Zoff um „Bauernregeln“

++ Breaking news ++ Umweltministerium stoppt Bauernregel-Kampagne am 9. Februar aufgrund massiver Proteste ++ Bedarf weitgehender Veränderungen ändert sich dadurch nicht. ++

 

Berlin und Verden, 8. Februar: Bundesumweltministerin Barbara Hendricks kündigte Anfang Februar an, „neue Bauernregeln“ plakatieren zu lassen. Reime wie „Gibt’s nur Mais auf weiter Flur, fehlt vom Hamster jede Spur“ sollten in mehr als 70 Städten auf Plakaten zu sehen sein. Bauernverbandspräsident Röring, und Hendricks Kollege aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt warfen Hendricks vor, sie diffamiere einen kompletten Berufszweig und riefen sie gar zum Rücktritt auf. Die Beiden gefallen sich als Verteidiger von Bauerninteressen.

Vielleicht hat ihnen die Umweltministerin einen Gefallen getan mit den ziemlich platten Reimchen. Denn die beiden agrarindustriefreundlichen Männer setzen auf den Frust vieler Bäuerinnen und Bauern, die sich schon oft stark vereinfachter und verallgemeinernder Kritik ausgesetzt sahen. Sie setzen jetzt darauf, dass die eigentliche Auseinandersetzung dahinter in Vergessenheit gerät:

Nämlich die um die Frage, wie wirksam die Überdüngung gestoppt werden kann und wie eine flächengebundene Tierhaltung zu erreichen ist. Schon seit 2014 streiten sich das Umwelt- und Agrarressort bei der Neuverhandlung der Düngeverordnung und des daran gebunden Düngegesetzes. Die Abstimmungen im Bundestag dazu wurden schon vielmals verschoben, so auch kürzlich wieder von Ende Januar auf Mitte Februar. Ende März muss der Bundesrat noch über die geplante Neuregelung des Ausbringens von Gülle und anderen Düngemitteln abstimmen.

Dabei ist die Lage ernst und es geht um viel. Weil Deutschland in vielen Regionen mit seiner Nährstoff-Überdosis für den Boden die Wasserrahmenrichtlinie der EU verlässt, hat Brüssel Ende 2016 Klage gegen die Bundesregierung eingereicht. Die Hälfte der Grundwassermessstellen in Deutschland sind bereits nitratverseucht.

Aktion Agrar forderte in seiner ersten Kampagne strenge Obergrenzen zur Gülleausbringung und eine Wiedereinführung der Hoftorbilanz, die 2006 abgeschafft wurde, damit Transparenz über die Nährstoffkreisläufe der Betriebe möglich wird.

Heute ist diese Hoftorbilanz oder auch Stromstoffbilanz der größte Streitpunkt. Der agrarindustrielle Bauernverband sträubt sich vehement dagegen und setzt CDU/CSU unter Druck. Der aktuelle Kompromiss sieht vor die Stoffstrombilanz ab 2018 für alle Betriebe vor, die mindestens 2,5 Großvieheinheiten pro Hektar haben (eine Großvieheinheit entspricht einer Kuh oder 2,5 Schweinen).
Dabei würden jedoch noch immer zu viele Betriebe von der Regelung ausgenommen.

Wir finden es weiterhin wichtig, hier Druck auf Bund und Länder zu machen. Eine strengere Düngeverordnung bietet die Chance, flächengebundene Tierhaltung zu fördern und die Überproduktion von Gülle, Fleisch und Milch zu senken. Das wäre auch eine Voraussetzung für bessere Erzeugerpreise.

Sowohl für Februar als auch für den März haben wir weitere Aktionen dazu geplant. Jetzt in den Newsletter eintragen und auf dem Laufenden bleiben.

Mehr dazu:
Hintergrundtext und Infografiken zu Tierfabriken und Gülle
Unser FAQ zur Düngerverordnung
„Wachsen oder trinken?“ – Artikel im kritischen Agrarbericht 2016


Bild: © BMUB

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Leonie Dorn

Vergisst beim Anblick von Klatschmohn all ihre Sorgen und trauert Jon Stewart immer noch nach.

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