Kein Regenwald für Tierfutter

Weniger Tiere halten, Agrarpolitik neu gestalten!

Wer den Regenwald vor der Vernichtung für billige Futtermittel bewahren will, muss sich immer auch für weniger Verbrauch von Fleisch, Milch und Eiern engagieren. Wir können die Abhängigkeit von Import-Soja nur beenden, wenn wir die Nutztierzahlen sehr stark reduzieren.

Wir müssen aber auch der Politik Beine machen: Denn die letzten Bundesregierungen setzten alle darauf, mit noch billigerer Produktion in der Landwirtschaft mehr Fleisch, Eier und Milch zu produzieren und neue Exportmärkte zu erobern. Sie haben daran mitgewirkt, dass die finanzielle Förderung für die Landwirtschaft die größten Betriebe unterstützt und viele kleine und mittelständische Betriebe für immer ihre Hoftüren schließen mussten. So funktioniert es nicht. Wir brauchen eine flächengebundene Tierhaltung, bei der nur so viele Tiere gehalten werden, wie der Betrieb auch über eigene Flächen ernähren kann (inkl. Zukauf aus der direkten Umgebung). Dann wird auch der Mist der Tiere zum wertvollen Dünger statt zum zusätzlichen Umweltproblem.

Kampagne von 2018
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Warum wir uns jetzt an die Politik wenden

Alle sieben Jahre wird über den Agrarhaushalt der EU beschlossen. Rund 60 Milliarden Euro stellt dieser Jahr für Jahr für die Landwirtschaft zur Verfügung. Davon können Agrarkonzerne profitieren – oder die bäuerlichen Betriebe, die mit ihrer Arbeit Menschen, Umwelt und Tieren Gutes tun. In mehreren Umfragen in allen EU-Mitgliedsländern hat sich gezeigt, dass die Bürger*innen überall eine Finanzierung der Gemeinwohlaufgaben befürworten – beispielsweise eine Landwirtschaft, die Artenvielfalt erhält, Bienen Nahrung bietet, Böden, Trinkwasser und eine saubere Luft schützt.

Bei der letzten Entscheidungsrunde über die sogenannte Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) 2012/13 hat sich die Agrarindustrie massiv gegen gute Vorschläge des damaligen Agrar-Kommissars gestemmt. Aus dem gut gemeinten „Greening“ wurden wenige, deutlich abgeschwächte Umweltmaßnahmen, die für alle Höfe gelten. Der größte Teil des Geldes wird weiter pro Hektar bewirtschaftetes Land vergeben. Das bevorzugt die größten Betriebe, die leider gerade nicht für die Vielfalt, die Umweltfreundlichkeit und direkten Beziehungen stehen, die wir für lebendige Dörfer und eine zukunftsfähige Landwirtschaft brauchen. Für weitere Agrarumweltmaßnahmen können die Betriebe extra Förderungen bekommen, wenn sie entsprechende Anträge stellen. Dabei handelt es sich jedoch um wesentlich weniger Geld.

In intensiven Diskussionen haben viele Umwelt-Organisationen und Bäuerinnen und Bauern daraufhin an alternativen Konzepten für die Gemeinsame Agrarpolitik gearbeitet. Besonders konkret geworden ist die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) mit ihrem „Vorschlag für eine gerechte EU-Agrarpolitik nach 2020“. Wir möchten deren Konzept bei der nächsten Agrarministerkonferenz in Münster gemeinsam stark machen – und Regenwaldschutz auf die Agenda der Agrarpolitiker*innen bringen.

Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt: Mach mit! Wir übergeben deine Unterschrift an den/die Vorsitzende der Agrarministerkonferenz.

Lies weiter: Die Wege der Sojabohne … und wertvolle Alternativen

Wir haben im Rahmen des Projektes „Lego…was“ viele Informationen zusammengetragen über den Anbau von Soja in Brasilien, Paraguay und Bolivien. Hier geht es zu den Hintergrundseiten, auf denen sich eine interaktive Karte befindet, die zeigt, welche Reisen um die Erde das Tierfutter heute täglich antritt.

Wir zeigen auch Alternativen auf: Denn Futter für das liebe Vieh lässt sich auch vor der eigenen Haustür anbauen. Das Wissen um manche der wertvollsten Futterpflanzen drohte in Vergessenheit zu geraten und wird in den letzten Jahren endlich wieder entdeckt.


Was fressen die Tiere?

Rinder

Rinder fressen zum großen Teil Gras, Grassilage, Maissilage und Heu. Werden sie auf der Weide gehalten, können robuste Rindersorten sich davon ausschließlich ernähren. Die meisten und besonders die auf Leistung gezüchteten Rassen für die Milcherzeugung und die Mast bekommen Ergänzungsfutter, insbesondere Eiweiß. Hier findet sich das Soja wieder oder als Ersatz das Rapsschrot.

Schweine

Schweine sind Allesfresser und wurden zu Großmutters Zeiten oft mit Hausabfällen ernährt. Die heutigen Hochleistungsschweine fressen Getreide als Grundfutter und sehr eiweißhaltiges Ergänzungsfutter zum schnellen Wachstum und Muskelaufbau, weil heute mageres Fleisch besser als fettes verkauft wird. Schweine könnten allerdings auch draußen gehalten werden. Wald-Weide-Haltung mit Eichelmast ist beispielsweise eine extensive Haltungsform.

Legehennen

Legehennen haben einen extrem hohen Nährstoffbedarf, um nahezu täglich ein Ei legen zu können. Sie fressen Getreide als Schrot oder Mehl, und bekommen zusätzliche Mineralstoffe und auch extra Proteine (=Eiweiße). In der Hähnchenmast braucht es Energiefutter, um auf die schnellen Gewichtszunahmen vor der Schlachtung zu kommen.

