Gegen Gülle-Überdüngung
Zusammenfassung unserer Kampagne von 2015 bis 2016
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Zeitstrahl der Kampagne und unserer Aktionen

Tierfabriken den Güllehahn zudrehen!
Tierfabriken verdrängen die bäuerliche Landwirtschaft und machen aus der Tierhaltung mitleidlose Industrieprozesse. Sie produzieren gigantische Mengen an Gülle, die das Grundwasser verseuchen, die Artenvielfalt zerstören und mit resistenten Keimen die Gesundheit von Menschen und Tieren gefährden.
Die Landwirtschaftsminister/innen müssen handeln: Die Hälfte der Grundwasserbrunnen sind bereits nitratverseucht, weil zu viel Stickstoff aus den Fäkalien versickert. Die EU droht mit einer Klage gegen Deutschland, weil schwache Regulierungen beim Umgang mit der Gülle europäischen Richtlinien widersprechen. Der mutlose Reformvorschlag der Düngeverordnung von Landwirtschaftsminister Schmidt (CSU) wird die Gülleflut nicht eindämmen. Jetzt müssen die Landwirtschaftsminister/innen der Länder das Ruder in die Hand nehmen. Sauberes Trinkwasser und millionenfaches Tierleid stehen auf dem Spiel.
Hintergründe zu Tierfabriken und Gülle
Da zu den meisten Groß-Ställen kaum Flächen gehören, die für die Futtermittelproduktion genutzt werden können, ist die Gülle zum Schwachpunkt der Agrarindustrie geworden: Die Tierfabriken wissen nicht mehr, wohin damit. Für uns ein Ansatz für die Kampagne „Den Tierfabriken den Güllehahn zudrehen“.
Längst ist unser Trinkwasser in Gefahr. Immer mehr Wasserwerke warnen vor der Gefahr der Grundwasser-Verunreinigung und müssen bereits nitrat-reiches mit nitrat-armem Wasser mischen. Das ist sehr teuer und wird immer schwieriger. Arten sterben, Antibiotika-Rückstände in der Gülle haben fatale Folgen. Dabei sind die Ausscheidungen der Nutztiere guter Dünger. Sie sind allerdings noch wesentlich wertvoller, wenn sie gar nicht als Gülle anfallen, sondern als Festmist, der entsteht, wenn die Tiere nicht auf Spaltenböden stehen, sondern auf Stroh-Einstreu.
Was sind Tierfabriken?
Tierfabriken sind Mega-Ställe, die wegen der Haltungsbedingungen regelmäßig in der Kritik stehen. Sie halten viel mehr Tiere, als das Land rings herum verkraften kann. Deren Gülle verseucht das Grundwasser mit krebserregendem Nitrat. Auf den Feldern und in Flüssen und Meeren vernichtet die Gülle die Artenvielfalt. In LKWs wird die braune Brühe durch die Lande gefahren, Millionen Tonnen importierte Gülle aus den Niederlanden, wo inzwischen strengere Regeln gelten, kommen hinzu.

Schweineleben und Antibiotika
Die Medikamente, die die Tiere in zu großen Mengen bekommen, landen auch in der Gülle und beeinträchtigen Bodenbakterien. Sie können uns im Wasser und der Nahrung wieder begegnen. Multiresistente Keime sind ein Ergebnis des massiven Antibiotika-Einsatzes. Sie reisen auch mit der Gülle und gefährden die Gesundheit von Mensch und Tier.

Dabei geht es hier nicht nur um ein Schnitzel. Über 33 Millionen Schweine, wie sie 2013 in Deutschland geschlachtet wurden bringen Fleischmengen, die wir kaum begreifen können und Güllemengen, die sowohl unsere Vorstellungen sprengen als auch die Möglichkeiten der Natur, mit den Nährstoffen umzugehen.

Die Reform der Düngeverordnung nutzen
Eine einzelne Verordnung macht noch keine Agrarwende.
Aber die Menge der Gülle, die pro Hektar ausgebracht werden darf und die Regeln, wann und wie das zu geschehen hat, gehören zu den großen Fragen einer zukunftsfähigen Landwirtschaft.
Wir fordern
Strenge Obergrenzen für die Gülleausbringung
170 kg Stickstoff pro Hektar erlaubt die EU, davon soll nicht mehr als um 40 kg nach oben abgewichen werden. Es braucht jetzt strenge, an Boden und Kultur angepasste Obergrenzen, die auch mittels Bodenproben kontrolliert werden. Letztlich muss die Tierzahl zu den vorhandenen Flächen passen und entsprechend begrenzt werden. Es gibt Beratungs- und Begleit-Modelle zum Beispiel in Wasserschutzgebieten, die zeigen, dass dies funktionieren kann.
