Darum geht’s

50 Prozent aller Lebensmittel werden weggeworfen: Jeder zweite Kopfsalat, jede zweite Kartoffel und jedes fünfte Brot. Das meiste davon endet im Müll, bevor es überhaupt den Verbraucher erreicht.

Der Wegwerfskandal

Bis zu 20 Millionen Tonnen Lebensmittel werden in Deutschland jährlich weggeworfen, teilweise noch originalverpackt, oft ist nicht einmal das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht. In der Tonne landen wertvolle Lebensmittel, für deren Herstellung Menschen schwer gearbeitet haben und große Mengen Rohstoffe, Wasser und Energie verbraucht wurden.
Die globale Nahrungsmittel-Vernichtung ist ein Skandal angesichts einer Milliarde hungernder Menschen, zumal vieles was wir konsumieren und wegwerfen aus Ländern stammt, in denen Hunger herrscht. Viele Feldfrüchte und Obst werden dort zu einem hohen Preis angebaut: Sie verknappen das wenige Wasser und Ackergifte schädigen Menschen und Natur. Lastwagen, Flugzeuge und Schiffe transportieren Millionen Tonnen Lebensmittel um die Erde, nur damit sie bei uns auf der Mülldeponie landen. Das ist ethisch nicht vertretbar, ökonomisch wahnsinnig und ökologisch eine Katastrophe.
Auch die Auswirkungen auf das Weltklima sind verheerend. Die Landwirtschaft verschlingt riesige Mengen an Energie. Regenwald wird für Weideflächen gerodet. Mehr als ein Drittel der Treibhausgase entsteht durch die Landwirtschaft. Nicht unbedeutend sind auch die auf den Müllkippen vergärenden Lebensmittel-Abfälle, denn die entstehende Klimagase beschleunigen die Klimaerwärmung.

Welche Rolle spielen die Supermärkte?

Die Bundesregierung zielt mit ihrer Kampagne “Zu gut für die Tonne” fast ausschließlich auf den VerbraucherInnen. Aber allein Appelle an den VerbraucherInnen reichen nicht aus, wenn die Regierung das selbst gesteckte Ziel erreichen will, in den nächsten fünf Jahren die skandalöse Lebensmittelverschwendung um die Hälfte zu reduzieren. Die Landwirtschaft, die Industrie, das Transportwesen und der Groß- und Einzelhandel müssen stärker und offensiv zu Veränderungen gebracht werden.

Die Supermärkte spielen eine zentrale Rolle bei der Verringerung der Lebensmittelverschwendung. Zum einen schmeißen sie selbst tonnenweise essbare Lebensmittel weg, weil ein Mindesthaltbarkeitsdatum näher rückt oder eine braune Stelle ein Stück Obst oder Gemüse weniger ästhetisch erscheinen lässt. Zum anderen haben sie in der Geschichte des großen Wegwerfens eine Scharnierfunktion: Sie entscheiden durch ihre Beschaffungspraxis mit darüber, wie viel Gemüse als unverkäuflich auf den Äckern verbleibt. Durch ihre Werbung und Kaufanreize mittels Sonderangeboten und Großgebinden steuern sie, was und wieviel KonsumentInnen mehr nach Hause tragen, als sie eigentlich benötigen. Das führt zu einem Konsumrausch und verschärft die Überproduktion entlang der gesamten Produktionskette.

Frankreich und Wallonien

Frankreich hat den Wegwerfstopp für Supermärkte zum Gesetz gemacht. Wallonien (ein Teil Belgiens) schon 2014. Es verbietet Lebensmittelhändlern, unverkaufte Ware einfach wegzuwerfen. Unverkauftes soll gespendet werden, es kann auch als Tiernahrung oder als Kompost für die Landwirtschaft zum Einsatz kommen. Verboten ist es künftig auch, essbare Lebensmittel für den Konsum ungeeignet zu machen, zum Beispiel durch den Einsatz von Chlor. Größere Supermärkte (ab 400 Quadratmetern) müssen einen Vertrag mit einer karitativen Organisation über die Abgabe von Lebensmittelspenden schließen. Das Thema soll auch im Schulunterricht eine wichtige Rolle spielen.