Wieviel Soja steckt in meinem Schnitzel?

Mehr als ein halbes Kilo Soja wird zum Beispiel benötigt, um gemeinsam mit anderen Futtermitteln ein Kilo Geflügelfleisch zu erzeugen. Dagegen ist der Sojaverbrauch von Vegetarier*innen und Veganer*innen gering.

Soja-Anbau in Brasilien

Brasilien gilt als das wichtigste Sojaland der Welt. Zusammen mit den USA steht es an der Spitze der Sojaproduktion, exportiert aber einen größeren Teil seiner Ernte nach China und nach Europa. Auf einer Fläche ungefähr so groß wie Deutschland, wächst in Brasilien die Sojabohne in Monokultur.

46% der exportierten Produkte des Landes stammten 2015 aus der Landwirtschaft, Soja war dabei das wichtigste Exportgut. Gewinner*innen des Sojabooms sind die Großgrundbesitzer*innen: sie haben das Land (76 Prozent der bewirtschafteten Flächen), das Geld (86 Prozent der Agrarkredite) und die Exportgewinne (60 Prozent ihrer Produktion wird exportiert). Die Kleinbäuer*innen verlieren, obwohl sie für Ernährung und Lebensunterhalt von vielen Menschen sorgen: sie bewirtschaften nur 24 Prozent der Flächen, erzeugen 70 Prozent der Lebensmittel für den inländischen Markt und stellen die Arbeitsplätze für 74 Prozent der in der Landwirtschaft Beschäftigten.

Die Wälder weichen

Für die gigantischen Sojafelder wurden und werden Wälder im großen Stil gerodet. Laut der brasilianischen Statistikbehörde IBGE wurden allein zwischen den Jahren 2000 und 2014 rund 10 Prozent der Wälder abgeholzt. Auch im Amazonas-Gebiet mit dem besonders wertvollen Regenwald finden immer wieder illegale Rodungen statt. Und das obwohl nach jahrelangen weltweiten Diskussionen 2006 ein Sojamoratorium zum Schutz der Tropenwälder in Brasilien beschlossen wurde. Es verbietet das Roden der Regenwälder für den Sojaanbau. Die Regeln wurden 2009 verschärft, so dass auch Rinderherden nicht mehr auf frisch gerodeten Flächen weiden dürfen. Die Kreativität beim Umgehen dieser Regeln ist aber weitgreifend.

Satellitenaufnahmen von 2016 zeigen, dass die Abholzung des Amazonaswaldes um fast 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugenommen hat. 8000 Quadratkilometer Wald wurden vernichtet – das entspricht der neunfachen Größe Berlins. Neben dem tropischen Regenwald ist der Trockenwald Cerrado ein sehr wichtiges und das zweitgrößte Ökosystem Südamerikas.

Nicht alle Rodungen werden direkt vom Soja-Anbau ausgelöst. Auch Viehzucht und Minenkonzerne spielen eine Rolle. Aber wenn man sich vor Augen führt, dass die landwirtschaftlich genutzte Fläche in Brasilien in den letzten 15 Jahren fast um die Hälfte gewachsen ist und dies zum Großteil dem Sojaboom zuzuschreiben ist, wird das Ausmaß des Flächenverbrauchs deutlich. Die „Grüne Wüste“ des Bundesstaates Mato Grosso mit Sojapflanzen bis zum Horizont zeigt diese Dramatik deutlich.

Konflikte um Land

Mit der Ausweitung des Soja-Anbaus gehen Konflikte um Landnutzungsrechte einher. Nicht selten werden Kleinbäuer*innen und indigene Gemeinschaften von dem Land vertrieben, das sie seit vielen Jahren bewirtschafteten. Die Konflikte fordern Todesopfer auf Seiten der Kleinbäuer*innen und Indigenen, beispielsweise bei den Guarani-Kaiowá im Bundesstaat Mato Grosso do Sul (Mehr Infos von FIAN Deutschland).

Seitdem in Brasilien seit Mitte 2016 die liberal-konservative Regierung unter Michel Temer an der Macht ist, wird die exportorientierte Agrarindustrie weiter gestärkt. Zum Agrarminister ernannte er den größten Sojaproduzenten der Welt, Blairo Maggi (Firma Amaggi). Die Landlosenbewegung kritisiert, dass neue Gesetze Waldrodungen erlauben oder die Kontrollen und die Verfolgung von sklavereiähnlichen Arbeitsverhältnissen erheblich erschweren. Das von der Vorgängerregierung eingerichtete Landwirtschaftsministerium für kleinbäuerliche Betriebe wurde vom neuen Präsidenten aufgelöst.

Gentechnik – geht es auch ohne?

Über 90 Prozent der brasilianischen Soja ist gentechnisch so verändert, dass die Pflanzen einem Totalherbizid widersteht, das jede andere grüne Pflanze tötet. Das bekannteste Herbizid ist Glyphosat, das im Verdacht steht, Krebs auszulösen. Wo es in hohen Dosen eingesetzt wird, berichten Plantagenarbeiter und Anwohnende von zahlreichen weiteren Gesundheitsproblemen. Da sich inzwischen resistente Unkräuter gebildet haben, spritzen die Landwirte Pestizide in immer höheren Dosierungen und greifen auf Gifte zurück, die wegen ihrer Gefährlichkeit seit Jahren nicht mehr ausgebracht wurden. Das führt zu Rückständen der Pestizide im Trinkwasser und im Boden, eine weitere Gefahr für Menschen und Umwelt.