Eine echte Hoftorbilanz
Damit die betriebsspezifische Beratung und Kontrolle gelingen kann, muss eine Hoftorbilanz her, die zeigt, welche Nährstoffe ein Hof aufnimmt und abgibt. Je weniger eigene Flächen vorhanden sind, desto größer wird der Überschuss. In der Diskussion sind verschiedene Modelle, die ihre Aufgabe verschieden gut erfüllen können.
Eine transparente Transportdatenbank
Wir wissen nicht, wo die Gülle aus den Großanlagen landet. Bewiesen ist: zu oft landet der Wirtschaftsdünger auf den selben Flächen. Im Notfall wissen Mediziner nicht, welchen Weg multiresistente Keime zurückgelegt haben. Es gibt bereits Erfassungen von abgegebenen Düngemengen in einigen Bundesländern auf den Höfen. Eine Meldepflicht fehlt jedoch noch.
Strafbarkeit von Verstößen
Wenn wie bisher relevante Regeln der Verordnung ohne eine Möglichkeit einer Strafe verletzt werden können, sind die Behörden machtlos. Die Düngeverordnung braucht Zähne, Verstöße müssen mit Bußgeldern geahndet werden können.
Letztlich geht es über die Düngeverordnung hinaus darum, den Trend zur Tierfabrik zu stoppen.
Verschärfungen im Baurecht, um den Bau neuer Megaställe zu verhindern.
Die meisten großen Tierfabriken können verhindert werden, wenn es klare Auflagen gibt zum Schutz der Gesundheit und Bewegungs-Möglichkeiten sowie Auslauf der Tiere und zum Schutz der Umwelt und Nachbarn des Stalles vor Schadstoff-, Lärm- und Geruchs-Emmissionen.
In einigen Bundesländern sind hier Fortschritte gemacht worden, in anderen stehen sie aus. Die Gemeinden brauchen stärkere Mitspracherechte.
Die Förderung flächengebundener Tierhaltung und heimischer Futterproduktion
Mit rund 100 Euro pro Jahr und Kopf fördert die EU die Landwirtschaft. Das würde reichen, um eine echte Agrarwende zu finanzieren. Es ist höchste Zeit, dass gezielt die flächengebundene und artgerechte Tierhaltung gefördert wird und die heimische Futterproduktion. Echte Kreislaufwirtschaft auf den Höfen muss das Ziel sein, dafür braucht es Weideflächen und Flächen für den Futteranbau. Der Import von – meist gentechnisch verändertem – Futtersoja aus Südamerika ist eine ökologische und soziale Katastrophe.

06.01.2015
Tierfabriken den Güllehahn zudrehen – Aktion vor dem BMEL
Regen, Protest und Schweinekarikaturen
Berlin lädt an diesem ersten Montag im Jahr 2015 nicht gerade zu einem Stadtbummel ein. Eilig laufen die Menschen in ihre Jacken gehüllt vorüber, einige schützen sich mit einem Schirm gegen den leichten Regen. An der Ecke Wilhelmstraße/Französische Straße, direkt vor der Tür des Bundeslandwirtschaftsministeriums laden Aktivist*innen ihre Requisiten aus zwei Autos aus: Strohballen und eine Menge Holz, Besen, Schrubber, Kanister mit brauner Brühe darin.
Die Akkuschrauber summen. Drei mal vier Meter groß ist das Herzstück des Aktionsbildes, das auf einen Holzrahmen gespannt werden muss. Es stellt eine Tierfabrik dar, die Insassen – traurige Schweine mit kupierten Schwänzen – stammen aus der Feder des Karikaturisten Wolf-Rüdiger Marunde. Immer mehr Aktivist*innen treffen ein. Sechs von ihnen schlüpfen in weiße Schutzanzüge und ziehen Gummihandschuhe und Mundschutz über, die Füße landen in Gummistiefeln. Bauer Christian Haymann kommt mit dem Traktor angefahren.
Als der Regen aufhört, endet rund 600 Meter vom Ministerium entfernt das Pressegespräch, das wir von Aktion Agrar zusammen mit dem Aktionsbündnis Agrarwende Berlin-Brandenburg auf die Beine gestellt haben. Einige Journalist*innen laufen die kurze Strecke direkt mit, die meisten Fotografen kommen direkt zum Aktionsort.
Protest gegen Güllelawine vor dem Ministerium
Nach dem Soundcheck dröhnt plötzlich Schweinegeschrei aus der Lautsprecherbox vor dem Amtssitz des Ministers Schmidt. Astrid Goltz begrüßt die Aktivist*innen und erläutert kurz, was hier passiert: Die Gülleflut gilt es einzudämmen. Natürlich kann das mit den mitgebrachten Schrubbern und Wischlappen nicht gelingen, es müssen gesetzliche Vorgaben her, um Tierfabriken wirklich den Güllehahn zuzudrehen.