Wir fordern, dass dieses Gesetz zum Vorbild für ein ähnliches in Deutschland werden soll. Der Deutsche Bundestag forderte bereits 2012, das Wegwerfen bis zum Jahr 2020 auf die Hälfte zu reduzieren – passiert ist aber kaum etwas.

Was erreicht unsere Kampagne?

Der Dokumentarfilmer Valentin Thurn hat mit seinem Film „Taste the Waste“ die Wirklichkeit in unseren Mülltonnen aufgespürt. Gemeinsam mit Raphael Fellmer und vielen anderen AktivistInnen entstand das Essensretter-Netzwerk foodsharing. Zusammen mit Aktion Agrar und Slow Food Youth Deutschland rufen sie jetzt dazu auf, aktiv zu werden.

Mit der Petition wollen wir erreichen, dass die Politik zum Handeln kommt. Sonntagsreden und allgemeine Willensbekundungen reichen nicht. Es kann nicht angehen, dass für Unternehmen Wegwerfen billiger ist als das Weiterverwenden. Deshalb müssen auch die Entsorgungskosten von Lebensmittel-Müll für Supermärkte und Großhandel verteuert werden.

Wir sprechen mit den Bundestagsfraktionen und machen öffentlich Druck für das Gesetz zum Wegwerfstopp. Wir bringen die EntscheidungsträgerInnen auf Trab – mit Witz und Argumenten, mit Aktionen und mit guten Alternativen. Denn es bedarf der gesellschaftlichen Auseinandersetzung über die tägliche persönliche Konsumentscheidung hinaus.

Mit einem Gesetz, das Supermärkten das Wegwerfen verbietet, würde vieles in Bewegung kommen, da der Einzelhandel alle VerbraucherInnen erreicht und ein anderes Bewusstsein befördern könnte. Verändern soll sich der Umgang mit optisch nicht mehr ganz perfekten Lebensmitteln, aber auch der Einkauf der Supermärkte selbst.

Was muss außerdem passieren?

Wir brauchen ein Gesamtkonzept gegen die Lebensmittelverschwendung entlang der gesamten Anbau-, Herstellungs- und Konsumkette. Denn es geht nicht allein um die Supermärkte und den Handel: Es braucht wirksame Maßnahmen, um auch bei der Ernte und industriellen Produktion weniger auf dem Acker zu lassen und weniger in den Tonnen verschwinden zu lassen. Standards und Normen, die gutes Obst oder Gemüse allein aufgrund ihrer Größe oder Form vom Verkauf ausschließen, müssen vom Tisch. Bildungsangebote und Öffentlichkeitsarbeit sollen darüber hinaus für einen bewussten Umgang mit Nahrungsmitteln und Essensresten werben.

Und schließlich sollten für gesundheitlich unproblematische Produkte wie Wasser, Reis, Zucker etc. das Mindesthaltbarkeitsdatum gänzlich abgeschafft und durch ein Herstellungsdatum ersetzt werden. Wichtig ist, dass bei allen schnell verderblichen Waren, wie beispielsweise Hackfleisch, das Verbrauchsdatum (zu verbrauchen bis…) optisch klar hervorgehoben wird, denn dieses ist tatsächlich mit Gesundheitsgefahren verbunden.

Darüber hinaus geht es darum, regionale Vermarktung zu fördern und die Überproduktion zu bremsen. Die Verschwendung geht weiter, solange Gesetze beispielsweise verlangen, dass Lebensmittel zu Agrosprit verarbeitet werden und eine falsche Agrarförderung Monokulturen und Billigstproduktion weiter anheizt.

Was kann ich noch tun?

Essensretten macht Spaß, weil es viele kreative Lösungen gibt. Werde aktiv mit Freunden und Bekannten zusammen. Informiere Dich, ob in Deiner Nähe schon Foodsharing-Strukturen aktiv sind, suche leckere regionale Produkte und auch das Gespräch mit den BäuerInnen auf dem nächstliegenden Wochenmarkt oder unterstütze regionale Höfe zum Beispiel im Rahmen der solidarischen Landwirtschaft. Besonders wirksam ist das alles, wenn Du mit anderen zusammen auch politisch für eine Agarwende aktiv wirst – in der Kampagne “Leere Tonne” und anderswo!

 

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Unterzeichnen Sie jetzt unseren Appell!