Wie kam die Gentechnik ins Land? Lange Zeit bestand in Brasilien ein Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen. Seit 1997 wurde das entsprechende Saatgut illegal aus Argentinien eingeschmuggelt. Die Gentechnik-Firma Monsanto versuchte jahrelang, den Anbau von gentechnisch veränderter Soja in Lateinamerika durchzusetzen. Im Jahr 2004 waren über 80 Prozent der Sojaernte im Bundesstaat Rio Grande do Sul gentechnisch verändert. Daraufhin folgte 2005 die offizielle Genehmigung der brasilianischen Behörden.

Dennoch ist Brasilien nach China zugleich der zweitgrößte Exporteur von konventioneller (Non-GMO) Soja. 2015 waren rund 17 Prozent der weltweiten Ernte gentechnikfrei. Von diesen 56 Millionen Tonnen wurden aber nur 5 Millionen Tonnen als gentechnikfrei zertifiziert und verkauft. Von dieser zertifizierten Soja liefert Brasilien wiederum 80 Prozent. Gentechnikfreie Soja aus Brasilien wird nach dem Pro Terra Standard zertifiziert, bei dem auch Naturzerstörung sowie der Einsatz besonders giftiger Pestizide ausgeschlossen und die Verletzung von Sozialstandards sowie Landraub unterbunden werden sollen. Eine solche freiwillige und private Zertifizierung ersetzt aber keine staatlichen Regelungen zum Anbau und Import von gentechnisch veränderten Pflanzen. Außerdem basiert die Zertifizierung auf funktionierenden und strengen Kontrollen. Ob und wie häufig diese stattfinden, sei laut der Kritik von NGOs oft nicht nachvollziehbar. Mehr zu Sojasiegeln kannst du hier erfahren (Link Seite Sojasiegel).

Prof. Andrioli im Interview

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Im Interview mit Aktion Agrar spricht Prof. Dr. Antonio Andrioli von der ersten brasilianischen Universität, die auf Initiative von Kleinbäuer*innen und Indigenen entstanden ist, über die gesellschaftlichen und ökologischen Folgen des Soja-Anbaus in Brasilien.

Agrocalypse

Der „Film Agrocalypse – der Tag, an dem die Gensoja kam“ (Regie und Kamera Marco Keller, 2016) zeigt Ausmaß und Probleme des Soja-Anbaus in Brasilien. Den Film könnt ihr zur Zeit hier in den Kinos sehen oder selbst eine Veranstaltung mit dem Film organisieren. Schau dir den Trailer an:

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Sojaanbau in Paraguay

In den Neunziger Jahren begann in Paraguay ein Sojaboom. Brasilien hatte es vorgemacht und führte dieses Modell nun in Paraguay ein: mit dem Anbau und Export von Sojabohnen nach Europa (und später Asien) kann Geld gemacht werden. Ackerland gewann an Wert und wird bis heute von Investoren großflächig aufgekauft. Zuerst kamen Landwirte aus dem angrenzenden Brasilien. Sie verkauften ihr dortiges Land und konnten sich dafür ein viel größeres in Paraguay leisten. Dann wurden auch diese von Großgrundbesitzern und von den internationalen Agrarkonzernen verdrängt, die das Interesse haben, weite Teile der Lieferkette zu kontrollieren.

Aus Argentinien kam das gentechnisch veränderte Saatgut. Durch den Schmuggel eingeführt, wurde es ab dem Jahr 2004 vom Staat legalisiert. Heute sind Fleisch und Soja die wichtigsten Exportprodukte Paraguays. Während die Kleinbäuer*innen nur acht Prozent der landwirtschaftlichen Fläche bearbeiten, wachsen auf den restlichen 92 Prozent ausschließlich Monokulturpflanzen für den Export. Deutschland ist der zweitgrößte Abnehmer von Sojabohnen nach Russland. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um das von Monsanto patentierte gentechnisch veränderte „ Roundup Ready“ Soja.

Für den Sojaanbau in Monokultur mussten riesige Flächen an Urwäldern weichen, Territorium der indigenen Guarani. Weite Teile der acht Millionen Hektar Wald im Osten des Landes wurden abgeholzt. Inzwischen ist der Sojaanbau auch in den Westen des Landes gewandert, der trockenen Chaco-Region, in der traditionell Viehzucht betrieben wird. Diese expandiert seit Jahren und verschlingt die Wälder. Nun droht der Sojaanbau zusätzlich die einzigartige Natur des Chaco zu zerstören. Im Januar 2018 erließ der Präsident ein Dekret, welches die totale Abholzung ermöglicht. Es wird befürchtet, dass nun die letzten Wälder der Soja weichen.

Unterschlupf mit trocknender Wäsche im Feld
Bild: Reste des Dorfes Guahory – illegal von der Polizei geräumt, verdrängt von der Soja. Nina Bünger (FIAN)

Konflikte um Land

Auch Indigene und Kleinbäuer*innen müssen der Soja weichen, da ihre Gemeinschaften von ihrem Land verdrängt werden. Nicht selten sieht man im Osten ein Dorf umzingelt von Sojafeldern oder Schulgebäude inmitten von Sojaflächen. Dies sind Anzeichen dafür, dass die Menschen ihre Landnutzungsrechte verloren haben. Agrarindustrie und Investoren missachten diese Rechte und entziehen damit den Indigenen und Bäuer*innen ihre Lebensgrundlage. Der Staat hat hierbei eine große Verantwortung, denn er kommt seiner Pflicht nicht nach, die ländliche Bevölkerung vor Übergriffen zu schützen, Pestizideinsätze zu kontrollieren und den Menschen den Zugang zu Land zu gewährleisten. Korruption ist hier ein wesentliches Vehikel, das die Expansion der Soja ermöglicht.