Aus dem Rohr, das in der Mitte des großen Tierfabrik-Banners herausragt, schwappt die braune Brühe. Sehr eklig sieht es aus. Die Ausscheidungen der Tiere könnten das Land zum Blühen bringen. Wenn aber die Tiere in viel zu große Ställe gepfercht werden, dann kommt viel mehr Gülle zusammen als die umliegenden Äcker aufnehmen können. In den Megaställen bekommen die Schweine häufig – und dann immer alle über das Trinkwasser – Antibiotika verabreicht. 90 Prozent der Medikamente landen in der Gülle und kommen somit auf die Felder, wo sie Bodenorganismen abtöten und die Bodenfruchtbarkeit gefährden. Aus dem Rohr vor dem Ministerium schwappt und gluckert Gülle, in der übergroße, bunte Pillen schwimmen.
Durch das Mikrofon ruft Astrid dem Minister unsere Slogans zu, er lässt sich aber nicht blicken: Er muss handeln gegen die Überdüngung. Zu viel Gülle macht Trinkwasser durch Nitrat krebserregend, lässt Tier- und Pflanzenarten aussterben und bringt jetzt schon Ärger mit der EU, die Deutschlands Versagen beim Wasserschutz kritisiert. Der Entwurf für die Düngeverordnung, den das Landwirtschaftsministerium kurz vor Weihnachten vorlegte, ist aber leider zu einer Überdüngungsverordnung geworden: Ab dem Jahr 2018 soll die heute erlaubte Stickstoffüberdosis für jeden Hektar lediglich von 60 kg auf 50 kg pro Jahr gesenkt werden. Das ist zynisch, wenn man bedenkt, dass heute schon 50 Prozent der Grundwassermessstellen erhöhte Nitratwerte aufweisen.
Aktion Agrar startet deshalb heute die Kampagne „Den Tierfabriken den Güllehahn zudrehen“. Online und offline können ab sofort Unterschriften eingehen, die den Entscheidern mit Nachdruck übergeben werden, denn der Bundesrat verhandelt bereits über die Düngeverordnung.
Schmierig-braun suppt die Gülle aus den Wischlappen, die die Reinigungscrew über verschmierten Eimern auswringt. Der Güllegeruch kommt von einer Portion „echter“ Gülle aus Niedersachsen, die zusammen mit den Schweinestimmen vom Band und dem Traktor auf der Straße daran erinnert, dass es hier nicht um Theater geht. Nach etwa einer halben Stunde sind über 50 Liter Theatergülle durch das Rohr gelaufen. Die meisten Fotografen sind schon aufgebrochen, als zur Freude der Aktivist*innen ein großer Stopfen in das Rohr gesteckt wird und die Sauerei zu Ende geht. Kalt ist es, feucht und dreckig.
Aber die Stimmung ist super: Es war eine tolle Aktion und wir haben beeindruckende Bilder produziert! Und der großartige Einsatz vor den Kameras war nicht gespielt: Alle packen auch jetzt mit an. Schneller als aufgebaut, ist der Rahmen wieder demontiert. Mit mitgebrachtem Wasser spülen wir den Fußweg wieder sauber, die Besen kommen nochmal zum Einsatz. Das Einladen geht dank vieler Hände fix. Danke an alle, die dabei waren! Wir werden wieder kommen – das war ja erst die erste Aktion!









06.01.2015
Eine Gülleflut mitten in Berlin
Eine Gülleflut mit Traktor und Heuballen – und das alles direkt vor dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Berlin. Das war die erste Protestaktion von Aktion Agrar am 05. Januar.
Zunächst fand ein Pressegespräch statt, zu dem Aktion Agrar und das Aktionsbündnis Agrarwende Berlin-Brandenburg eingeladen hatten. Der Saal war voll, viele schrieben mit, als es um die Überdüngungs-Problematik und die scharfe Kritik an dem mutlosen Entwurf der Düngeverordnung ging. Danach trafen die Journalist*innen vor dem Landwirtschaftsministerium auf rund 20 Aktive, die vor einer „Tierfarbik“ auf sie warteten. Der Gestank von Gülle lag in der Luft.
In einer dramatischen halben Stunde flossen 50 Liter Gülle, durchsetzt mit Pillenattrappen, durch das Rohr aus der Tierfabrik. Die Putztruppe in Schutzanzügen musste sich anstrengen, die gefährliche Gülle in Schach zu halten. Das Spektakel wurde untermalt durch aufgeregtes Schweinegrunzen.

