Gentechnik in Europa stoppen!

Aktuell bereitet die Europäische Kommission eine zentrale Entscheidung in Sachen Gentechnik vor. Heute gilt noch: Auch neue Gentechnik-Verfahren (wie CRISPR/Cas) sind Gentechnik. Deshalb unterliegen Zulassungen, Anbau und Kennzeichnung den strengen Regeln des EU-Gentechnikrechts.

Die jetzt diskutierten Veränderungen könnten das komplett umdrehen. Dann wären Produkte, die mittels neuer Gentechnik erzeugt worden sind, nicht mehr erkennbar. Sie würden ungeprüft und unkontrollierbar in unser Saatgut, unser Essen und unsere Umwelt gelangen. Es gäbe keine Kennzeichnungspflicht und keine Rückverfolgbarkeit mehr…

Wir fordern jetzt Umweltministerin Steffi Lemke zum Handeln auf, damit „gentechnikfrei“ möglich bleibt.

Hintergründe zu Gentechnik

Um was geht es überhaupt?

Es hat sich einiges getan, seitdem die Saatgutkonzerne die ersten gentechnisch veränderten Pflanzen anpriesen. Die Entdeckung der Genschere, einer Erfindung der Natur, hat die Manipulation am Genom von Pflanzen und Tieren schneller gemacht und präziser. Trotzdem erkennen die Genetiker*innen immer wieder, dass wichtige Eigenschaften – auch die aktuell oft bemühten Toleranzen gegenüber verändertem Klima – auf vielen Genen codiert sind und keinesfalls einfach zu verändern.

Die bisherigen Pflanzen, die mit neuer Gentechnik verändert und zur Zulassung angemeldet wurden (vor allem in den USA) sind wieder so verändert, wie in den Nullerjahren auch schon: resistent gegen bestimmte Pflanzengifte und teilweise mit veränderten Inhaltsstoffen in Blättern und Früchten. Keine einzige der angemeldeten Pflanzen war resistenter gegen Hitze- oder Trockenstress, Extremwetter oder ähnliches.

Warum wir die Neue Gentechnik nicht auf Äckern und Tellern sehen wollen?

Wer sich schon um die Jahrhundertwende mit der Agrogentechnik auseinander setzte, hat manch ein Deja-vu: Mit falschen Versprechungen wollten die Saatgutkonzerne schon damals ihre Macht ausbauen.

Auch wenn die Unternehmen hundertmal das Gegenteil behaupteten: Gentechnik hilft keineswegs Pestizide einzusparen. Zum Beispiel Argentinien, wo sehr viel gentechnisch verändertes Soja angebaut wird: Im Jahr 2000 kamen dort pro Hektar 2,83 kg Spritzmittel zum Einsatz, nach rund 10 Jahren Gensoja waren es 60% mehr!

Gentechnik bringt keine Wunderpflanzen: Seit jeher vor allem vier Pflanzen verändert angebaut: Soja, Mais, Baumwolle und Raps, beinahe alle werden vor allem mit einer eingebauten Resistenz gegen ein Gift von derselben Firma angeboten, die das Saatgut verkauft.

Keine Antwort auf Klimawandel und Hunger!

Jetzt scheint ein Argument für die neuen Technologien die Klimakrise zu sein. Allein: Dürre- und Hitzeresistenz ist nicht auf einem einzelnen Gen festgeschrieben, es gibt bislang keinen einzigen Zulassungsantrag für „klimafitte“ gv-Pflanzen, aber zahlreiche, wo es erneut Pestizidresistenzen sind oder etwas veränderte Eigenschaften und Inhaltsstoffe der Pflanzen und Früchte.

Und wir wissen seit vielen Jahren: Dass beinahe eine Milliarde Menschen auf unserem Planeten hungern, hängt nicht mit der Menge der erzeugten Nahrungsmittel zusammen. Es sind unerbittliche Verteilungsfragen.

Nach wie vor hungern die meisten Menschen auf dem Lande. Sie hätten genug, bekämen sie sicheren Zugang zu Land, Wasser und Saatgut. Gerade letzterer wird von den Gentechnik-Konzernen und ihren Patenten aber noch mehr verunmöglicht.

Es bleibt das Gebot der Stunde, eine Agrarwende einzuleiten, die Menschen diese Zugänge gewährt.

Warum ist der Konflikt wieder so massiv aufgebrochen?

Die großen Saatgutunternehmen versuchen clever, sich die Klimakrise zu Nutze zu machen.

Aus den wichtigen Forderungen nach schnellem, konsequentem Klimaschutz und kluger Anpassung an die Änderungen haben sie gemacht: „Wir haben keine Zeit – es braucht Klimapflanzen im Turbozuchtverfahren“.
Es ist und bleibt aber wichtig, die Zusammenhänge zu verstehen und zu fragen: Wem nutzen diese Technologien? Wir rufen dazu auf, sehr aufmerksam zu verfolgen, wie die aktuelle Diskussion verläuft. Gerade, wenn es um viel Geld und Saatgut-Kontrolle geht, sind die Versprechungen der Industrie genau zu hinterfragen. Die patentierte Saat hat massive Auswirkungen auf den Zugang zu Saatgut insbesondere im globalen Süden.

Wenn die EU die neuen Gentechnischen Verfahren einfach raus nimmt aus ihren Regeln für Gentechnik, dann wird es für die ökologisch wirtschaftende Höfe keine Möglichkeit mehr geben, Gentechnikfreiheit nachzuweisen. Die Entscheidung stellt sämtliche Kennzeichnungs-Strategien auf den Kopf, wenn durchkommt, was sich die Konzerne wünschen.

Gentechnisch-kritische Institute haben bewiesen, dass auch die neue Gentechnik in den Pflanzen gut nachweisbar ist. Allerdings ist es dafür nötig, dass sie die Zulassungsverfahren durchlaufen und bekannt wird, welche Veränderungen vorgenommen worden sind.

Was hat das mit der Tierhaltungswende zu tun?

Eine ganze Menge. Nach wie vor ist Soja als Tierfutter die am meisten verkaufte gentechnisch veränderte Pflanze.
Damit setzt die Gentechnik den massiven Auswirkungen der globalen Futtermittel-Lieferketten noch einen drauf: Die gegen Glyphosat resistente Round-up-ready-Sojabohne hat den Einsatz von Pestiziden in den Anbauregionen nach anfänglichen Einsparungen massiv in die Höhe getrieben.
Das teure, patentierte Saatgut hat einen Anteil an der Konzentration der Soja-Produzenten und an deren Menschenrechtsverletzungen sowie den massiven Zerstörungen von Regenwald und Savanne.

Es lohnt sich, für eine Landwirtschaft zu streiten, in denen es keine Patente auf Saatgut gibt, keine globalen Futtermitteltransporte und stattdessen regional angebautes, wertvolles, gentechnikfreies Soja für den menschlichen Genuss.