Der Soja-Anbau findet mancherorts sogar unter dem Schutz von Polizei oder bewaffneten Diensten statt. Viele Landkonflikte sind in den vergangenen zehn Jahren zu gewaltvollen Auseinandersetzungen geworden, da sich die Bäuer*innen gegen die Naturzerstörung durch Pestizide und deren gesundheitlichen Folgen sowie gegen die Vertreibung von ihrem Land wehren. Vor allem seit dem Machtwechsel 2012 nimmt die Gewalt gegen die ländliche Bevölkerung zu, wie es in massiven Landvertreibungen, Repressionen bei sozialen Protesten oder der Kriminalisierung von Menschenrechtler*innen niederschlägt.

Von Seiten der Kleinbäuer*innen gibt es Landbesetzungen, da dies ihre einzige Möglichkeit ist, ihr traditionell bewohntes Land und ihre Lebensgrundlage zurück zu bekommen. Ihnen bleibt sonst nur noch das Abwandern in die Armenviertel der Städte oder die Migration nach Spanien. Damit verlieren sie auch ihre Macht, sich selbst und die Bevölkerung zu ernähren, ihre Ernährungssouveränität. Sie werden nicht nur vom Markt ausgeschlossen, sondern auch zu Konsument*innen teurer Lebensmittel, die vermehrt importiert werden. So wurden in Paraguay 2015 das Dreifache an Gemüse und Hülsenfrüchten und das Vierfache an Obst importiert als zehn Jahre zuvor.

Die Kleinbäuer*innen haben zwischen 1992 und 2008 fast ein Drittel ihres Landes an das Agrobusiness verloren. Die Anbaufläche von Kleinbäuer*innen an Grundnahrungmitteln soll sich in den letzten zehn Jahren halbiert haben. Großgrundbesitzer*innen dominieren das Bild: schon im Jahr 2008 verfügten 0,2 Prozent der Betriebe über 41 Prozent des Ackerlandes. Seit dem Ende der Stoessner-Diktatur 1989 ist eine Landreform die wichtigste Forderung der Bauernorganisationen. Sie wurde bis heute nicht umgesetzt.

lagernde Pestizidverpackungen
Bild: Lager des Pestizids Roundup. Regine Kretschmer

Mit Gift und Gentechnik

Seit 1996 wächst in Paraguay Monsantos Gensoja „Roudup-Ready“. Als die Regierung diese im Jahr 2004 als erste gentechnisch veränderte Pflanze genehmigte, bedeckte sie in Paraguay schon mehr als eine Millionen Hektar. Die genetische Veränderung bewirkt, dass die Pflanze resistent ist gegen das ebenfalls von Monsanto vertriebene Pestizid „Roundup“, dessen Wirkstoff Glyphosat ist. Glyphosat ist ein Totalherbizid, was bedeutet, dass es alle Pflanzen abtötet, die bei entsprechender Dosierung mit ihm in Berührung kommen. Landwirte nutzen es um Umkraut zu bekämpfen z.B. vor der Aussaat. Bei der gentechnisch veränderten Pflanze kann das Glyphosat auch während der Wachstumsphase der Pflanze versprüht werden, was zu einer höheren Dosierung führt.

Im Jahr 2015 stufte die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) – eine Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Glyphosat zum ersten Mal als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Gemeinden, die an die Sojafelder angrenzen, berichten immer wieder von Fehlgeburten, Missbildungen und Krebsfällen, die mit dem direkten Kontakt mit Glyphosat in Verdbindung gebracht werden können. Andere Pestizide führen zu Allergien, Atemnot oder Erblinden. Die Gifte gelangen über den Boden ins Trinkwasser der lokalen Bevölkerung oder in Bäche und Gewässer. Liegen die Äcker der Kleinbäuer*innen direkt neben der Sojaplantage und der Wind verweht das Glyphosat, ist ihre Ernte hinüber.

Seit die gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut werden, ist die Menge an ausgebrachten Pestiziden in die Höhe geschnellt. Ein wichtiger Grund sind Superunkräuter, die inzwischen eine Resistenz gegen Glyphosat entwickelt haben. Gegen diese hilft nur eine höhere Dosierung oder der Rückgriff auf stärkere Gifte, die bereits von den Äckern verschwunden waren. Mehr als 30 Millionen Liter Glyphosat werden aktuell in Paraguay pro Enrtezyklus versprüht. 2015 wurden zusätzlich zwei Millionen Liter des deutlich giftigeren Herbizids 2,4-D und 9 Millionen Liter Paraquat ausgebracht. Ein anderer Weg wäre die Abkehr vom monokulturellen Anbau auf gigantischen Flächen, der die Böden auslaugt und die Pflanzen für Schädlinge anfällig macht.