06.02.2015
Durch’s Hoftor
Die Hoftorbilanz, schon wieder einer dieser Fachbegriffe, der durch Agrarblogs geistert, und den alle erstmalnachschlagen müssen, um die Forderungen unserer Kampagne „Den Tierfabriken den Güllehahn zudrehen!“ zu verstehen? Vielleicht, aber es lohnt sich. Aktion Agrar fordert die Einführung der Hoftorbilanz. Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik (WBA) beim Bundeslandwirtschaftsministerium rät dazu und der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) auch¹. Aufgezeichnet wird dabei alles, was unter dem Hoftor hindurch fährt, also was den Hof verlässt und was auf den Hof kommt. So weit, so gut.
Das könnte viel sein: zu Beginn des Wirtschaftsjahres Mineraldünger oder Saatgut, nach der Ernte Getreide oder Kartoffeln.
Die Hoftorbilanz erfasst die Stickstoffmengen, die in einen Betrieb gelangen (Düngemittel, Tierfutter etc.) und die Mengen, die ihn in Form von landwirtschaftlichen Produkten wieder verlassen (Kulturpflanzen, Milch, Fleisch, Eier etc.)².

Quelle: Zweckverband Landeswasserversorgung Baden Würtenberg, BUND
Hier geht’s zur kompletten Grafik
Bild: Patrick Dalton/cc
In diesem Zusammenhang ergeben sich völlig unterschiedliche Konstellationen, je nachdem, ob wir uns einen Hof anschauen, der Kreislaufwirtschaft betreibt (in der Grafik links), oder eine Tierfabrik, die in großem Stil Schweine, Rinder oder Geflügel mästet (rechts).
Kreislaufwirtschaft heißt: alle Nährstoffe die auf dem Hof anfallen, bleiben auf dem Hof, es kommen nur wenige Produkte von außen dazu. Die Landwirt*innen bauen auf den eigenen Flächen das Futter für die eigenen Tiere an. Der Festmist oder die Gülle aus dem Stall wird auf die Felder rund um den Hof ausgebracht. Je nachdem, was angebaut wird, wird eventuell Mineraldünger dazu gekauft. Kann nicht ausreichend Eiweißfutter angebaut werden, kaufen Landwirte auch Futtermittel zu.
Die Hoftorbilanz zeigt also, wie gut der Betrieb mit seiner Fläche kompatibel ist.
Flächengebundene Tierhaltung würde bedeuten, dass nur so viele Tiere gehalten werden, dass deren Ausscheidungen auf den Flächen des Hofes wertvollen Dünger darstellen können. Letztlich muss die Tierzahl zu den vorhandenen Flächen passen und entsprechend begrenzt werden!
Diese Forderung können Tierfabriken nicht erfüllen. Hier stehen die Tiere dicht an dicht und produzieren gigantische Mengen an Gülle, die dann kilometerweit transportiert werden müssen, um an einen Acker zu gelangen der überhaupt noch Dünger aufnehmen kann, ohne dass dieser direkt ins Grundwasser sickert. Da Tierfabriken kein eigenes Futter anbauen, wird oft gentechnisch verändertes Soja in großen Mengen zum Beispiel aus Brasilien importiert, wo für den Anbau in Monokultur Regenwald gerodet und der Boden einseitig ausgelaugt wird.
170 kg Stickstoff pro Hektar erlaubt die EU zur Zeit, davon soll nicht mehr als um 40 kg nach oben abgewichen werden. Wie viel Stickstoff der Boden tatsächlich aufnimmt, hängt aber wiederum von der Bodenbeschaffenheit und den ausgesäten Kulturen ab. Mais zum Beispiel erträgt so viele Güllefuhren wie kaum eine andere Pflanze, ohne sichtbare Schäden. Stickstoffüberschüsse werden in Nitrat umgewandelt, das in größeren Mengen krebserregend wirkt. Bei Regen werden die Nährstoffüberschüsse in umliegende Gewässer gespült, wo sie zur Algenblüte führen. Es braucht jetzt strenge, an Boden und Kultur angepasste Obergrenzen, die auch mittels Bodenproben kontrolliert werden müssen! Die Gülle aus Tierfabriken bringt noch ein großes Risko mit sich: über sie gelangen auch Antibiotikarückstände in den Boden und töten die nützlichen Organismen ab. Die zu hohen Medikamentengaben gefährden Mensch und Tier durch multiresistente Keime.
Allein über die Einführung einer Hoftorbilanz wird sich die Situation nicht verbessern. Aber sie wäre ein erstes Mittel, um für jeden Betrieb die Situation zu erfassen und verändern zu können. Sie ist hilfreich bei der Beratung, aber auch zentral für Betriebsgenehmigungen, weil sie zeigt, welche Höfe zur Nitratüberdosis beitragen und welche nicht. Erste Agrarministerien der Länder, wie zum in Beispiel Niedersachsen sind auch dazu übergegangen, die gemessenen Nitratwerte zu veröffentlichen³.
