Bündnis Junge Landwirtschaft und Flächenplattform

Der schwierige Zugang zu landwirtschaftlichen Nutzflächen trifft vor allem jene, die Ackerland dringend zum Aufbau eines Betriebs brauchen: Junglandwirt:innen und Gärtner:innen sowie Quereinsteiger:innen in die Landwirtschaft, die sich eine Existenz aufbauen möchten und nicht das Glück haben, von ihren Eltern einen Hof zu erben. Insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern bedingen die vorhandenen großbetrieblichen Strukturen, dass der Einstieg für viele gut ausgebildete Gründer:innen eine unüberwindbare Hürde für die Bewirtschaftung eines eigenen Hofes darstellt. Wir brauchen aber mehr junge Menschen in der Landwirtschaft. EU weit sind nur 6% der Menschen, die einen Hof führen, unter 35 Jahre alt. Daran muss sich etwas ändern! In der Region Berlin-Brandenburg setzt sich dafür seit fast 10 Jahren das Bündnis Junge Landwirtschaft ein.

Begonnen hat alles 2012, erzählt Willi Lehnert, Geschäftsführer des Vereins: „Wir kamen damals alle frisch vom Studium oder aus der Ausbildung und wollten in die Praxis gehen und haben festgestellt – Das ist ja gar nicht so einfach!“. Wie viele andere vor ihnen wurden auch er und seine Mitstreiter:innen mit der Situation auf dem Bodenmarkt konfrontiert, dass einer kleinen Anzahl von Betrieben der größte Anteil der landwirtschaftlichen Flächen gehört bzw. von ihnen bewirtschaftet wird. Um den Rest des Kuchens streiten sich viele Akteur:innen, die manchmal gar nicht aus der Landwirtschaft kommen, Boden als Kapitalanlage sehen und häufig finanzstärker sind. Diese Situation bedeutet für viele junge Menschen, dass der Wunsch nach einem eigenen Hof ferne Utopie bleibt.

Der Protest gegen die BVVG als Startschuss

In Ostdeutschland ist noch ein weiterer Player auf dem Flächenmarkt aktiv: Die bundeseigene Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG). Vor allem deren Vergabepraxis war und ist dem Bündnis Junge Landwirtschaft ein Dorn im Auge. „Mit ihrem Vorgehen unterstützt die BVVG nicht die lokalen Betriebe oder Existenzgründer:innen, sondern bedient eher Großinvestor:innen und andere Interessen“, kritisiert Lehnert mit Blick auf die Flächenvergabe, die sich an Höchstpreisen orientiert. „Um das zu ändern sind wir aufgestanden und haben politische Arbeit geleistet, Druck gemacht und einige Erfolge erzielt“.

Aus der anfänglichen Gruppe von Aktivist:innen ist mittlerweile ein Netzwerk erwachsen, welches fest rund um Berlin und in Brandenburg verwurzelt ist und landwirtschaftlichen Existenzgründer:innen mit viel Wissen zur Seite steht: beim Zugang zu Flächen, zu Beratungs-, Begleitungs- und Mentoringangeboten unterstützt der Verein. „Unser Hauptfokus ist die Vernetzung von Junglandwirt:innen untereinander. Und diese, die es werden wollen“, betont Willi Lehnert.

Und mit den zunehmenden Aufgaben wurden auch die Mitglieder diverser: „Bei uns sind Menschen beteiligt, die im ganzen landwirtschaftlichen oder agrarpolitischen Bereich aktiv sind oder damit zu tun haben. Wir haben auch Verarbeiter:innen, Köch:innen, Imker:innen, Bierbrauer:innen oder Menschen aus der Wissenschaft bei uns“, so Lehnert weiter. Diesem bunten Mix an engagierten, praxisorientierten Menschen entspringen oft neue Projektideen, wie zum Beispiel die der Flächenplattform Brandenburg.

Die Flächenplattform – eine langjährige Entwicklung

Das Konzept hinter der Flächenplattform Brandenburg ist relativ einfach: Landsuchende und Flächeneigentümer:innen können sich kostenfrei auf der Plattform registrieren und dann aktiv die eingestellten Angebote und Gesuche durchstöbern oder eigene Anzeigen aufgeben. Ziel ist, in der Region eine Austauschmöglichkeit zu gestalten, in der Flächeneigentümer:innen und Junglandwirt:innen auf Flächensuche vernetzt werden können.

Das Bündnis profitierte bei der Ausarbeitung der Flächenplattform von ihrer guten Netzwerkarbeit – die Anliegen und die Wünsche von Stiftungen und Vereinen, welche Flächen zu vergeben haben, konnten so mit den Anliegen der Junglandwirt:innen abgestimmt werden. „Die haben festgestellt, dass ihnen genau diese Verbindung zu den jungen Menschen fehlt, die nachhaltige, umweltschonende Betriebskonzepte umsetzen wollen.“

Diese Unkenntnis voneinander und das damit einhergehende Informationsdefizit soll durch die Flächenplattform Brandenburg aufgelöst werden. Lehnert ist überzeugt, „dass es viele Menschen und Institutionen gibt, die ihre Flächen in nachhaltige Bewirtschaftungen geben und damit auch einen Beitrag für den Umweltschutz leisten wollen. Auch regionalentwicklungsspezifische Aspekte werden von Flächeneigentümer:innen mehr und mehr berücksichtigt.