Der Gentechnik-Konzern Monsanto hat in Paraguay einen außerordentlichen politischen Einfluss gewonnen. In einer als „parlamentarischen Putsch“ bezeichneten Aktion wurde im Jahr 2012 der progressive Präsident Lugo seines Amtes entholben. Er hatte unter anderem versucht, eine kritische Pflanzenschutzbehörde aufzubauen, den Einfluss von der Sojalobby, unter anderem von Monsanto, einzudämmen und eine Agrarreform anzustoßen. Wo es bislang nur die Zulassung für Monsantos Roundup-Ready-Sojabohne gab, wurden seit 2012 nun 17 gentechnisch veränderte Sorten zugelassen, sogar ohne die Zustimmung der zuständigen „Nationalen Behörde für Qualität und Gesundheit von Pflanzen und Saatgut“ (SENAVE). Der agrarpolitische Kurs ist pro Industrie und Exporte. Es gibt sogar eine so genannte „Monsanto-Steuer“, die der Konzern auf jede Sojabohne erhält, die das Land verlässt. Der Staat Paraguay erhebt hingegen keine Exportsteuern. Da der Handel von internationalen Konzernen dominiert wird, profitiert der Staat auch nicht von Gewerbesteuern. Wenig der Wertschöpfung aus dem Sojahandel bleibt also im Land.

Pestizide in Huber Dure, Paraguay

Das Dorf Huber Dure, welches sind in der Region von Curuguaty im Norden des Landes befindet, ist von Sojafeldern umzingelt. Das Dorf hat in den letzten Jahren bereits mehrmals die Verletzungen der Umweltgesetze und die negativen Folgen der Pestizideinsätze für die Gesundheit bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Diesen wurde aber nie nachgegangen.

Nach einer Pestizidsprühung in der benachbarten Sojamonokultur starben zwei kleine Kinder im Juli 2014: die dreijährige Adelaida Álvarez und das sechsmontate alte Baby Adela Álvarez. Weitere 15 Ewachsene und 18 Jugendliche wiesen Symptome von de Übelkeit, Erbrechen und Fieber auf. 15 Personen kamen ins Krankenhaus, da sich ihr Gesundheitszustand verschlechterte. Auch verendeten zahlreiche Kühe, Schweine und Hühner. Die Bauernorganisation Federacion Nacional Campesina (FNC) erstatte daraufhin bei allen relevanten Institutionen Anzeige, die aber nichts unternahmen. Das Gesundheitsministerium erklärte noch bevor eine Untersuchungen durchgeführt wurde, dass die Todesursache nicht mit den Pestizideinsätzen in Verbindung gebracht werden könne.

„Nach unserem Verständnis“, schlussfolgert Marcial Gómez der Bauernorganisation Federacion Nacional Campesina (FNC), „sind die Institutionen des Staates, die Justiz, das Parlament, von den Großgrundbesitzern und den transnationalen Firmen unterwandert worden.“

Landkonflikte in Paraguay

Guahory im Departament Caaguazu

Das Dorf Guahory versinnbildlicht die aktuellen Landkonflikte, die vom Sojaboom ausgelöst werden und zeigt, wie die Nachfrage nach Soja eine Spirale an Gewalt und Landraub verursacht. Guahory entstand Mitte der 80er Jahren und wurde als Dorf vom Staat 1986 anerkannt. Heute befindet es sich in einer der letzten Regionen im Osten Paraguays, die dicht von Kleinbäuer*innen besiedelt wird. Seit Jahren versuchen brasilianische Sojabauern, sich dieses Land anzueignen. Seit September 2016 ist es zu vier Räumungen durch schwerbewaffnete Polizeieinheiten gekommen; eine Intervention, die von der Bauernorganisation, Anwälten, Parlamentariern und dem eigenen Vorsitzenden der Landbehörde als illegal eingestuft wird. Der Räumung folgten unmittelbar Traktoren, mit denen die brasilianischen Sojabauern die Häuser und Felder zerstörten um dann sofort mit der Aussaat von Soja zu beginnen.
Der paraguayische Staat hat demnach seine Verpflichtung verletzt, die bestehenden Bauerndörfer mit sozialen Programmen zu stärken und Landrechte durchzusetzen. Außerdem hat der Staat seine Verpflichtung verletzt, den Menschen Schutz gegen Zwangsräumungen und Übergriffen zu gewährleisten. Viele Bauernfamilien, die sich in den 1990er Jahren im Dorf niederließen, zahlen seit Jahren ihr Stück Land ab. Trotzdem wurden sie von der Polizei vertrieben. Andere Landstücke, auf die die brasilianischen Sojabauern Anspruch erheben, wurden illegal von staatlichen Behörden an Privatpersonen verkauft. Die Bauernfamilien in Guahory betonen, dass sie auf dem Land leben und Nahrung für den täglichen Gebrauch produzieren, während die Brasilianer*innen dieses nutzen um darauf Soja für den Export anzubauen.

Reste des zerstörten Dorfs Guahory. Bild: Nina Bünger (FIAN)
Die Ayoreo im Chaco

Im Chaco, dem trockeneren und weniger besiedelten Westen des Landes, leben 13 indigene Völker. In dem Norden vom Chaco an der Grenze zu Bolivien, bewegen sich kleine Gruppen von Ayoreo, die in freiwilliger Isolation leben. Sie sind die letzten Indigenen südlich des Amazonasbeckens, die diese Form der Isolation bisher aufrecht erhalten kann. Ihre Bewegungsfreiheit wird aber durch die zunehmende Abholzung bedroht und ihr Lebensraum, und somit ihr Zugang zu Wasser und Nahrung, schrumpft auf immer kleinere Gebiete zusammen. Eine Sojaexpansion würde endgültig ihre Territorien und Lebensraum zerstören.

Naturzerstörung in Paraguay

Viele Millionen Hektar Wald wurden in Paraguay für den Soja-Anbau abgeholzt und das fruchtbare Land verwandelt sich in Sojawüsten. Der Lebensraum unzähliger Tier- und Pflanzenarten wird zerstört. Aktuell findet eine neue Welle der Waldrodungen im trockenen Chaco statt, weil der Sojaanbau in dieses Gebiet drängt. Schon in den letzten Jahren sind viele Viehzüchter*innen in den Chaco abgewandert, da sie ihre Felder für viel Geld an Sojaunternehmen verkaufen konnten und billigeres Land im Chaco erwarben. Diese Tendenz wird sich aufgrund der neuen Expansionswelle der Soja im Chaco verschärfen und zu der Abholzung der letzten Wälder führen.