Wir fordern zusätzlich Verschärfungen im Baurecht, um den Bau neuer Megaställe zu verhindern. Die meisten großen Tierfabriken würden keine Baugenehmigung bekommen, wenn es klare Auflagen zu Bewegungsmöglichkeiten, Gesundheit und Auslauf der Tiere gäbe, und zum Schutz von Umwelt und Anwohnern des Stalles vor Schadstoff-, Lärm- und Geruchsemmissionen. Die Gemeinden brauchen in jedem Fall stärkere Mitspracherechte, denn sie sind direkt betroffen.
Einhergehen muss das mit der Förderung flächengebundener Tierhaltung und heimischer Futterproduktion. Mit rund 100 Euro pro Jahr und Kopf fördert die EU die Landwirtschaft. Das würde reichen, um eine echte Agrarwende zu finanzieren. Es ist höchste Zeit, dass gezielt die flächengebundene und artgerechte Tierhaltung gefördert wird und die heimische Futterproduktion. Echte Kreislaufwirtschaft auf den Höfen muss das Ziel sein.
Forderne gemeinsam mit uns die Hoftorbilanz und eine flächengebundene Tierhaltung!
Quellen

04.03.2015
Saubräu?
Wie der Boden, so das Bier.
Die Saubräu Bierdeckel, das neue Material von Aktion Agrar, sind ein kleines Zeichen, dass Tierfabrik und Kneipe gar nicht so weit voneinander entfernt sind, denn viele Tiere auf engem Raum bedeutet viel zu viel Gülle für die Böden. Diese Überdosis landet im Grund- und Trinkwasser, demnächst auch im Bier. Damit ist auch das Reinheitsgebot für die Brauereien in Gefahr.
Aktion Agrar fordert jetzt die Agrarminister*innen von Bund und Ländern auf, die Überdüngung zu stoppen und Tierfabriken den Güllehahn zu zudrehen!

17.03.2015
Schweine-Ballett vor dem Ministerium
Schwankende Schweine-Silhouetten vor dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Hannover. Bei strahlendem Sonnenschein wird Agrarminister Meyer der goldene Wasserhahn überreicht. Als Anerkennung für seinen Einsatz zur Verschärfung der Düngeverordnung und zur Sicherung der Grundwasserqualität in Niedersachsen applaudiert die Runde – und hält dann schnell wieder die 20 Schweine aus Pappe fest, die sonst der Wind weggepustet hätte.
Über 200 000 Unterschriften sind für den Online-Appell geleistet worden, mit dem Aktion Agrar und Campact den Tierfabriken den Güllehahn zudrehen wollen. Der Neuentwurf für die Düngeverordnung, den Minister Schmidt im Dezember vorgelegt hat, ist nicht konsequent genug. Das findet auch Niedersachsens Agrarminister Meyer. Auf der Pressekonferenz vor dem Termin mit den Aktiven hat er auf den Nährstoffbericht hingewiesen, der aufzeigt, wo in Deutschland die Überdüngung am größten ist. Um besser nachvollziehen zu können, wie die zustande kommt, setzt Meyer sich für eine Datenbank ein, die Aufschluss über die tatsächlich ausgebrachten Güllemengen geben soll. Rot sind die Areale, in denen es viele Tierfabriken gibt.
Im September wird über die Düngeverordnung im Bundesrat abgestimmt. Jetzt ist es Sache der Länder, sich gegen den aktuellen Entwurf zu stellen und eine Verbesserung einzufordern. Deshalb touren Aktion Agrar und Campact mit dem Spalier aus Schweinesilhouetten weiter. Morgen findet die Unterschriftenübergabe in Schleswig-Holstein statt. Und natürlich treffen sich alle zuständigen Minister*innen auch auf der Agrarministerkonferenz in Bad Homburg am Donnerstag. Dort empfangen wir sie dann mit zwei Fässern Gülle-Bier. Mehr wird noch nicht verraten.







18.03.2015
Pappkameraden mit Ringelschwanz in Kiel
Wer Landtage baut, sollte eine schöne Treppe vor dem Haupteingang nicht vergessen. Denn so boten die breiten Stufen vor dem Kieler Landeshaus eine wunderbare Kulisse für unser Schweine-Spalier und über 35 Aktivist*innen. Sie waren gekommen, um dem schleswig-holsteinischen Agrarminister Robert Habeck einen goldenen Wasserhahn und 208.000 Unterschriften für eine konsequente Düngeverordnung zu überbringen.
Der Aufbau der Schweine-Pappen funktionierte am zweiten Tag unserer Aktionstour schon fast reibungslos. Die Karton-Tiere standen, wie in Tierfabriken, so eng aneinander, dass gerade noch genug Platz für die Aktiven war.