Der Gärtnerinnenhof Blumberg – Flächenzuwachs durch die Flächenplattform Brandenburg

Vom weit verzweigten Netzwerk, das Willi Lehnert und seine Mitstreiter:innen um sich herum aufgebaut haben, konnte bspw. der Gärtnerinnenhof Blumberg profitieren und an eine Fläche kommen. Der direktvermarktende Gemüsebaubetrieb nahe Berlin ist selbst mit dem Problem der hohen Landpreise konfrontiert. „Wir hatten keine Erweiterungsperspektive für den Hof, weil es eine beinahe unlösbare Aufgabe ist, hier an Flächen zu kommen“, erzählt Maria Natt, die den Hof 2019 mitübernommen hat.

BJL-IsabelleBurmeister-und-MariaNatt

Für den Gärtnerinnenhof war das Informationsdefizit sehr real: Eine Familie aus dem Nachbardorf wollte ihre Fläche nach dem Auslaufen des Pachtvertrages in eine ökologische und verantwortungsvolle Bewirtschaftung geben, da sie mit der bisherigen Art und Weise nicht einverstanden war. Obwohl die Familie im Hofladen des Betriebes einkaufen und gleich nebenan leben, fragte sie nicht beim Gärtnerinnenhof an, ob dieser Fläche brauchen könnte. Stattdessen sprach sie größere Bio-Betriebe in der Nähe an, welche wiederum das Flächenangebot an Willi Lehnert weiterleiteten. Da der Gärtnerinnenhof selbst im Bündnis Junge Landwirtschaft e.V. aktiv ist, kontaktierte Lehnert Maria Natt. „Innerhalb eines Tages war dann klar, dass wir die Fläche weiter bewirtschaften können“, schildert diese.

Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig die Vernetzungsarbeit vom Bündnis Junge Landwirtschaft ist. Für Maria Natt steht fest, dass „ohne diesen Kontakt, diese Flächenplattform in Person von Willi, wären wir, trotz der räumlichen Nähe, gar nicht mit der Familie zusammengekommen und hätten die Fläche nicht erhalten. Ganz einfach deshalb, weil es diesen Informationsfluss nicht gegeben hätte.“

Die Flächenplattform als wichtiges Instrument

Die Flächenplattform kann darüber hinaus noch viel leisten und ist ein weiteres Element innerhalb der Vernetzungsbestrebungen des Vereins. Lehnert erzählt dazu: „Klar gab es in der Vergangenheit immer wieder Flächenangebote und auch –gesuche. Diese konnten wir aber nur intern weiter bearbeiten. Mit der Flächenplattform passiert das auf einer professionelleren Ebene, das ist ein großer Erfolg. Denn Flächenangebote und -gesuche werden nun einem viel größerem Kreis von Junglandwirt:innen und Quereinsteiger:innen zugänglich.“

Langfristig soll die Flächenplattform Brandenburg institutionell verankert und damit verstetigt werden, um Land und Leute zu vernetzen.

„Je mehr Kontaktstellen es gibt und je größer das Netzwerk ist, desto stärker ist es.“ Willi Lehnert kann sich Flächenplattformen auch in anderen Regionen Deutschlands vorstellen, denn „Es gibt überall Menschen, die Flächen haben und andere Menschen, die Flächen suchen.“ Er ist sich sicher: „Eine Flächenplattform, die lokal ansässige, bäuerliche Betriebe unterstützt, ist überall notwendig.“

BJL-flaechenplattform

Forderungen an die Politik

Maria Natt und Willi Lehnert sind sich jedoch einig, dass Vernetzungsarbeit allein nicht reicht. „Wo die Vergabe von Flächen in der öffentlichen Hand ist, ist sie an Vergabekriterien zu koppeln. Land ist eine wertvolle Ressource, damit muss verantwortungsvoll umgegangen werden. Flächen in öffentlichem Eigentum müssen gesellschaftlichen Zielen wie Klima-, Umwelt-, Natur-, und Tierschutz zur Verfügung stehen“, fordert Maria Natt.

Projektkoordinator Lehnert wünscht sich eine stärkere Förderung von jungen Menschen im ländlichen Raum, speziell in der Landwirtschaft. „Mir geht es dabei nicht um pauschale Hektarzuschläge, sondern um flächendeckende, individualisierte Beratungs- und Begleitungsangebote für Menschen, die innovative Betriebsformen anstreben, die nicht den Weltmarkt, sondern den Wochenmarkt im Blick haben. Menschen, die lokal ansässig sind und dort Verantwortung übernehmen.“

Was wir mitnehmen können

Das Bündnis Junge Landwirtschaft vernetzt viele Akteur:innen, die aus allen Bereichen der Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung kommen. Durch das Netzwerk entstehen Projekte wie die Flächenplattform Brandenburg, durch die der Zugang zu landwirtschaftlicher Fläche für Junglandwirt:innen erleichtert werden kann. Daneben ist das Bündnis die starke Stimme der jungen Menschen, die in der Landwirtschaft tätig sind und vertritt sie auf politischer Ebene.

Mit viel Herzblut, Handarbeit und Aktivismus konnten die Menschen, die das Bündnis bilden, bereits Einiges erreichen und sie arbeiten weiterhin daran, die Perspektive von jungen Bäuer:innen zu verbessern.

Die Flächenplattform Brandenburg wird im Rahmen eines Projekts durch das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) des Landes Brandenburg sowie der EU im Rahmen von ELER realisiert.