Doch nicht nur die Wälder sind betroffen. Durch den massiven Einsatz von Pestiziden im Soja-Anbau werden Flüsse, Boden und Grundwasser verseucht. Die riesigen Brachflächen nach der Ernte sind der Erosion ausgesetzt. All dies und die mit Pestiziden verteidigten Monokulturen führen zu einem großen Verlust von Vielfalt an Pflanzen und Tieren.

Durch die massive Abholzung verändert sich auch das Klima. Es gibt Dürren oder Überflutungen, die der Abholzung zugeschrieben werden. Kleinbäuer*innen sind also extremen Klima- und Regenschwankungen ausgesetzt. Die Ernte werden schlechter und die Arbeitsbedingungen für die traditionell wirtschaftenden Bäuer*innen härter. Auch der Lebensraum der ländlichen Bevölkerung ist gefährdet und damit die Möglichkeit ihr Recht auf Nahrung zu gewährleisten.

Auch in Deinem Weltladen?

Kein Regenwald für Tierfutter – Agrarwende jetzt!

Bald schon ist es Zeit für die Mitgliedsländer der europäischen Union, sich zusammenzusetzen und darüber nachzudenken, wie es um die neue gemeinsame Agrarpolitik steht. Wir wollen jetzt schon Druck machen, den wirklich wichtigen Themen viel Aufmerksamkeit zu schenken.

Gemeinsam mit Weltläden in ganz Deutschland erreichen wir jetzt vor Ostern mit unseren Forderungen viele Menschen: Für eine bäuerliche Landwirtschaft, die gentechnikfrei und flächengebunden ist und weniger Tiere hält!

Gleichzeitig wollen wir den Zusammenhang zeigen zwischen industrialisierter Landwirtschaft und der Regenwaldzerstörung in Ländern des globalen Südens. Denn um die Millionen von Tieren zu füttern, die in Deutschland und Europa gehalten werden, bedarf es riesiger Mengen an Soja. Importiert aus Ländern, in denen dafür gigantische Naturflächen in Ackerland umgewandelt werden.

Betroffen sind unter anderem Menschen in Bolivien, die von dem leben, was die Wälder bieten und wilden Kakao sammeln. Da sie kein Land besitzen, ist es für sie besonders dramatisch, wenn Konzerne oder Großgrundbesitzer*innen den Regenwald zerstören, um dort Sojaplantagen anzubauen und Rinderherden weiden zu lassen.

Eine lokale Kooperative verarbeitet den Kakao zu wertvollen Kakaonibs, die das Regenwaldinstitut Freiburg importiert und vermarktet. Wir können dazu beitragen, dass die europäische Agrarpolitik diesen Menschen nicht länger ihre Existenzgrundlage nimmt. Außerdem bedeutet jeder Quadratmeter Regenwald aktiven Klimaschutz.

„Kein Regenwald für Tierfutter! Agrarwende jetzt!“

Mach mit! Unterstütze auch du mit deiner Stimme eine neue gemeinsame Agrarpolitik für die EU, indem du im Netz [ab 1. März] oder in einem der teilnehmenden Weltläden unterschreibst oder in deinem Umfeld mit dieser Liste selbst Unterschriften sammelst.

Die gesammelten Unterschriften übergeben wir mit einer fotogenen und phantasievollen Aktion bei der Bund-Länder-Konferenz der Agrarminister*innen Ende April in Münster.

Mit dem Erwerb von wilden Kakaonibs aus Bolivien leistest du einen Beitrag dafür, die Wildkakaosammler*innen bei ihrer Arbeit zu unterstützen und gleichzeitig ein Stück Regenwald zu erhalten

Unsere Idee: Backe doch zu Ostern etwas Feines mit wilden Kakaonibs!

Osterbrot mit Kakaonibs (vegan)

Für einen Zopf braucht ihr:
450 helles Dinkel- oder Weizenmehl
½ Würfel Hefe oder 1 Pck. Trockenhefe
60 g Zucker
1 Pck. Vanillezucker
1 gehäufter EL Lupinenmehl
40 – 50 g Kakaonibs
220 ml Hafermilch (warm)
90 g geschmolzene Margarine + etwas Margarine zum Bestreichen
Hagelzucker zum Bestreuen

1. Den EL Lupinenmehl mit 3 EL Wasser anrühren und beiseite stellen.
Das Mehl mit dem Zucker und dem Vanillezucker in einer großen Schüssel, in der Mitte eine Mulde machen. Die Hefe reinbröseln und mit der lauwarmen Hafermilch übergießen, zu einem Vorteig rühren und 15 min gehen lassen.
2. Nach 15 min das angerührte Lupinenmehl mit dem Kakaonibs und der geschmolzenen Margarine dazugeben und durchkneten. Mit einem sauberen Handtuch abdecken und an einem warmen Ort 60 min gehen lassen, bis der Teig sein Volumen fast verdoppelt hat.
3. Nach der Stunde den Teig durchkneten und nochmals 30 min gehen lassen. Den Backofen auf 170 Grad vorheizen. Den Teig dann in drei gleich große Teile teilen und wie einen Zopf flechten.
4. Mit geschmolzener Margarine einpinseln, mit Hagelzucker bestreuen und bei 170 Grad 20 – 25 min backen.
Inspiriert von: Greenvegadine.wordpress.com/

