verändert die intensive Bewirtschaftung die Lebensräume für Tiere und Pflanzen massiv. Die Flächen werden seit Jahren bundesweit immer größer – und zwischen ihnen gibt es immer weniger Hecken, Feldgehölze und andere wertvolle Biotope. Weil im Preiskampf jeder Quadratmeter zählt, wird oft zu nah an Gewässer gepflügt und gedüngt oder gespritzt.

 

Dazu kommen die Folgen der intensiven Tierhaltung: In den Tierhaltungsregionen sind die Flächen überdüngt, es verschwinden Biotope und Arten, die nährstoffarme Böden brauchen. Im Zuge zu großer Güllevorräte werden Nährstoffe durch intensives Mähen wieder von den Flächen geholt. Damit kommen aber viele Pflanzen des Grünlandes gar nicht mehr zur Blüte und zum Arterhalt.

 

Schließlich ist aber auch zu sagen, dass es nicht die Landwirtschaft allein ist: Unsere Gesellschaft lässt derzeit täglich rund 60 Hektar Ackerfläche für immer (oder zumindest für sehr, sehr lange) unter Beton und Asphalt verschwinden. Das ist zugleich wie ein Turbo für die weitere Intensivierung der Landwirtschaft. Nachweislich bedeutet auch “Lichtverschmutzung” eine große Bedrohung für Insekten und Co. Starke Lampen bringen sehr viele Insekten vom Kurs ab und lassen sie entkräftet vorzeitig sterben.

 

 

Gespräche sind wohl mit das wichtigste, um eine gemeinsame Agrarwende im Sinne Aller zu schaffen. Kommunikation lohnt sich immer und vielleicht gehst du sogar mit einer neuen Freundschaft nach Hause.

Wir wünschen viel Spaß und einen regen Austausch!