Bevor der Minister fast pünktlich aus der Landtags-Sitzung kam, riefen wir uns schonmal warm mit Slogans wie „Sonne für die Sau – stoppt den Güllestau!“ und „Megastall – Auf keinen Fall!“
Robert Habeck stellte sich entspannt mitten zwischen die Schweinehintern, um Unterschriften und den goldfarbenen Wasserhahn entgegen zu nehmen. Das Publikum war wohlwollend, hofften doch alle, dass der Ressortchef des nördlichesten Bundeslandes dazu beitragen möge, den Druck auf den Bundeslandwirtschaftsminister zu erhöhen und ihn dazu zu bringen, den schlechten Düngeverordnungs-Entwurf grundlegend zu überarbeiten. Habeck teilte unsere Kritik an dem Berliner Bundesminister. Aus seiner Sicht zögere und blockiere die Bundesregierung zu Lasten der Bauern. Denn es sei nur eine Frage der Zeit, bis die EU mit dem Vertragsverletzungsverfahren wirklich ein Handeln erzwinge und dann bliebe keine Zeit für faire Übergangslösungen und gute Vorbereitungen auf strengere Dünge-Vorgaben.
Nach einigen Scherzen mit den Fotografen und letzten Aufnahmen vor und mitten in der Sauenparade lud der Minister eine kleine Gruppe ein, ihm zu einem kurzen Austausch ins Innere zu folgen. Leider zeigten die agrarpolitischen Sprecher der anderen Fraktionen kein Interesse an einem Gespräch, aber Bernd Voß, der diese Aufgabe bei den Grünen hat, war dazu bereit und führte uns in die Räume seiner Fraktion. Rund eine halbe Stunde blieb Zeit. Die Grünen in Schleswig-Holstein setzen vor allem auf die Verbesserung und die Vergrößerung der Güllelagerbehälter bei den Betrieben und die Modernisierung der Gülle-Ausbringung. Letztlich gehe es aber auch ihnen darum, zu einer Landwirtschaft zu kommen, in der die Erzeuger faire Preise für gute Produkte erhalten und nicht länger immer billiger immer mehr produzieren müssen.
Als wir wieder ins Freie traten, waren die Schweinesilhouetten schon auf dem Weg nach Bad Homburg und wir sprangen in den Zug um ihnen zu folgen.
Auf zum nächsten Stop unserer Tour gegen Tierfabriken!







20.03.2015
Bundeslandwirtschaftsminister zapft „Saubräu“
Die Agrarministerkonferenz aller landwirtschaftlichen Minister*innen in Deutschland führte Aktion Agrar gemeinsam mit Campact in die Kurstadt Bad Homburg. Wie bei politischen Konferenzen waren auch andere Nichtregierungsorganisationen und Verbände anwesend, darunter die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft, der Bundesverband deutscher Milchviehhalter und der Hessische Bauernverband mit seinen Partnerorganisationen.
Vor Ort befanden sich rund 300 engagierte Bürgerinnen und Bürger, darunter zahlreiche Landwirte und natürlich Aktionsteilnehmer*innen von Campact und Aktion Agrar in Kostümen und mit Schildern. Selbstverständlich aber auch Priska Hinz als Vorsitzende der Konferenz, für eine Unterschriftenübergabe, und etliche Redakteure, Fotografen und Filmteams regionaler und überregionaler Presse.
Über 200 000 Unterschriften gegen Tierfabriken
Ziel war es, wie bereits bei den Aktionsstandorten Kiel und Hannover, zu zeigen, dass die parteigrünen Politiker*innen nicht alleine dastehen mit ihrem Wunsch nach Datenbanken, Hoftorbilanz und klarer Düngeregulierung. Die über 200.000 Unterschriften für den Online-Appell „Keine Gülle ins Trinkwasser!“ fordern, riesigen Mastbetrieben einen Riegel vorzuschieben, da die riesigen Güllemengen nach und nach ins Grundwasser gelangen. Der Auftrag an Frau Hinz ist klar: Setzen Sie sich ein für eine Düngeverordnung, die Ihren Namen verdient und somit kontrollierbare Grenzwerte für die Austragung von Düngemitteln sicherstellt, die keine Gefahr für das Trinkwasser bedeuten!
Bei bester Frühlingssonne standen 20 Aktivist*innen zwischen einem Spalier aus 20 vielgereisten Pappschweinen vor dem Bad Homburger Kurhaus, in dessen Kongresscenter die Konferenz tagte. Ein Aktivist in der Maske des Agrarministers Christian Schmidt zapfte Saubräu-Bier hinter einem Schweinetresen. Frau Hinz bestätigte, dass die Düngeverordnung nicht mehr auf der offiziellen Tagesordnung steht, da der Ball beim Bundesministerium liegt, wo ein neuer Vorschlag erarbeitet werden soll. Dieser steht noch aus, die Düngeordnung wird aber im Rahmen der „Kamingespräche“ Thema sein.