Unser Koopererationspartner, der Regenwaldladen in Freiburg ist hier erreichbar: www.regenwaldladen.de

Einweißfutter in Deutschland und Europa

Europa hat aufgrund massenhafter und auf Hochleistung orientierter Tierhaltung eine „Eiweißlücke“; es importiert jährlich 35,2 Millionen Tonnen Soja für Tierfutter, einen Großteil davon aus Südamerika. Über 16 Millionen Hektar Land außerhalb von Europa werden mit Soja belegt, das erst in die Tiermägen wandert und dann in die Mägen der Konsument*innen tierischer Produkte. Diese Fläche ist größer als das gesamte Ackerland in Deutschland (ca. 12 Millionen Hektar ohne Weideland). Wie kann es mehr Selbstversorgung mit heimischen Eiweißpflanzen in Europa geben?

Drei Wege aus der Eiweißlücke

1. Mehr Soja-Anbau in Europa

Ein Weg ist die Steigerung des Sojaanbaus in Europa, ein Ziel, das sich der Verband „Donau Soja“ auf die Fahnen geschrieben hat, zu dessen 250 Mitgliedern sowohl Vertreter des großen Lebensmittel- und Agrarhandels wie Cargill als auch Umweltorganisationen wie Greenpeace und der WWF zählen. Tatsächlich steigen die Anbauflächen seit Jahren kontinuierlich, von 2011 bis 2017 in der Donau Soja-Region von 944.000 auf 1,8 Millionen Hektar, in ganz Europa mit der Ukraine und Teilen von Russland von 2,2 auf 4,4 Millionen Hektar.

Das bleibt nicht ohne Folgen in Osteuropa: In Rumänien haben sich die Bodenpreise in den vergangenen zehn Jahren verzehnfacht. Große Ackerflächen werden von ausländischen Firmen und Investoren gekauft, die auf den Boom beim Soja und anderen profitablen Pflanzen setzen, während die kleinen und mittelständischen Landwirte sich kein Land mehr leisten können. In Rumänien wird die Soja in großem Maßstab mit intensivem Glyphosat-Einsatz angebaut. In der Ukraine gibt es Hinweise, dass sogar gentechnisch verändertes Saatgut eingesetzt wird. Den Kleinbäuer*innen schade diese Art des Soja-Anbaus, resümiert das Kleinbäuer*innen-Netzwerk „La Via Campesina“. Außerdem stärke der großflächige Soja-Anbau die industrialisierte Tierhaltung. La Via Campesina lehnt deshalb auch die im Jahr 2017 von 13 EU-Staaten unter der Führung von Deutschland und Ungarn unterzeichnete Soja-Deklaration ab, in der die Regierungen die Ausweitung des Sojaanbaus in Europa fördern wollen und als nachhaltig beschreiben.

Auch in Deutschland haben sich die Sojaflächen von nur 1.000 Hektar in 2008 auf 19.100 Hektar in 2017 vervielfacht. Die Sojabohne braucht ein feucht-warmes Klima, was es in Teilen Bayerns und Baden-Württembergs gibt. In den nördlicheren Bundesländern fallen die Erträge niedriger aus, viele Soja-Sorten kommen für den Anbau dort gar nicht in Frage. Dennoch errechnet der Sojaförderring ein Potential in Deutschland von 500.000 bis 780.000 Hektar, womit immerhin 40 Prozent des inländischen Bedarfs gedeckt werden könnten. Der Sojaring schlägt vor, den Verzehr tierischer Produkte zu reduzieren und den Anbau anderer Hülsenfrüchte wie Ackerbohnen, Erbsen, Linsen, Klee und Luzerne auszuweiten um künftig auf Sojaimporte verzichten zu können.

Bild: Ackerbohne, CC-BY-NC Astrid Goltz

2. Umstieg auf andere Futterpflanzen

Ackerbohne, Lupine, Futtererbse und Co können die Tiere ebenso ernähren wie die Sojabohne. Auch sie binden mit ihren Knöllchenbakterien Luftstickstoff und düngen damit den Boden. Sogar in größerem Maße als die auf Eiweißgehalt gezüchtete Sojabohne. Damit haben sie über ihren möglichen Verkaufspreis hinaus einen Wert für die landwirtschaftlichen Betriebe (Vorfruchtwert) und brauchen den Vergleich mit anderen Ackerpflanzen nicht zu scheuen. All diese Hülsenfrüchte werden auch in Niedersachsen angebaut, wie diese Karten verdeutlichen.

In der Rindermast wird verstärkt Rapsschrot als Eiweißfuttermittel eingesetzt. Mit vier Millionen Tonnen hat sich der Verbrauch seit 2004 verdoppelt. Und manche Tierfutterhersteller werden erfinderisch: So werden Insekten als Eiweißquelle in der Tiernahrung vorgeschlagen, die dafür allerdings auch industriell aufgezogen werden müssten. Und ein niedersächsischer Futtermittelhersteller setzt auf altes Brot, das wie kaum ein anderes Lebensmittel den Mülltonnen zum Opfer fällt (BBR in Holdorf).

Förderung der EU und der Bundesregierung

Die EU hat auf die Abhängigkeit von Futtermittelimporten reagiert und fördert den heimischen Anbau von Eiweißpflanzen. Dazu kann jedes Mitgliedsland bis zu zwei Prozent seines nationalen Agrarbudgets als Anbauförderung ausgeben. 16 Mitgliedstaaten nutzen diese Regelung, Deutschland allerdings nicht. Außerdem gibt es die Verpflichtung aller Landwirte, jährlich mindestens 5 Prozent ihrer Ackerfläche als „ökologische Vorrangfläche“ zu bewirtschaften um die Artenvielfalt zu erhöhen, etwa mit Hecken oder Blühstreifen. Der Anbau von Leguminosen (=Hülsenfrüchten) ist hier erlaubt. Weitere Förderungen durch Agrarumweltmaßnahmen und Forschungsprogramme sind vorgesehen.

Die Bundesregierung hat 2012 eine Eiweißstrategie ausgerufen und mehrere Förderprogramme ins Leben gerufen, die den Anbau von Soja, Lupine, Ackerbohne und Erbse praktisch unterstützen sollen. Es entstanden Netzwerke wie der Sojaförderring, das Lupinen-Netzwerk, und das Netzwerk Erbse und Bohne. Parktiker*innen werden hier mit Züchter*innen verbunden und Wege von Verarbeitung und Vermarktung erschlossen. Denn allein der Entschluss von Landwirtinnen und Landwirten, jetzt auf Lupine oder Ackerbohne zu setzen, reicht nicht aus für eine erfolgreiche Vermarktung.

Bild: Schwäbisch-Hällisches Landschwein, besh.de

3. Der Ausweg aus der Massentierhaltung

Im Jahr 2017 wurden in Deutschland 12,4 Millionen Rinder, 27,1 Millionen Schweine, 1,8 Millionen Schafe und 41 Millionen Legehennen gehalten. Das entspricht ziemlich genau unserer Einwohnerzahl. Eine Umweltbelastung, die dies nach sich zieht, ist die zu starke Düngung mit Gülle, die die Artenvielfalt gefährdet, das Grundwasser verunreinigt und die Kosten für sauberes Trinkwasser erhöht. Die größten Tierbestände finden sich im Weser-Ems-Gebiet in Niedersachsen und im nördlichen Nordrhein-Westfalen. In diesen Hotspots der Tierhaltung gibt es immer häufiger Megaställe, in denen tausende Tiere auf engstem Raum gehalten werden. Die Mehrzahl der Masthühner wird beispielsweise in Beständen von über 50.000 gehalten. Die Hälfte der Mastschweine wird in geschlossenen Ställen von 1.000-5.000 Schweinen gehalten.

Da Fleisch in Deutschland erschreckend billig ist, müssen die Betriebe auf Schnelligkeit und Masse setzen, wenn sie nicht schließen oder den Umstieg in das Biosortiment wagen wollen. Für Tierqual unter diesen Umständen gibt es viele Beispiele. So sind 80 Prozent der Schweine verletzt oder an den Atemwegen erkrankt, fast 40 Prozent der Milchkühe leidet an Euterentzündungen und bis zu zwei Drittel der Masthühner haben geschwollene Fußballen und Kahlstellen wegen des Federpickens (Wiss. Beirat für Agrarpolitik 2015).

Die Nutztiere werden auf Wachstumstempo und die schlechten Lebensbedingungen im Stall hin gezüchtet. Das Ergebnis sind etwa Masthühner und Schweine, die sich nur noch unsicher und unter Schmerzen fortbewegen können, da ihr junges Skelett dem enormen Gewichtszuwachs nicht gewachsen ist. Statt über fünf Jahre lebt das Masthuhn in der industriellen Tierhaltung nur noch 30 Tage lang. Diese Hochleistungstiere müssen Hochleistungsfutter zu sich nehmen, um Schritt zu halten. Dazu gehört das eiweißreiche Sojaschrot.

Weniger Fleisch – Raus auf die Weide – flächengebundene Tierhaltung

Weniger Fleisch und tierische Produkte essen, für die aber faire Preise bezahlen – das wäre der einfachste Weg raus aus der Massentierhaltung. Auch wer nur Biofleisch oder Fleisch von der Weide kauft oder ab und zu Wild verzehrt, leistet seinen Beitrag gegen die Bedingungen in der Massentierhaltung und gegen die Mengen an importiertem Soja. Weniger Fleisch zu essen, empfiehlt sich aus aus gesundheitlichen Gründen. In Deutschland essen wir durchschnittlich etwas über ein Kilogramm Fleisch pro Woche. Das ist doppelt so viel wie vor 100 Jahren. Und doppelt so viel, wie Ernährungsexperten empfehlen.

Würden die Tiere mit heimischem Futter gefüttert, würde auch der Preis für das Fleisch steigen. Neben verändertem Einkaufsverhalten sind auch politisch umzusetzende Maßnahmen wie eine Steuer auf Fleisch und tierische Produkte, um die Nachfrage zu senken, in der Diskussion. Weidetiere müssten wieder raus auf die Weide und die Tierhaltung sollte an die Fläche geknüpft werden, die der/dem Landwirt*in für die Verpflegung und Haltung der Tiere zur Verfügung steht (flächengebundene Tierhaltung). Dann wäre der heute übliche Bau von Megaställen nicht mehr möglich.

Eine Chance, dieser Forderung näher zu kommen, ist die aktuelle Diskussion um die Ausrichtung der EU-Agrarpolitik. Hier könnten die Mittel so vergeben werden, dass nur noch Bauernhöfe voll gefördert werden, die Tiere flächengebunden halten – also so, dass ihr Boden die Tiere und die Tiere ihren Boden ernähren können -, die ihre Tiere mit heimischem Futter füttern und ihnen Auslauf ermöglichen, die konsequent auf Gentechnik im Tierfutter verzichten und keine Totalherbizide einsetzen. Einen Vorschlag, wie das umgesetzt werden könnte, hat die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft erarbeitet.