„Wir müssen sie Reden lassen, aber wir müssen Ihnen ja nicht zuhören“
Ein Punkt hat mich persönlich jedoch nachdenklich gemacht: Rund 200 Landwirt*innen, mobilisiert vom Hessischen Bauernverband, mit wichtigen Forderungen wie „Gentechnik-Verbot für deutsche Äcker“, „Faire Preise“ oder „Unser Fleisch ist MEHR Wert!“ waren ebenso am Kurhaus-Vorplatz zu einer eigenen Kundgebung anwesend. Aus Respekt vor deren Kundgebung mit unterschiedlichen Redebeiträgen konzentrierten sich Aktion Agrar und Campact auf die Fotografen und gute Pressebilder. Einzelne Landwirt*innen nutzten das Presse-Interesse und stellten sich mit ihren eigenen Schildern und Neon-Jacken „Der Landwirt-Dein Partner“ zwischen Campact und Aktion Agrar ins Bild.
Vom Lauti-Wagens des Hessischen Bauernverbandes aus wurde dann jedoch eine verbale Mauer zu den Aktiven von Campact und Aktion Agrar aufgebaut: Während viele der Landwirt*innen mit den Aktionsträgern ins Gespräch kamen und sinnvolle Diskussionen führten, griffen die Redner zu Bezeichnungen wie „Tierschützern“ und „Blockupy-Aktivisten“, denen sie nicht zuhören wollten. Sicherlich, in der Frage der Düngeverordnung sind die drei Organisationen gegensätzlicher Meinung, aber einen fairen Umgang miteinander sollte das Mindeste sein, was Bürger*innen in einer solchen Situation vorleben sollten. Zumal sich Aktion Agrar und die verschiedenen Bauernverbände so einiges Konstruktives zu sagen hätten.





Fotografien von Maria Dorn
12.02.2016
Düngeverordnung – Warten auf Gewässerschutz
Das Verhandeln um die Düngeverordnung (DÜV), und die dafür zunächst nötige Änderung des Düngegesetzes, zieht sich weiter in die Länge und hat nun auch einen Zwist zwischen CDU/CSU und SPD entstehen lassen.
Ende Januar wurde den Verhandlungen im Agrarausschuss des Bundestages von der SPD erstmal einen Riegel vorgeschoben. Sie verlangt vom Landwirtschaftsminister konkretere Angaben zur Hoftorbilanz sowie eine Absegnung der DÜV seitens der EU-Kommission, bevor die Verhandlungen abgeschlossen werden können und das Gesetzespaket an den Bundesrat weitergeleitet wird. Laut jetzigem Entwurf des Düngegesetzes soll die Hoftorbilanz ab 2018 für alle Betriebe ab 2 000 Schweinemastplätzen oder mehr als drei Großvieheinheiten gelten. Die Düngeverordnung, die das verbindlich regeln soll, liegt noch bis Ende März bei der EU-Kommission vor. Diese prüft, ob die DÜV den EU-Richtlinien zum Wasserschutz gerecht wird. Auf deren Urteil will die SPD nun erstmal warten, bevor die Verhandlungen zum Düngegesetz weitergehen sollen.
Der Bundesrat stimmt zwar erst abschließend über das Gesamtpaket von Düngegesetz, Düngeverordnung und Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) ab, hat aber bereits Ende Januar schon Stellung dazu genommen und weitere Verbesserungen, vor allem einen intensiveren Datenabgleich der verschiedenen Behörden gefordert.
Weiter Streitpunkte sind, neben Fragen des Datenschutzes, der Bestandsschutz für Anlagen, die Jauche, Gülle und Sickersäfte lagern und die Ausweitung des Bußgeldverfahrens. Bis zur Sommerpause soll das Düngerecht dann endgültig beschlossen sein.
Eine konsequente DÜV wäre ein wesentlicher Schritt zur Eindämmung von Tierfabriken, die unverhältnismäßig viel Gülle produzieren und zu einem Großteil für die Nitratbelastung von Grund- und Oberflächengewässern verantwortlich sind. Das geht allerdings nicht ohne eine echte Hoftorbilanz, einer umfassenden Transportdatenbank, die auch Gülleimporte erfasst, und strengeren Obergrenzen für Stickstoffausbringung.
29.04.2016
Düngeverordnung: EU verklagt Deutschland
Über 200.000 Menschen haben mit Aktion Agrar eine konsequente Düngeverordnung gefordert. Doch es tut sich schrecklich wenig. Jetzt reißt der EU-Kommission der Geduldsfaden. Sie verklagt die deutsche Bundesregierung aufgrund des Verstoßes gegen die Nitratrichtlinie. Es drohen Strafzahlungen von hunderten Millionen Euro.
Die Kommission, die bereits im Juli 2014 eine Klage angedroht hatte, begründet ihre Entscheidung damit, die Bundesregierung hätte es versäumt, strengere Maßnahmen gegen Wasserverunreinigung durch Nitrat einzuleiten und umzusetzen. Das ist kein Wunder: der Gesetzgebungsprozess für eine neue Düngeverordnung (DÜV), die das Ausbringen von Gülle für alle landwirtschaftlichen Betriebe regelt, geht seit eineinhalb Jahren nur sehr schleppend voran.
Zur Zeit liegt der Entwurf bei der EU-Kommission vor. Der notwendige erste Schritt zu einer neuen DÜV, die Anpassung des Düngegesetzes, steckt allerdings noch im Bundestag zur Abstimmung fest. Erst danach können sich Bundestag und Bundesrat mit der DÜV befassen. Damit wird vor der Sommerpause mittlerweile schon nicht mehr gerechnet. Die Klage liegt nun vor dem europäischen Gerichtshof und erhöht den Zeitdruck auf das aktuelle Gesetzgebungsverfahren.
Die Nitratbelastung des Grundwassers stellt eine große Bedrohung unserer Zukunft dar und wird unter anderem durch die massive Überdüngung von Gülle, aufgrund von konzentrierter Tierhaltung verursacht. Die Hälfte der Grundwassermessstellen in Deutschland sind bereits nitratverseucht.
06.09.2016
Überdüngung und kein Ende?
Im Januar 2015 startete Aktion Agrar mit der ersten Kampagne „Tierfabriken den Güllehahn zudrehen“. Damals erwarteten alle, dass es schnell gehen würde mit der Überarbeitung der Düngeverordnung, denn die EU hatte bereits gedroht, Deutschland wegen der hohen Belastung des Grundwassers mit Nitrat zu verklagen. Inzwischen geht der Sommer 2016 zuende. Die neue Düngeverordnung ist noch immer nicht fertig – aber unsere Forderungen sind so aktuell wie eh und je. Der Wissenschaftliche Beirat für Agrar- und Waldpolitik legte der Bundesregierung einen alarmierenden Bericht vor: Es muss schnell etwas passieren, um den Beitrag der Landwirtschaft zum Klimaschutz zu verbessern.
Dringend rät der Beirat, Produktion und Verbrauch von tierischen Lebensmitteln zu reduzieren und den Appell beispielsweise mit Hilfe einer Mehrwertsteuer-Erhöhung zu unterstreichen. Auch eine Stickstoff-Abgabe schlagen die Wissenschaftler*innen vor. Das Gutachten könnte nochmal etwas Schwung in die politische Diskussion bringen. So fordert z.B. auch der agrarpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Wilhelm Priesmeier, endlich die Hoftorbilanz einzuführen, um die Nährstoffkreisläufe nachvollziehen und verändern zu können.
Passend zum Thema äußerte sich auch das statistische Bundesamt. Einmal mehr liegt ein Jahr mit vielen Pannen bei der Güllelagerung und beim Gülle-Transport hinter uns. 9,6 Millionen Liter Jauche, Gülle und Silagesickersaft sind 2015 ausgelaufen und in die Umwelt gelangt. Obwohl es in vielen Fällen Maßnahmen gab, Teile der Nährstoffüberdosis wieder einzufangen, war das bei rund 5,7 Millionen Litern nicht möglich. Diese Gülle gefährdet das Trinkwasser und verseucht Böden.
Dabei kommen die Umweltfolgen dieser Pannen zu einer dramatischen Gesamtsituation hinzu: In den Tierhaltungsregionen gelangt auch ohne Leckagen viel zu viel Gülle auf die Felder. Die biologische Vielfalt leidet auch unter dem „normalen Betrieb“, der längst nicht mehr normal ist, sondern viel zu konzentriert und viel zu industrialisiert. Doch Massenproduktion für Discounter und Weltmarkt zerstören die Umwelt und sind mit Tierschutz nicht zu vereinbaren.
Eine Agrarwende wird möglich, wenn die Politik vom Exportkurs runter kommt und klare Regeln für die Förderung von guten Diensten für die Umwelt und enkeltaugliche Landwirtschaft entwickelt. Zugleich braucht es die Umkehr in den Köpfen der Menschen: denn wer immer die billigsten Lebensmittel kaufen will, schadet am Ende der eigenen Gesundheit, der Umwelt und den Bauernhöfen.